Wer in Deutschland arbeitet, tut das im europäischen Vergleich deutlich kürzer. Mit durchschnittlich 33,2 Wochenstunden landet die Bundesrepublik im Jahr 2024 nur auf Platz 25 von 27. Nur Dänemark und die Niederlande arbeiten noch weniger. Doch was sagt das wirklich aus? Und ist weniger gleich schlechter?

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Ein Blick auf die Karte: Wo Europa am meisten schuftet – und wo weniger gearbeitet wird

Die Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat zeigen: Die tatsächliche Wochenarbeitszeit in der EU schwankt stark – zwischen 30,5 Stunden in den Niederlanden und 39,8 Stunden in Griechenland. Der EU-weite Durchschnitt liegt bei 35,5 Stunden.

Deutschland reiht sich mit 33,2 Stunden am unteren Ende ein – etwa gleichauf mit Finnland (33,8 Stunden) und nur knapp vor Dänemark (32,5 Stunden) und den Niederlanden (30,1 Stunden).

Infografik: Deutschland bei Arbeitszeit im EU-Vergleich weit hinten | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

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Top 10 Länder mit den höchsten tatsächlichen Arbeitsstunden 2024

RangLandØ Wochenarbeitszeit
1Griechenland39,8 Std.
2Rumänien38,9 Std.
3Bulgarien38,7 Std.
4Polen38,6 Std.
5Lettland38,0 Std.
6Litauen38,0 Std.
7Slowenien37,7 Std.
8Slowakai37,6 Std.
9Tschechien37,4 Std.
10Ungarn37,2 Std.

Länder mit den niedrigsten Wochenarbeitszeiten

LandØ Wochenarbeitszeit
Belgien34,1 Std.
Finnland33,8 Std.
Deutschland33,2 Std.
Dänemark32,5 Std.
Niederlande30,5 Std.

Was hinter den Zahlen steckt: Teilzeit, Mini-Jobs, Serviceökonomie

Auf den ersten Blick könnte man meinen: Die Deutschen arbeiten weniger, weil sie weniger wollen. Doch dieser Eindruck greift zu kurz. Die Zahlen beziehen sich auf alle Beschäftigten ab 15 Jahren, einschließlich Teilzeit- und Minijobs, Urlaubstagen, Krankheitsausfällen und gesetzlicher Ruhezeiten.

Besonders in Deutschland spielen Teilzeitmodelle, Elternzeit, geringfügige Beschäftigung und der Wunsch nach Work-Life-Balance eine zentrale Rolle. Laut Statistischem Bundesamt arbeiteten im vergangenen Jahr rund 29 % der Erwerbstätigen in Teilzeit – der Großteil davon Frauen. Das drückt den Durchschnitt der tatsächlich geleisteten Wochenarbeitsstunden deutlich nach unten.

Auch gesetzliche Pausenregelungen und hohe Urlaubsansprüche wirken sich auf die Statistik aus. In Deutschland gilt ein gesetzlicher Mindesturlaub von 20 Tagen – in vielen Betrieben sind 30 Tage üblich. 

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Vollzeitvergleich: Deutschland im Mittelfeld

Ein differenzierter Blick lohnt sich: Betrachtet man nur Vollzeitbeschäftigte, arbeitet man in Deutschland im Schnitt 38,8 Stunden pro Woche – und liegt damit im europäischen Mittelfeld.

  • Griechenland (Spitzenreiter): 41,1 Std.
  • Deutschland: 38,8 Std.
  • Finnland (Schlusslicht): 37,2 Std.

Hier zeigt sich: Wer in Deutschland in Vollzeit arbeitet, leistet durchaus viel, aber das Gesamtbild wird durch die Vielzahl an flexiblen Arbeitsmodellen beeinflusst.

Arbeitskultur im Wandel: Was ist uns Arbeit noch wert?

In Ländern wie Dänemark oder den Niederlanden hat sich eine Arbeitskultur etabliert, die Effizienz und Freizeit verbindet. Das Modell der „Flexicurity“ – flexible Arbeitszeiten plus soziale Sicherheit – ermöglicht es dort, berufliche und private Ziele besser zu kombinieren.

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Auch in Deutschland nimmt dieser Wandel mal mehr oder weniger Fahrt auf:

  • Die 4-Tage-Woche wird in regelmäßigen Abständen diskutiert.
  • In Tarifrunden wurden kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich angestrebt.
  • Umfragen zeigen, dass insbesondere junge Berufseinsteiger heute mehr Wert auf Work-Life-Balance legen als auf Überstunden oder starre Präsenzkultur.

Gleichzeitig verschieben sich die Vorstellung und Messung von Leistung: Ergebnisse zählen mehr als reine Präsenz, und gute Arbeit ist nicht automatisch an lange Anwesenheit gebunden.

Lese-Tipp: Wer misst, misst Mist: Warum Leistungsbeurteilungen scheitern

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Was die Statistik nicht zeigt: Belastung, Verantwortung, mentale Last

Wichtig ist: Die reine Stundenzahl sagt nichts über Arbeitsintensität, Verantwortung oder Stresslevel aus. Eine 30-Stunden-Woche im Pflegebereich kann körperlich und emotional belastender sein als 40 Stunden im Homeoffice. Wer Teams führt, viele Meetings leitet oder kreative Verantwortung trägt, ist oft über die eigentliche Arbeitszeit hinaus gedanklich gebunden.

Auch mentale Erreichbarkeit, digitale Tools und ständige Verfügbarkeit verwischen die Trennlinie zwischen Arbeit und Freizeit – ein Aspekt, den keine Statistik so richtig abbildet.

(Quelle: Statista

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