Die Stimmung unter Jobsuchenden hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Laut dem aktuellen Confidence Index der Personalberatung PageGroup blicken viele mit wachsender Skepsis auf den Arbeitsmarkt. Auffällig: Selbst im direkten Vergleich mit dem Pandemie-Jahr 2020 zeigen sich Befragte heute deutlich weniger zuversichtlich.

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Nur noch 33 Prozent Kandidaten bewerten den deutschen Arbeitsmarkt im dritten Quartal 2025 als positiv. Ein Rückgang von 19 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Zum Vergleich: Im Sommer 2022 lag dieser Wert noch bei 81 Prozent. Die wirtschaftliche Lage wird ebenfalls deutlich schlechter eingeschätzt. Auch die Erwartungen an Gehalt, Karrierechancen oder Work-Life-Balance sinken. Der Index basiert auf der Befragung von rund 335 Kandidaten, die sich über Plattformen der PageGroup beworben haben.

Sinkende Erwartungen auf ganzer Linie

Der Confidence Index misst regelmäßig, wie Bewerber ihre Chancen am Arbeitsmarkt einschätzen. Im aktuellen Quartal zeigt sich ein breiter Vertrauensverlust in zentrale Aspekte des Arbeitslebens. Die Einschätzung der wirtschaftlichen Gesamtlage fiel von 45 auf 35 Prozent. Nur noch 42 Prozent erwarten eine positive Entwicklung beim Gehalt – fünf Punkte weniger als im Vorjahr. Die Bewertung der Work-Life-Balance erreicht mit 30 Prozent ein neues Tief seit Beginn der Erhebung im Jahr 2016.

Auch die Einschätzung der eigenen Vermittlungschancen hat sich verschlechtert. Nur 36 Prozent glauben, innerhalb von drei Monaten eine neue Stelle zu finden. Im Vorjahr waren es noch fast die Hälfte. Damit sinkt nicht nur das Vertrauen in das Arbeitssystem, sondern auch in die eigene Position darin.

Wachsender Pessimismus – und seine Ursachen

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Der Arbeitsmarkt erscheint vielen derzeit weniger aufnahmefähig: Es gibt weniger offene Stellen, Bewerbungsprozesse ziehen sich, und Unsicherheiten in den Unternehmen bremsen Neueinstellungen. Gleichzeitig sinkt der erwartete Nutzen eines Jobwechsels. Wenn weder Gehalt noch Flexibilität als klare Verbesserungen wahrgenommen werden, verliert der Wechsel an Attraktivität. Hinzu kommt eine zunehmende Risikoaversion. Karrierechancen werden zwar noch gesehen, aber das fragile wirtschaftliche Umfeld relativiert deren Bedeutung.

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Ein europäischer Vergleich zeigt Unterschiede

Auch in anderen Ländern Europas zeigt sich ein ähnliches Bild, jedoch nicht überall in gleichem Maße. In Frankreich, Italien oder der Türkei liegen die Zuversichtswerte auf ähnlichem Niveau wie in Deutschland. In den Niederlanden hingegen bewerten 63 Prozent der Befragten den Arbeitsmarkt positiv, in Österreich 54 Prozent. Das deutet auf strukturelle Unterschiede hin, etwa bei Flexibilisierung, Digitalisierung oder politischem Vertrauen.

Ein diffuses Gefühl von Stillstand

Die Daten beschreiben einen Zustand, der vielen Menschen aktuell vertraut ist. Wer sich derzeit bewirbt, trifft häufig auf zähe Prozesse, unklare Kommunikation und wenig Verbindlichkeit. Viele Arbeitgeber verhalten sich vorsichtig, was sich unmittelbar auf die Wahrnehmung der Jobkandidaten überträgt. Selbst erfahrene Fachkräfte berichten von späten Rückmeldungen oder fehlendem Feedback, auch in Branchen mit angeblichem Fachkräftemangel.

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Was das Jahr 2026 verändern könnte

Trotz der aktuellen Skepsis gibt es Hinweise auf eine mögliche Trendwende. Die Umsetzung der EU-Lohntransparenzrichtlinie könnte ab 2026 für mehr Fairness und Vergleichbarkeit sorgen – und damit das Vertrauen in Gehaltsverhandlungen stärken. Besonders im Bereich Finance, KI und ESG-Kompetenzen werden teils deutliche Gehaltszuwächse prognostiziert. Wer in Spezialisierung und Weiterbildung investiert, könnte davon unmittelbar profitieren.

Zugleich gewinnen Soft Skills an Relevanz. Kommunikationsstärke, Empathie und Teamfähigkeit rücken in den Vordergrund – nicht zuletzt, weil sich durch Automatisierung die Anforderungen vieler Rollen verschieben. Und: Wer europäisch denkt, erweitert seinen Handlungsspielraum. In Ländern mit positiven Zuversichtswerten – wie den Niederlanden oder Österreich – bieten sich womöglich attraktivere Joboptionen.

Bewerber-Pessimismus: Zwischen Stillstand und Neuorientierung

Der Arbeitsmarkt ist in Bewegung, aber nicht unbedingt in eine Richtung, die für Beschäftigte Orientierung und Sicherheit bietet. Für Arbeitgeber bedeutet das: Wer Talente gewinnen will, muss aktiver kommunizieren, Transparenz schaffen und Planbarkeit ermöglichen.

Für Bewerber bleibt die Herausforderung, sich in diesen Zeiten neu zu positionieren. Auch wenn die aktuelle Stimmung gedämpft ist, sie ist nicht zwingend ein Ausblick auf die kommenden Monate. Wer die eigene Entwicklung strategisch angeht, kann 2026 unter veränderten Vorzeichen erfolgreicher agieren.

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