Die Modekrankheit Burnout, wie sie mittlerweile genannt wird, ist die am weitesten akzeptierte psychische Krankheit in der deutschen Gesellschaft. Während die Ursache meist in der körperlichen Überarbeitung gesucht wird, bewirken immer häufiger sozialer Stress durch Mobbing am Arbeitsplatz und mangelnder Rückhalt durch den Arbeitgeber die übermäßige seelische Erschöpfung des Betroffenen. Doch was genau verstehen wir eigentlich unter Mobbing? Wie hängen Mobbing und Burnout zusammen?
Mobbing im Job – erschreckende Zahlen
Mobbing beschreibt den Vorgang des ständigen Attackierens und Schikanierens eines Individuums durch eine Gruppe oder eine hierarchisch höher gestellte Person. Die aktuellen Zahlen sind erschreckend: jeder achte Arbeitnehmer wurde bereits im Job gemobbt. Aus Angst vor einer Kündigung suchen sich die Betroffenen in der Regel keine Hilfe, sondern versuchen die Situation auszusitzen. Stattdessen führt sie der psychische Stress jedoch früher oder später in die Burn-Out Erkrankung. Der Versuch, die sozialen Konflikte zu vermeiden, sich von den Kollegen bzw. dem Chef zu distanzieren sowie eine verstärkte Konzentration auf die Arbeit und eine Übererfüllung der Aufgaben erhöhen zusätzlich die Risikofaktoren für eine ernsthafte Erkrankung.
Was ist Mobbing überhaupt?
Der Trendbegriff Mobbing umschreibt eine Vielzahl verschiedener Strategien, die sich unmöglich in Kürze zusammenfassen lassen. Ausschlaggebend für die Wirkung sind vor allem dauerhafte, schnell aufeinander folgende und wiederholte Kombinationen verschiedener Schikanen. Falsche Gerüchte, unbegründet schlechte Arbeitsbewertungen, sexuelle Belästigung… die Spannweite ist breit gefächert.
Ein Zusammenhang zwischen Mobbing und Burn-Out?
Als Mobbing werden Schikanen nur dann bezeichnet, wenn sie sich über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten Länge erstrecken. Ein ähnlich langer Zeitraum also, wie er für die Entstehung eines Burn-Out-Syndroms notwendig ist. Denn kurze Perioden körperlicher oder seelischer Belastung kann der menschliche Organismus ausgleichen. Sind die Reserven aber einmal aufgebraucht, hat dies weitreichende Folgen für unseren Beruf, das Privatleben und die Gesundheit. Die ständigen seelischen Attacken verursachen einen Stress für den Körper und die Psyche, der mit einer absoluten Überbelastung gleichzustellen ist. Die negativen Gefühle führen zu Symptomen wie Nervosität, Rückzug, Angstzuständen, Denkblockaden… Beschwerden, die aus Burn-Out-Erkrankungen bekannt sind.
Und noch bei einem weiteren Faktor lassen sich immer wieder verblüffende Ähnlichkeiten zwischen Mobbing- und Burnout-Betroffenen feststellen: die Persönlichkeit. Gewisse Charaktermerkmale eines Menschen begünstigen die Entstehung der genannten Krankheiten. Hierzu gehören beispielsweise Selbstwertprobleme, übermäßiger Ehrgeiz, mangelnde Fähigkeiten der Konfliktlösungen und Angst davor, auch einmal Nein zu sagen. Das heißt aber keinesfalls, dass das Mobbing-Opfer dem Mobber immer unterlegen ist.
Wer mobbt überhaupt, und wieso?
Die Ironie an der Sache ist die, dass Mobber sich meist Opfer suchen von denen sie sich selbst eingeschüchtert fühlen. Die Unterlegenheit drückt auf einen Nerv, der sich Minderwertigkeitsgefühl nennt, und den bestimmt jeder Mensch schon einmal zu spüren bekommen hat. Der Mobber fühlt sich in der Regel nachteilig behandelt, in seiner Position zurückgestellt oder ist neidisch auf persönliche oder berufliche Erfolge des Mobbingopfers. Die mangelnde Fähigkeit zur Konfliktlösung beiderseits lässt dann nach und nach die Situation eskalieren. Der Unterschied ist jedoch, dass der Mobber zu unfairen Mitteln greift und das Opfer oftmals nicht einmal weiß, was es sich zu Schulden hat kommen lassen.
Meistens kann das der Mobber selbst am Ende nicht mehr wirklich sagen. Ein Teufelskreis, der nur schwer zu unterbrechen ist. Aber unmöglich ist es nicht.
Schluss mit der Opferrolle!
Sich in die Opferrolle zu begeben ist die denkbar schlechteste Reaktion auf das Mobbing. Leichter gesagt als getan, sicherlich. Aber begibt sich der Gemobbte in die Unterwürfigkeit, gibt er dem Mobber quasi einen Freifahrschein. Also einfach ignorieren? Nein, leider wird auch das nicht funktionieren. Denn das Hinwegsehen über die Schikanen fördert erst recht die Kreativität des Gegenübers und wird zu immer fieseren Attacken führen. Zudem wachsen deine inneren negativen Gefühle und fördern Krankheiten wie das Burn-Out-Syndrom. Was also wäre der richtige Weg? Natürlich hängt die richtige Methode immer von der individuellen Situation ab. Dennoch, wirst du dir so früh wie möglich über das Problem bewusst und versuchst den Konflikt zu analysieren. Sei dabei auch selbstkritisch:
- Welche deiner Verhaltensweisen ermöglichen dem Mobber seine Taten?
- Wo bietest du Angriffsfläche?
- Wo fehlt es dir vielleicht an Konfliktbereitschaft zum Handeln?
Wenn nötig, können hier objektive Meinungen deiner Freunde, Bekannten oder eines Therapeuten eingeholt werden. Und dann? Angriff ist die beste Verteidigung. Suche das Gespräch aber bleibe konstruktiv und fair. Oftmals verliert der Mobber dann schon in einem frühen Stadion die Lust an seinem Vorhaben oder wird sich möglicher Konsequenzen bewusst. Denn Mobbing ist auch dem Gesetz keineswegs unbekannt.
Hilfe von Rechtswegen
Das Betriebsverfassungsgesetz erlaubt nach §84 I jedem Arbeitnehmer die Ingebrauchnahme des Beschwerderechtes. Damit wird die Verantwortung der Situation an den Arbeitgeber übermittelt, der mit Abmahnungen, Versetzungen oder einer Kündigung reagieren kann. §85 I ermöglicht zudem die Beschwerde beim Betriebsrat. Wird dir dann immer noch keine Hilfe zuteil, kannst du den formellen Weg einer Klage gehen. Denn wenn der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nachkommt begeht er eine Straftat nach deutschem Gesetz. Aber keine Angst: Allein das Wissen um deine Rechte und die Androhung gerichtlicher Schritte führt meist zu einem schnellen Ende des Konfliktes. Schrecke also nicht davor zurück, radikal gegen die Attacken vorzugehen. Ansonsten sehen Wissenschaftler schwarz.
Vom Mobbing ins Burn-Out-Syndrom
Eine Vielzahl an Untersuchungen zu den Zusammenhängen zwischen Mobbing und Burn-Out haben nämlich eine Identifikation verschiedener typischer Phasen der Eskalation ermöglicht. Diese Abwärtsspirale führt unweigerlich zum Austritt aus dem aktuellen Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht rechtzeitig unterbrochen wird.
Phase 5 tritt dabei meistens noch einem halben bis zwei Jahren ein. Oftmals in Form der Krankheit Burn-Out. Denn medizinisch gesehen ist Burn-Out nur eine gesellschaftlich akzeptierte Umschreibung einer posttraumatischen Depression. Und das Trauma nennt sich immer häufiger: Mobbing. Mal ehrlich, hast du noch keine Mobbing-Erfahrungen am eigenen Leibe oder als unbeteiligter Beobachter gemacht?
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4 Kommentare
Auch ich bin ein Burnoutopfer geworden! Fasst 20 Jahre als techn. Leiter eines großen Dentallabor haben mich zur totalen körperlichen Erschöpfung gebracht! Die ersten Symptome nicht beachtet, Nervosität, Hörsturz, Schwerhörigkeit, Tinnitus, Schlaflosigkeit, Panikatacken und Erschöpfung! Ich kam mir vor wie der Hamster in seinem Rad, es dreht sich immer schneller, egal was du auch anstellst und keiner ist da, der dich versteht und aus dieser Situation helfen kann! Ich habe dann professionelle Hilfe im Klinikum GÖ. bekommen! Dort hat man mich mit Medikamenten erst einmal wieder auf die Beine gestellt! Danach sechs Wochen REHA. in Bad Meinberg! Insgesamt drei Monate arbeitsunfähigkeit! Danach zurück an den alten Arbeitsplatz und die Tretmühle begann erneut, weil die Unterstützung durch den Arbeitgeber nur mangelhaft ausfällt! Nach zwei Jahren habe ich aufgrund der beginnenden alten Symptome, eine erneute REHA. in Anspruch genommen! Der Arbeitgeber hat sich nach einem Ersatz für meine Position umgeschaut und so habe ich ihn unter Schwierigkeiten eingearbeitet! Als Dank wurde ich vom Arbeitgeber gebeten mich bis zu meinem vorgezogenen Renteneintritt, mit 63 Jahren, krank schreiben zu lassen! So möchte der Arbeitgeber die doppelte Gehaltszahlung sparen! Um meinen Frust abzubauen habe ich mich enschlossen auf den Jakobsweg ( Camino) in Spanien zu gehen! Am Cruz de Ferro habe ich symbolisch, ein vergoldetes Arbeitsmodell abgelegt und damit alle, mich negativ belastenden Gedanken hinter mich gelassen! Es hat erstaunlicherweise sehr gut funktioniert! So war ich sechs Wochen, als Pilger, in der traumhaften Natur unterwegs! Ich bin 1.000 km zu Fuß gepilgert, von Saint Jack Piet de Port über die Pyrenäen nach Santiago de Compostela und weiter nach Muxia und Finisterre, bis an den Atlantik, an das sogenannte Ende der Welt“! Meine Seele hat sich befreit, auf diesem Weg bin ich wieder glücklich geworden, habe seelischen Ballast abgeworfen! Aus meinem Tagebuch entstand daheim ein Buch!
Titel: Seelenschmerz / Autor: Rainer Koch / ISBN :9783848211609
Allen seelisch geschädigten möchte ich diese Lektüre zur Problembewältigung empfehlen!
Habe gestern etwas über Straining gelesen , das ist die subtilere Form von Mobbing und wird durch Stress erzeugt. In Italien ist es schon seit 2013 strafbar. Könntet ihr mal bitte dazu recherchieren und Beiträge bringen. Vielen Dank
Der Begriff „Straining“ ist von dem deutschen Psychologen Dr. Harald Ege, der seit einigen Jahren in Bologna/Italien als Professor und Gerichtsgutachter u.a. bei Mobbingprozessen tätig ist, geprägt und bezeichnet eine Situation von erzwungenem Stress am Arbeitsplatz, in welchem das Opfer zumindest einer Maßnahme unterzogen wird, die eine negative Auswirkung auf seine Arbeitsbedigungen hat und neben Stress auch von einer konstanten Dauerhaftigkeit charaktersiert wird. Dass Opfer ist inständiger Unterlegenheit gegenüber dem Täter (Strainer). Straining wird absichtlich und diskriminierend gegen eine oder mehrere Personen ausgeübt (Jansen/ Hartmann, Straining und Mobbing im Lichte des Persönlichkeitsschutzes, NJW 22/2012, S. 1540 ff).
Bisher hat sich der Begriff im deutschen Rechtssystem nicht etablieren können und wird es m.E. auch nicht, da bisher noch nicht einmal Mobbing als Strafrechtsnorm eingeführt ist, wobei hier „fortgesetzte“ Diskriminierungshandlungen erforderlich sind, während bei Straining bereits eine Belastungshandlung ausreichend wäre…! Hier ist noch viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit erforderlich, um die Rechte der Betroffenen zu stärken!
Zu den Ausführungen in dem o.a. Artikel ist noch festzustellen, dass die Feststellung „Als Mobbing werden Schikanen nur dann bezeichnet wird, wenn sie sich über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten Länge erstrecken. (…)“ nicht mehr zutreffend ist! Seit dem Urteil des LAG Thüringen vom 10.04.2001-5 Sa 403/00 bzw. aber spätestens dem Urteil des BAG vom 25.10.2007 -8 AZR 593/06 „Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte“ ist der „Leidenszeitraum“ von sechs Monaten nicht mehr erforderlich, um Mobbing feststellen zu können! Diese von Leymann („Vater“ der Mobbinforschung) und anderen Autoren zu Beginn der Mobbingforschung angenommene Wartefrist ist in der Praxis auch nicht haltbar, da bei Fällen von „Hardcore-Bossing“ (Chefmobbing) der jeweilige Betroffene schon nach wenigen Wochen psychisch am Ende wäre, ohne eine rechtliche Handhabe gegen den Bosser /Mobber zu haben!