Du machst ihn. Ich mache ihn. Fast alle machen ihn. Ein Kollege sagt: „Das hätte man besser lösen können“ – und dein Puls steigt. Der Chef fragt, warum du ihn nicht früher informiert hast – und in deinem Kopf schlagen sofort die Alarmglocken an. Du denkst: „Ich hab’s verbockt.“

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Ein Wort, ein Satz, ein Blick – und plötzlich zweifelst du an dir. Weil wir Dinge persönlich nehmen, die gar nicht persönlich gemeint sind. Und genau das macht uns im Job das Leben schwer – ebenso dem Arbeitgeber.

Was bedeutet es, Dinge (zu) persönlich zu nehmen?

Es bedeutet, neutrale Aussagen als Angriff auf die eigene Identität zu interpretieren. Kritik wird zur Kränkung. Rückfragen zur Infragestellung. Und Feedback zur Demontage des Selbstwerts.
Dabei ist oft nicht die Situation das Problem, sondern unsere Interpretation davon. Unsere Gedanken erzeugen Gefühle – nicht die Worte des Gegenübers.

Warum passiert das so vielen Menschen?

Die Antwort liegt tief in unserer Psyche. Genauer gesagt: im limbischen System. Dort sitzt die Amygdala – unser emotionales Alarmsystem. Sobald wir etwas als Bedrohung empfinden, schlägt sie Alarm. Und für viele von uns klingt Kritik wie: „Du bist nicht gut genug.“

Psychologisch gesprochen handelt es sich um ein sogenanntes kognitives Deutungsmuster: Wir werten Informationen im Licht früherer Erfahrungen. Wer in der Schule oft bloßgestellt wurde oder in früheren Jobs kaum Anerkennung bekam, reagiert auf sachliche Kritik emotional über.

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Dazu kommt: Die moderne Arbeitswelt verlangt uns viel ab und setzt uns permanent unter Druck. Leistung, Sichtbarkeit, Optimierung – viele erleben ihren Job nicht als Arbeitsplatz, sondern als Bühne. Und wer auf der Bühne steht, hat Angst vor Buhrufen.

Wie zeigt sich das im Arbeitsalltag?

  • Du gehst nach einem 1:1 mit der Führungskraft mit Magenschmerzen raus, obwohl objektiv nichts Schlimmes gesagt wurde.
  • Du zerdenkst Tage später noch einen Nebensatz im Meeting: „War das ein Vorwurf?“
  • Du nimmst dir vor, dich mehr einzubringen, sagst aber nichts, weil ein Blick dich verunsichert hat.
  • Du interpretierst eine sachliche Mail als Zeichen von Ablehnung oder Enttäuschung.

Was passiert, wenn wir alles persönlich nehmen?

Wir geraten in einen Teufelskreis. Wer Kritik als Angriff sieht, wird defensiv, meidet Gespräche und blockiert seine Entwicklung. Teamkommunikation leidet, Feedbackkultur stirbt, Konflikte eskalieren still und heimlich.

Es entsteht ein gefährlicher Mix aus Unsicherheit, Missverständnissen und innerem Rückzug. Die Folge? Innere Kündigung – nicht aus Überforderung, sondern aus emotionaler Erschöpfung.

Was hilft? 5 konkrete Strategien gegen übertriebene Verletzbarkeit

  1. Stopp denken: Sobald du merkst, dass du dich getroffen fühlst, sag innerlich: „Stopp. Erst denken, dann fühlen.“ Das schafft Abstand.
  2. Nachfragen statt reininterpretieren: Frag, wie etwas gemeint war. 80 % der Missverständnisse klären sich so auf – und du gewinnst Sicherheit.
  3. Du bist nicht deine Leistung: Kritik an deiner Arbeit ist kein Urteil über dich als Mensch. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
  4. Tagebuch statt Gedankenkreisel: Schreib dir auf, was gesagt wurde – und was du daraus gemacht hast. Das entlarvt Denkfehler und holt dich zurück auf den Boden.
  5. Training durch Reibung: Such bewusst den Kontakt zu ehrlichem, konstruktivem Feedback. Du wirst merken: Kritik tut nicht weh. Nur dein Ego zickt kurz.

Lege nicht jedes Wort auf die Goldwaage

Und schon gar nicht auf dein Herz. Nicht jeder Kommentar ist ein Urteil über dich. Manchmal ist es einfach nur… ein Kommentar. Je weniger du dich davon runterziehen lässt, desto freier wirst du.

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