„Wir haben euch gehört!“ Mit dieser Ankündigung startet das neue Feel-Good-Programm. Es gibt jetzt wöchentliche Laune-Umfragen, ein paar neue Wandtattoos mit „Teamspirit“ – und wer mag, darf am Donnerstag ins Firmenyoga. Klingt nett? Ist aber ein schlechter Witz, wenn auf der einen Seite Personal eingespart wird, während auf der anderen Überstunden explodieren und am Ende doch wieder alle „einfach mal machen sollen“.
Motivationsmaßnahmen im Job wirken dann wie ein bunter Aufkleber auf einer maroden Brücke: hübsch, aber völlig zwecklos in puncto Bindung. Und manchmal fast schon zynisch.
Was sollen eigentlich „Motivationsmaßnahmen im Job“ sein?
Motivationsmaßnahmen im Job sind gut gemeinte Versuche, die Stimmung im Unternehmen zu heben: Boni, Feedbacktools, Firmenläufe, Obstkörbe, Sommerfeste, Team-Events, Motivationscoachings und natürlich der Klassiker: das „Wir-haben-euch-gehört“-Tool – eine Onlineumfrage, deren Ergebnisse eh niemand liest.
Woher kommt der Hype um Motivationsaktionen?
Der Wunsch nach motivierten Mitarbeitenden ist alt. Neu ist der Versuch, dieses Ziel mit Lifestyle-Maßnahmen zu erreichen. Seitdem „New Work“ als Buzzword durch jede Präsentation geistert, herrscht die Illusion: Wenn der Arbeitsplatz sich wie ein Wohnzimmer anfühlt, dann läuft der Laden. Also werden Yogakurse angeboten, Feel-Good-Manager eingestellt, Teamtage geplant. Und dabei komplett ignoriert, woran es wirklich fehlt: Sinn, Struktur, Führung.
Denn in vielen Unternehmen geht es nicht um Motivation, sondern um Schadensbegrenzung. Wer keine Kapazitäten schafft, aber trotzdem immer mehr Output will, muss irgendwie die Moral hochhalten. Das Resultat: ein bunter Flickenteppich an Pseudo-Wertschätzung.
Wenn der Obstkorb die Ausbeutung kaschieren soll
Beispiel gefällig? In einem mittelständischen Unternehmen klagen Mitarbeitende über permanente Überforderung, unklare Verantwortlichkeiten und das Gefühl, jederzeit ersetzbar zu sein. Statt neue Stellen zu schaffen oder festgefahrene Prozesse zu hinterfragen, kommt: das Feel-Good-Frühstück. Mit Croissants, Kaffee – und der unausgesprochenen Botschaft: Reißt euch bitte weiter zusammen.
Oder im IT-Team, das kurz vor dem Kollaps steht, weil ein Projekt völlig überambitioniert geplant wurde. Die Lösung? Achtsamkeitstraining in der Mittagspause. Als könne Meditation systemische Probleme auflösen. Das ist keine Fürsorge. Das ist Zynismus mit Catering.
Warum diese Maßnahmen nicht nur sinnlos, sondern zynisch wirken
Motivationsmaßnahmen im Job verpuffen, wenn sie strukturelle Probleme übertönen sollen. Noch schlimmer: Sie senden ein Signal der Ignoranz. Wer sich ausgebrannt fühlt, will kein Kickerturnier, sondern ernst genommen werden. Wer unterbezahlt ist, braucht kein Schulterklopfen, sondern Geld – mehr Geld. Wer ständig zu viel arbeitet, will keine Dankeskarte, sondern Entlastung.
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Was wirklich motiviert? Sicher nicht ein Dankeschön per Massenmail
Motivation entsteht nicht durch Korkpinnwände mit Purpose-Parolen. Sie entsteht, wenn Strukturen nicht demotivieren. Und wenn man nicht täglich performen muss, als wäre man in einer Coaching-Doku. Wenn man nicht das Gefühl hat, sich nebenbei noch fürs „Warum“ des Unternehmens krampfhaft begeistern zu müssen – am besten mit Dauerlächeln.
Was Menschen bei der Stange hält, ist selten spektakulär. Selbst bei einer grundsätzlich sinnvollen Arbeit braucht es Strukturen, die Motivation nicht ausbremsen: Anerkennung, Wertschätzung und Gestaltungsspielraum. Wer jeden Tag sein Bestes gibt, will mehr als ein Sommerfest und Lob-Floskeln. Der will merken, dass seine Arbeit zählt – für das Team, für das Unternehmen, für ein größeres Ziel. Ohne diese Bedingungen wird auch das beste „Warum“ schnell hohl. Gute Führung ist deshalb nicht Beiwerk. Sie ist die Motivationsquelle Nummer eins.
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Feel-Good-Maßnahmen ersetzen kein gutes Arbeiten
Solange Strukturen krank machen, helfen keine Wohlfühlpflaster. Wer wirklich motivieren will, muss Arbeitsbedingungen verbessern, statt Stimmung zu dekorieren. Alles andere ist Selbstbetrug in Firmenfarben.
Motivationsmaßnahmen im Job sind oft ein Placebo mit bunter Schleife: kurzfristig nett, langfristig nutzlos. Wer Wertschätzung ernst meint, zeigt sie im Tun – nicht im Catering-Menü.