Die Begeisterung für Generative Künstliche Intelligenz ist groß. In Führungsetagen, auf Fachkonferenzen und in Technologiekreisen gilt sie als Schlüssel zu mehr Effizienz, Innovation und Zukunftssicherheit – und nicht zuletzt zu neuen Umsatzpotenzialen. Kaum eine Technologie wurde in den vergangenen Jahren schneller und intensiver zum strategischen Hoffnungsträger erklärt. Unternehmen investieren Milliarden, gründen interne „AI Task Forces“ und schaffen neue Rollen wie die des Prompt Engineers.

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Doch wer die strategische Ebene verlässt und in den Arbeitsalltag der Fachabteilungen blickt, sieht ein anderes Bild: Mitarbeitende ohne oder eingeschränkten Zugang zu KI-Tools. Keine Schulungen. Kaum Anwendungsszenarien. Dafür: viel Unsicherheit.

KI ist Chefsache

Die aktuelle Deloitte-Studie „State of Generative AI in the Enterprise“ bringt die Diskrepanz auf den Punkt: Während 79 % der C-Level-Führungskräfte angeben, KI sei bereits integraler Bestandteil ihrer Strategie, haben weniger als 40 % der Mitarbeitenden überhaupt Zugang zu GenAI-Tools. Noch weniger nutzen sie regelmäßig.

Gerade einmal 8 % der Nicht-C-Level-Führungskräfte erleben KI heute als „transformativ“ für ihre Arbeit. Bei den Entscheidern sind es dagegen 21 %. Der Hype ist oben angekommen, bei der Basis noch nicht.

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Kein Zugang, kein Nutzen – und viel Unsicherheit

Technologie entfaltet ihren Wert erst durch breite Anwendung. Und dafür braucht es drei Voraussetzungen: Zugang, Vertrauen, Kompetenz.

Doch genau daran fehlt es. In vielen Unternehmen gibt es keinen offiziellen Rollout, keine begleitende Kommunikation, keine systematische Schulung. Der Umgang mit GenAI bleibt diffus. Darf ich ChatGPT beruflich nutzen? Welche Dateneingaben sind erlaubt? Was passiert bei Fehlern? Viele wissen es nicht und verzichten lieber.

Die Folge: KI wird entweder heimlich genutzt oder schlicht gar nicht. Eine Art Schatten-IT entsteht. Mitarbeitende experimentieren auf eigene Faust mit Tools, oft ohne Einbettung in Sicherheits- oder Datenschutzvorgaben. Das ist nicht nur ineffizient, sondern vor allem riskant.

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Digitalisierung nur für Auserwählte?

Digitale Teilhabe ist eine Frage der Unternehmenskultur. Wenn neue Technologien nur einem kleinen Kreis vorbehalten bleiben – etwa Führungskräften oder einzelnen Abteilungen – bleiben viele außen vor. Mitarbeitende dürfen nicht selbst ausprobieren, sondern sind darauf angewiesen, dass andere entscheiden, was geht und was nicht. Das bremst nicht nur die Nutzung, sondern macht abhängig: von der IT, von der Führung, von Tools, die man selbst nicht eigenständig erkunden und nutzen darf.

Gerade in wissensintensiven Berufen, in denen Eigenverantwortung und kreative Problemlösung gefragt sind, kann das frustrieren. Denn wer sieht, dass moderne Werkzeuge existieren, sie aber nicht nutzen darf, wird die Digitalisierung nicht als Fortschritt erleben, sondern als Barriere.

KI-Strategie allein bringt gar nichts

Viele Unternehmen verwechseln Entscheidung mit Umsetzung. Die Einführung von KI wird auf strategischer Ebene beschlossen und damit für abgeschlossen erklärt. Doch die eigentliche Arbeit beginnt danach: im Alltag, bei der Integration in bestehende Prozesse, bei der Schulung der Mitarbeitenden.

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GenAI lässt sich nicht per Vorstandsbeschluss etablieren. Sie verändert Arbeitsweisen, Entscheidungslogiken, Verantwortungsketten. Und das braucht mehr als ein Strategiepapier.

GenAI bringt nichts, wenn sie keiner effektiv nutzen kann

Der Weg aus der KI-Kluft ist kein Technikproblem – jedenfalls nicht so eines, wie wir es täglich mit unseren Druckern im Office haben. Es ist eine Führungsaufgabe. Es reicht einfach nicht, Tools bereitzustellen und darauf zu hoffen, dass „die Leute schon irgendwas draus machen“. Wer will, dass GenAI sinnvoll genutzt wird, muss sie zunächst möglich machen: konkret, verständlich, alltagstauglich. Das heißt:

  • Klare Richtlinien: Wer darf was und wie nutzen – und welche Daten (z.?B. personenbezogene, interne, sensible oder geschäftskritische Informationen) sind tabu? Ohne solche Vorgaben entstehen Grauzonen – und genau dort beginnt die Schatten-KI.

  • Training, Training, Training: Gefragt sind nicht bloß theoretische Tool-Schulungen, sondern echte Anwendung im Arbeitskontext – nach dem Prinzip: ausprobieren, scheitern, verbessern. Eine sinnvolle Ergänzung können interne Video-Workflows sein, die jederzeit abrufbar und stets auf dem neuesten Stand sind.

Solange GenAI nur in der Chefetage diskutiert wird, aber im Arbeitsalltag keine oder keine ausreichende Rolle spielt, bleibt sie ein teures Versprechen. Wer wirklich etwas verändern will, muss die Technik dahin bringen, wo mit ihr gearbeitet werden soll – an die Schreibtische der Mitarbeitenden.

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