In Karrierenetzwerken, Ratgeberartikeln – aber auch unter Freunden – geistert seit Jahrzehnten ein Mantra herum: Nur wer regelmäßig den Job wechselt, kommt auf der Karriereleiter weiter. Doch was bedeutet das in einer Arbeitswelt, die Loyalität erwartet – und zugleich maximale Flexibilität verlangt?

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Faktencheck: So oft wechseln Berufstätige

Im Schnitt haben die Nutzerinnen und Nutzer von LiveCareer rund 9 Jahre Berufserfahrung – und in dieser Zeit 3,7 Jobs durchlaufen. Das sind rund 2,5 Jahre pro Station. Ist das viel? Kommt drauf an, wen man fragt.

Für traditionelle Arbeitgeber mutet das wie ständiges Neuanfangen an. Für ambitionierte Arbeitnehmer hingegen ist es der einzige Weg zur Entwicklung: neue Herausforderungen, bessere Konditionen, mehr Verantwortung.

Die Botschaft hinter den Zahlen: Wer heute öfter den Job wechselt, gilt nicht mehr automatisch als sprunghaft – sondern zunehmend als anpassungsfähig, entwicklungsorientiert und selbstbewusst.

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Loyalität war gestern? Nein – sie sieht nur anders aus

In manchen Branchen ist der Jobwechsel längst zur Normalität geworden – weniger Ausdruck persönlicher Sprunghaftigkeit als vielmehr eine logische Folge struktureller Gegebenheiten.

  • In der Dienstleistungsbranche etwa – ob Jurist, Projektmanagerin oder Verwaltungsangestellter – gehört berufliche Mobilität fast schon zum Berufsbild. Nahezu 20?Prozent der Beschäftigten haben drei oder mehr Stationen hinter sich, manche sogar zwölf. Der Grund dafür liegt selten in fehlender Loyalität, sondern oft in äußeren Umständen: befristete Projektverträge, Standortschließungen, Fusionen. Wer hier wechselt, tut das häufig nicht aus freien Stücken – sondern, weil es das System so verlangt.
  • Auch im Marketing ist Bewegung eher Regel als Ausnahme. Die Branche ist fragmentiert: Agenturen, Inhouse-Abteilungen, Freelance-Tätigkeiten – das Feld ist dynamisch. Ein Drittel der Befragten hat bereits zwei bis drei Stationen durchlaufen, ebenso viele waren bislang nur bei einem Arbeitgeber. Der Wechsel ist hier kein Bruch, sondern eine professionelle Weiterentwicklung oder gar Kernkompetenz.
  • Im Bildungswesen zeigt sich dagegen ein ganz anderes Bild. Rund 38?Prozent der Lehrkräfte haben noch nie die Stelle gewechselt. Das ist kaum überraschend: Verbeamtung bedeutet Planungssicherheit – und das System belohnt Kontinuität. Karrierepfade verlaufen hier deutlich linearer.
  • Bei Führungskräften schließlich reicht das Spektrum von intern Aufgestiegenen bis hin zu extern Eingestellten. Einige haben nur eine Station im Lebenslauf, andere mehrere. Klar ist nur: Der Weg ins Management muss nicht geradlinig verlaufen – aber er sollte konsistent und nachvollziehbar sein.

Zwischen Absicherung und Aufbruch: Was zählt

Die Daten zeigen: Der moderne Lebenslauf ist keine lückenlose Erfolgsgeschichte mehr – sondern ein Spiegel der Arbeitsrealität. Und der verlangt manchmal: raus aus der Komfortzone, rein ins Risiko.

Die Daten zeigen: Der moderne Lebenslauf ist längst keine lückenlose Erfolgsgeschichte mehr – sondern ein Spiegel der Arbeitsrealität. Und der verlangt manchmal: raus aus der Komfortzone, rein ins Risiko.

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Doch auch Job-Hopping hat seine Spielregeln. Paulina ?liwi?ska-Niszczota, Leitung der Talentakquisition und Karriereentwicklungsspezialistin, beschreibt es so:

„Viele Arbeitsstellen im Lebenslauf können den Eindruck hinterlassen, dass der Kandidat wenig Loyalität hat. Allerdings ändert sich diese Einstellung mit der Zeit. Es ist nicht mehr abwegig, dass jemand in zehn Jahren drei Arbeitsstellen hatte – und auch Arbeitgeber wissen das. Kandidaten sollten sich also keine großen Sorgen machen – aber auch nicht überrascht sein, wenn sie im Vorstellungsgespräch auf ihr Job-Hopping angesprochen werden.“

Entscheidend ist also die Geschichte, die hinter den Wechseln steht. Wer im Gespräch souverän vermittelt, dass jede Station Teil einer persönlichen Entwicklung war – und nicht Ausdruck von Planlosigkeit –, schafft Vertrauen. Denn es geht nicht um die Anzahl der Jobs. Sondern um das Warum dahinter.

Drei Fragen, die du dir vor einem Jobwechsel stellen solltest

  • Geht es mir wirklich um Veränderung – oder nur um Flucht?
    Unzufriedenheit muss nicht zwangsläufig zum Wechselgrund mutieren. Manchmal lohnt es sich, die Ursachen zu analysieren und das Gespräch mit der Führungsriege zu suchen.
  • Was hat mein nächster Schritt mit meinem langfristigen Ziel zu tun?
    Job-Hopping nur um etwas Neues zu machen, bringt selten weiter. Wer ohne Richtung springt, verliert an Schärfe im Profil.
  • Kann ich den Wechsel im Gespräch glaubwürdig und positiv begründen?
    Kein Headhunter erwartet den perfekten Lebenslauf. Aber sie wollen Konsistenz sehen – im Denken und Handeln, nicht im Werdegang.

Den Lebenslauf als Landkarte verstehen

Der Lebenslauf ist heute weniger eine Liste als eine Landkarte: mit Kurven, Umwegen und Kreuzungen. Was früher bei einigen Personalverantwortlichen als Makel galt, kann heute ein Zeichen von Beweglichkeit sein. Aber: Nicht jeder Wechsel ist automatisch ein Fortschritt. Nicht jede Station der nächste Karriereschritt. Was zählt, ist die Klarheit: über sich selbst, über das Ziel – und über den Weg dorthin.

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