Wer Mut hat, Fehler zu machen, profitiert von Wachstum, Weisheit und Erfolg. Warum Menschen ihre Komfortzone jedoch ungern verlassen – und wie es besser gelingt.

Anzeige

Warum liebt der Mensch seine Komfortzone?

Morgens aufstehen, arbeiten, schlafen: Auch wenn es nach Alltagstrott klingt, liebt der Mensch bekanntlich das Gewohnte. Wir gehen einem geregeltem Tagesablauf nach, weil dieser sich innerhalb unserer Komfortzone befindet.

Und: Wir halten uns gerne in unserer Komfortzone auf, denn sie ist:

  • bequem
  • angenehm
  • sicher
  • bekannt
  • kalkulierbar

Dass wir diese sichere Zone häufiger verlassen sollten, zeigt die aktuelle Studienlage. Eine neue Untersuchung der psychologischen Wissenschaftlerinnen Kaitlin Woolley (Cornell University) und Ayelet Fishbach (University of Chicago) beweist: Wer Unbehagen verspürt, könnte sich in einer Zone befinden, in der Fortschritt stattfindet.

Anzeige

Wie fördert Unbehagen persönliches Wachstum?

Die zwei US-amerikanischen Psychologinnen haben mehrere Experimente mit etwa 2000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen durchgeführt. Dabei gelang es ihnen, die Studienteilnehmer in für sie unangenehme Situationen zu bringen – mit dem Resultat, dass diejenigen, die sich bewusst einer unbehaglichen Situation aussetzen, größere Erfolge verspürten.

Eine Hälfte der Versuchspersonen bekam die Mitteilung, dass es um das Erlernen neuer Fähigkeiten ging. Die andere Hälfte wurde mit der Message ins Experiment geschickt, dass es sich hingegen um Situationen handeln würde, in der die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sich möglichst unbehaglich fühlen. So sollten sie sich zum Beispiel möglichst lange durch einen Raum bewegen, während andere sie beobachteten.

Das Ergebnis: Die zweite Gruppe, die sich bewusst der unbehaglichen Situation aussetze, ging insgesamt gestärkter aus dem Experiment heraus. Die Versuchspersonen dieser Gruppe gaben an, mehr dazu gelernt zu haben – und sie hielten die unangenehme Situation besser und länger aus.

Komfortzone besser verstehen: Was besagt das 3-Zonen-Modell?

Die erfolgreichen Versuchsteilnehmer und -teilnehmerinnen befanden sich vermutlich in ihrer sogenannten Lernzone. Denn in dieser Zone sind wir in der Lage, über uns hinauszuwachsen.

Das 3-Zonen-Modell, das synonym auch als Komfortzonenmodell bekannt ist, lässt sich auf die 1908 betriebene Grundlagenforschung vom Psychologen Robert M. Yerkes zurückführen. Das ursprünglich mit Mäusen durchgeführte Experiment legte ein wichtiges Fundament für die spätere Verhaltensforschung in der Humanwissenschaft.

Die drei Zonen:

1. Komfortzone:

In dieser Zone fühlen wir uns besonders wohl. Wir gehen gewohnten Denk- und Verhaltensmustern nach. Auch wenn wir uns zum Beispiel unzufrieden fühlen, bevorzugen wir es, nichts an der Situation zu ändern – aus Angst, die sichere Zone verlassen zu müssen.

Anzeige

2. Lernzone:

Wer ein Risiko eingeht, verlässt die Komfortzone und betritt infolgedessen die Lernzone. In dieser Zone sind wir bereit, Risiken einzugehen, neue und ungewohnte Lösungswege auszuprobieren und Fehler zu machen. Sie gilt als ideale Position, um persönliches Wachstum zu erfahren.

Aus psychologischer und neurobiologischer Sicht können wir zwischen der Komfort- und Panikzone die größten Erfolge feiern – so das Resultat des Experiments von Yerkes. Den Forschungen nach steigt in dieser Phase unser sogenanntes „Erregungsniveau“, was zu einer Leistungssteigerung führen kann.

Gut zu wissen: Erregungsniveau beschreibt generell die Aktivierung des Organismus oder unseren Wachheitsgrad. Das Niveau entscheidet darüber, wie wir auf innere oder äußere Reize reagieren.

3. Panikzone:

Die Panikzone ist – im direkten Vergleich mit der Lernzone – nicht förderlich, um Erfolge und Wachstum verbuchen zu können. Denn: Während es sich bei der Lernzone lediglich um eine Risikozone handelt, befinden wir uns mit der Panikzone in einem Gefahrenbereich. Diese Zone kann größere Ängste triggern, wenn wir unsere persönlichen Grenzen ignorieren, zu große Schritte gehen und emotionale oder körperliche Ressourcen überschätzen.

In der Panikzone steigt zwar auch unser Erregungsniveau – und das fördert die Leistung. Aber es steigt über das Maß hinaus, was erforderlich ist, um unsere maximale Leistung abrufen zu können. So wirkt es kontraproduktiv und wir fühlen uns panischer, unkonzentrierter und ängstlicher.

Wie verlasse ich erfolgreich meine Komfortzone?

Es bedarf mehrerer Schritte, um die eigenen Komfortzone zu verlassen sowie berufliche oder private Veränderungen zu erreichen. Sie können dich auf emotionaler, sozialer und körperlicher Ebene fordern und fördern.

Anzeige

Folgende Schritte sind notwendig:

1. Werde dir über deine Ängste bewusst

Ängste sind überlebenswichtig und tief in uns verwurzelt. Prof. Dr. Jürgen Margraf, Klinischer Psychologe, erklärt, dass Angst uns auf Gefahren vorbereitet – und uns so die Chance gibt, schnell zu handeln.

Tragen wir jedoch zu viele Ängste in uns, etwa durch Prägungen aus der Kindheit, können sie uns blockieren. So werden sie zum Hindernis – und es fällt schwer, die sichere Komfortzone zu verlassen. Denn alles, was sich außerhalb dieser Zone befindet, verbinden wir mit Angst.

Deshalb gilt es, reale Ängste von irrationalen Ängsten zu unterscheiden:

  • Welche Gefahr droht tatsächlich – und was spielt sich „nur“ in Gedanken ab?
  • Was ist sachlich und logisch – und was nicht?
  • Was kann im schlimmsten Fall passieren?
  • Was benötigst du, um Angst in Vertrauen umzuwandeln?

2. Werde dir über deine persönlichen Stärken bewusst

Es braucht Mut, um den ersten Schritt zu gehen. Leichter fällt es uns, wenn wir unsere persönlichen Ressourcen gut kennen. Werde dir im nächsten Schritt deshalb über deine persönlichen, emotionalen und körperlichen Stärken bewusst – denn diese haben wir alle.

Stärken, die du nutzen kannst, um dich für das Verlassen deiner Komfortzone zu wappnen, können so aussehen:

  • deine psychische Widerstandsfähigkeit (Resilienz) in Krisenzeiten
  • deine Geduld
  • deine Fähigkeit, für deine Grenzen einzustehen
  • deine körperliche Kraft
  • dein Humor
  • deine Flexibilität
  • dein Sinn für Details
  • dein Wissen
  • dein Mut
  • deine Kreativität
  • dein Geschäftssinn

3. Lerne deine Grenzen kennen

Nur wer seine Grenzen kennt, riskiert nicht, in der Panikzone zu landen. Mache dir deshalb bewusst: Zu große Schritte können dir schaden.

Step by step – so lautet die Devise.

Anzeige

4. Betreibe Risikomanagement

Ein gewisses Risiko gehört immer dazu, wenn du deine Komfortzone verlässt. Schließlich weißt du nicht, was auf dich zukommt.

Handelt es sich um Geld- oder Geschäftsangelegenheiten, ist das Risiko häufig mittels mathematischer Berechnungen kalkulierbar. Schwieriger wird es, wenn es um emotionale Angelegenheiten geht. Wäge auch hier ab, welche persönlichen Risiken du eingehen kannst.

Wichtig: Gewissheit kann dir niemand geben – dafür ist nur die Komfortzone bekannt. Wenn Fehler passieren oder du dich verkalkulierst, bekommst du in der Lernzone jedoch die Chance, daraus zu lernen. Und das ist die große Stärke dieser Zone.

5. Gehe einen Schritt weiter als sonst

Perspektivwechsel ist wichtig, um die Komfortzone zu verlassen. Wähle deshalb andere Lösungen, als du es sonst tun würdest.

Du wolltest schon immer mal scharfes Essen ausprobieren, ein YouTube-Video drehen, dich auf diese eine bestimmte Stelle bewerben oder einfach mal „Nein!“ zu deinem Chef sagen? Jetzt bist du vorbereitet.

Fazit: Komfortzonen sind dazu da, um verlassen zu werden

Wer seinen Job wechseln will und eine neue Karriere anstrebt, etwas Gewicht verlieren möchte oder mit dem Rauchen aufhören will: In der Komfortzone wartet nur das Alte und Gewohnte auf dich. Mit den uns bekannten Denk- und Handlungsmustern gelingt es deshalb selten, neue Ziele zu erreichen.

Neues findest du außerhalb deiner Komfortzone. Das Unbekannte kann zwar angsteinflößend sein. Aber: Das persönliche Wachstum, welches wir außerhalb der sicheren Zone erfahren, ist meist größer als die Angst – und deshalb eine lohnenswerte Bereicherung.

Anzeige

Bildnachweis: flyparade/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

Mach mit und diskutiere mit uns in unserer Skool Community!

Egal, ob du Fragen hast, Antworten suchst oder einfach nur deine Erfahrungen zu diesem oder anderen Themen teilen möchtest, du bist herzlich willkommen. Diskutiere mit, erweitere dein Wissen und werde Teil einer inspirierenden Gemeinschaft. Zur Arbeits-ABC Community