Ein Warnsignal enttarnt laut forensischen Psychologen die größten Lügner. Und nein: Die Körpersprache ist nicht gemeint.

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Die Feststellung trifft auf Kollegen, Chefs, Freunde und Feinde zu: Es existierten Menschen, die nie im Leben in der Lage seien, ihre Schuld zuzugeben, so der 2022 verstorbene Kriminalbeamte und Mordermittler Josef Wilfling („Geheimnisse der Vernehmungskunst“). Der oft als Kommissar-Legende bezeichnete Ermittler erlangte große Bekanntheit, da er einige spektakuläre Mordfälle aufklären konnte. Einige seiner wichtigsten Tipps gab er als Autor weiter: Man solle möglichst viele Fragen stellen, niemanden ohne Beweise verdächtigen – sondern die Menschen vor allem reden lassen, um so viele Beweise wie möglich sammeln zu können.

Für Laien aber ist es schwierig, wie bei einer Ermittlung vorzugehen. Gewiefte Lügner beherrschen die Kunst der Manipulation so gut, dass du ohnehin getäuscht wirst. Wie also schaffst du es, dein Gegenüber zu ertappen? Wie enttarnen wir eine Lüge?

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Forensischer Psychologe verrät: Auf dieses Warnsignal kommt es an

In einer im März 2023 erschienenen wissenschaftlichen Studie haben Bruno Verschuere, forensischer Psychologe, und sein Team dank einiger Experimente und Analysen zeigen können, dass Menschen viel besser als vermutet in der Lage sind, eine Lüge zu erkennen.

Bei diesem besonderen Warnsignal, auf das es ankommt, handelt es sich nicht um die Körpersprache, wie üblicherweise oft angenommen wird. Nein: Es sei die Detailtiefe beim Erzählen, die Täuschungen auffliegen lasse.

Das Ergebnis seiner Analysen zeigt, dass Lügner über weniger Detailwissen als Menschen verfügen, die die Wahrheit sagen. Was zunächst logisch klingt, wird von vielen, die einer Lüge auf der Spur sind, vergessen. Oft wird lediglich auf Körpersprache, Aussprache, Stimmlage oder andere Signale geachtet.

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Dabei konnten vor allem die Probanden die meisten Lügen erkennen, die sich ausschließlich auf die Detailtiefe konzentriert haben, so der Wissenschaftler. Ob die Farbe der Kaffeetasse, der Geruch, die Kekssorte: Unwichtig erscheinende Details können also ausschlaggebend sein – und uns dabei unterstützen, glaubwürdiger zu wirken. Denn wer die Wahrheit sagt, so die Forscher, kann mit mehr Detailtiefe glänzen.

Verschuere verweist auch auf die Unmöglichkeit für Menschen, auf mehrere Signale achten zu müssen, um eine Lüge zu erkennen. Dies sei unsinnig, so der Experte, denn es sei nicht machbar, mehrere Warnsignale in kürzester Zeit zu bewerten. An der Universität Amsterdam leitet der Forscher das Leugenlab (Lielab) – das „Lügenlabor“.

Weitere Warnsignale: So erkennst du, ob dich jemand belügt

Je mehr Detailwissen jemand hat, desto eher können wir also darauf vertrauen, dass es sich um die Wahrheit handelt. Beachte aber: Manchmal erzählen Lügner viel, wenn der Tag lang ist. Und so können sie den Anschein erwecken, als verfügten sie ebenfalls über ein ausgeprägtes Detailwissen. Lügende Kollegen oder Freunde ertappst du in einer solchen Situation, wenn du sie dazu aufforderst, einige der Details zu wiederholen, indem du subtil danach fragst. Wer sich nicht erinnert, sich verhaspelt oder falsche Details erfindet, könnte dich belügen.

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Es existieren noch weitere Warnsignale, um herauszufinden, ob du belogen wirst. Zum Beispiel:

1. Dir werden Gegenfragen gestellt

Die Taktik, Gegenfragen zu stellen – oder die Frage, die du gerade klar und deutlich gestellt hast, zu wiederholen – ist eine alte Masche, um Zeit zu gewinnen. Wer die Wahrheit erzählt, kann sie dir in der Regel direkt präsentieren. Alles andere deutet darauf hin, dass gerade eine Lüge quasi live zusammengesponnen wird. Und das braucht eben seine Zeit, die jemand Lügendes sich nehmen muss.

2. Ein Lügner lenkt vom Thema ab

Zugegeben, vom Thema abzulenken, das ist eine verhältnismäßig auffällige Taktik von Lügnern. Aber manchmal funktioniert sie, zum Beispiel, indem tiefsinnige Themen angesprochen werden, deren Unterbrechung taktlos erscheint, dein Gesprächspartner plötzlich jemanden anrufen muss oder das stille Örtchen aufsucht, um sich ebenfalls etwas Zeit zu verschaffen – auch in der Hoffnung, dass du deine Frage einfach vergisst. Kommen solche Handlungen häufiger vor, kannst du davon ausgehen, dass dein Gefühl dich nicht täuscht.

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3. Mimik und Gestik passen nicht zum Erzählten

Die so häufig erwähnte Körpersprache sollte Berücksichtigung finden, um Lügen zu erkennen. Denn diese Sprache ist vor allem bei Täuschungen oft eine andere als unsere verbale. Spricht jemand zum Beispiel von Unschuld und Sorglosigkeit, verschränkt jedoch die Arme, wirkt nervös oder setzt ein Fake-Lächeln auf, das die Augen kaum erreicht, könnte sich dahinter eine Lüge verbergen.

Eine instinktive Fluchtreaktion des Körpers in unangenehmen Situationen sollte Beachtung finden. Wer eine insgesamt unruhige Körperhaltung zeigt, die signalisiert: „Ich muss weg!“, will womöglich mit seiner Lüge fliehen.

4. Das vertraute Verhaltensmuster verändert sich

Dein Kollege spricht in der Regel eher leise und du kennst ihn oder sie gut, merkst aber, dass er oder sie ungewohnt laut reagiert? Abweichende Verhaltensmuster, die nicht unserer sonstigen individuellen Norm im Alltag entsprechen, können ein Hinweis auf eine Lüge sein. Um dieses Warnsignal zu erkennen, müssen wir eine Person aber recht gut kennen. Und wir sollten genau hinschauen. Eine Fehlinterpretation kann dazu führen, dass wir das Vertrauen unserer Freunde oder Kollegen verlieren, wenn wir sie unberechtigterweise bezichtigen.

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Freunde, Mitarbeiter, Chef: Manchmal lügen wir nicht aus egoistischen Motiven

Lügen haben ein eher schlechtes Image. Egoistische Zwecklügen, um eigene Ziele zu erreichen oder krankhafte Lügen, die anderen schaden, zeigen auch, warum es so ist. Nicht immer aber steckt hinter einer Lüge eine böse Absicht, etwa bei einer sozialen Lüge, die fast jeder nutzt: ein einfaches Kompliment zum neuen Kleid, die Lüge, die ein eigentlich nicht schmackhaftes Essen lobt – und so weiter. Sie dienen der Harmonie, aber auch als Eisbrecher, vor allem, wenn wir Smalltalk führen.

Wer es hingegen mit notorischen Lügnern zu tun bekommt, sollte auf die genannten Warnsignale achten, um rechtzeitig Konsequenzen zu ziehen: Handelt es sich um jemanden, der dir schaden will? Geht es um eine Lüge, die dein Vertrauen gänzlich zunichtemachen könnte? Dann sollten wir uns – ob im kollegialen Umfeld oder privat – gut überlegen, ob sich eine solche Beziehung lohnt.

Übrigens: Lügen kommen im Berufsalltag besonders häufig vor. Laut Glassdoor greifen sogar fast 50 Prozent der Erwerbstätigen dann und wann zu einer erfundenen Geschichte. Ob aus Angst um den Job, um einen Fehler zu vertuschen oder um berufliche Vorteile zu genießen, die Motive sind vielfältig.

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Unser Zusatztipp für dich

Wenn du eine Lüge entlarven möchtest, kann es hilfreich sein, das Vertrauen deines Gegenübers zu gewinnen, um so viele Beweise wie möglich zu sammeln. Deshalb kann eine direkte Konfrontation nicht immer die Lösung sein. Achte auf die Gesprächsatmosphäre und sorge dafür, dass du ein guter Zuhörer bist. Zudem ist es wichtig, nicht persönlich zu werden – vor allem nicht, wenn dir etwas an der Beziehung liegt: Beleidige niemanden und versuche von verletzenden Angriffen Abstand zu nehmen. So kannst du dich langsam vortasten und herausfinden, wie es um die Ehrlichkeit einer Person steht.

Bild: golero Berlinale , Germany/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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