Schiefe Klositze („Slanty Toilets“) sollen Arbeitnehmer dazu zwingen, weniger Zeit auf dem WC zu verbringen, so die Idee eines britischen Designers. Der Toilettengang aber ist eine intime Angelegenheit – und auch dein Boss darf dir diesen Moment nicht vermiesen.

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Es existieren viele Kuriositäten und skurrile Erfindungen. Selten aber hat eine Sache so stutzig gemacht: Mahabir Gill, britischer Designer des Startups „StandardToilets“, hat es 2019 geschafft, einen besonders unangenehmen Toilettensitz zu erfinden. Damit Menschen nicht zu viel Zeit auf dem Klo verbringen. Etwa Arbeitnehmer, wenn sie kurz verschnaufen wollen, einen Rückzugsort brauchen oder andere Dinge erledigen. Neben dem eigentlichen „Geschäft“.

Dass kreative Ergüsse uns vor allem während des Toilettengangs ereilen, dürfte damit kein Mythos mehr sein. Wo sonst soll dem Designer die – im wahrsten Sinne des Wortes – „Geschäftsidee“ gekommen sein, wenn nicht beim Erledigen seines Geschäfts? 13 Prozent soll das Gefälle der „arbeitnehmerunfreundlichen“ Slanty-Toilettensitze betragen. Quasi ein etwas schiefer Klositz, der dafür sorgt, dass das Sitzen schnell unangenehm wird. Das Unternehmen selbst spricht bei seinem Onlineauftritt von einem revolutionärem Toilettensystem und wirbt damit, dass Kunden sich so besser um Arbeitnehmer, eigene Kunden oder um die Familie kümmern können. Denn zu viel Zeit auf dem stillen Örtchen schade der Gesundheit.

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Sehnsuchtsort: Das stille Örtchen ist für viele Arbeitnehmer eine heilige Stätte

Aus rein rechtlicher Sicht kann der Toilettenbesuch zum Problem werden, wenn Arbeitnehmer zu oft und zu häufig das stille Örtchen aufsuchen, wenn dies nicht krankheitsbedingt geschieht. Aber davon mal abgesehen: Während unseres alltäglichen Toilettengangs, sei es nun im Job oder zu Hause, sind unsere Gedanken frei. Vor allem im Arbeitsalltag nehmen Arbeitnehmer den Besuch auf dem stillen Örtchen deshalb zum Anlass, während ihres Klobesuches die Gedanken schweifen zu lassen, durch Social Media zu scrollen oder Nachrichten von Freunden zu beantworten. Manchmal aber ist der Anlass, das Klo aufzusuchen, die Panik im Joballtag, der cholerische Boss oder die schmerzenden Füße und Beine, wenn wir körperlich schwer arbeiten. Jeder von uns kennt diese Momente.

Für viele Arbeitnehmer ist der Gang zum Klo deshalb nicht einfach nur der Gang zum Klo. Es ist der Gang zum einzigen Ort, an dem wir uns für einen Moment zurückziehen können, weil wir Menschen sind und keine perfekt funktionierenden Marionetten oder Maschinen. Es ist eine Möglichkeit, dem Stress zu entfliehen, durchzuatmen und wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

So sieht die WC-Sache „arbeitsrechtlich“ aus

Ernüchterung ereilt uns, wenn wir uns das Arbeitsrecht anschauen. Der Klogang darf nicht missbraucht werden. Denn mit unserem Arbeitgeber sind wir einen Vertrag eingegangen, der uns dazu verpflichtet, unserem Job nachzugehen, eine gewisse Anzahl an Stunden zu erfüllen und keine unnötige Zeit mit Toilettengängen zu vertreiben, wenn wir eigentlich gar nicht aufs Klo müssen.

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Grundsätzlich zählt eine Klopause nicht als klassische Pause und wird deshalb in der Regel nicht abgezogen. Es ist eher eine kurze Arbeitsunterbrechung, sodass diese noch zur Arbeitszeit zählt. Das bedeutet: Zu lang darf das WC-Vergnügen nicht andauern, weil die Uhr tatsächlich tickt – denn andernfalls könnte dein Boss Verdacht schöpfen, dass du mit ganz anderen Dingen beschäftigt bist. Vor allem, wenn du regelmäßig viel Zeit auf dem Klo verbringst, kann dein Chef diesen Umstand zum Anlass nehmen, um der Sache nachzugehen.

Immerhin: Untersagen darf dir dein Boss den Klobesuch nicht. Und Vorgesetzte dürfen auch nicht grundlos festlegen, dass wir beispielsweise nur ein einziges Mal das stille Örtchen aufsuchen dürfen. Denn du selbst weißt am besten, wann du Harndrang verspürst oder ein größeres Geschäft erledigen musst. Besteht jedoch ein konkreter Verdacht des Missbrauchs, ist es denkbar, dass Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, wie etwa die gezielte Kontrolle eines Mitarbeiters, um dem entgegenzusteuern. Eine grundlose, pauschale Überwachung des Klobesuches ohne Anlass ist hingegen nicht erlaubt, weil dadurch Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern verletzt werden.

Beachte: Deine Klozeit ist nicht versichert

Ein Nachteil des Klobesuches ist, dass dieser arbeitsrechtlich nicht versichert ist. Ereignet sich zum Beispiel ein Unfall direkt auf dem WC, müssen Arbeitnehmer damit rechnen, dass dieser nicht als Arbeitsunfall anerkannt wird. Nur der Weg zur Toilette ist versichert. Ausnahmen gab es aus juristischer Sicht aber schon, beispielsweise vor dem Berliner Verwaltungsgericht ( Az. VG 26 K 54.14): So soll eine Mitarbeiterin des Bezirksamtes sich eine Verletzung zugezogen haben, als sie sich während des Toilettenbesuchs am Kopf stieß, weil die Fenster vollständig geöffnet waren und zur Gefahr wurden. Das Gericht soll entschieden haben, dass es sich hierbei um einen Dienstunfall handelte. Dennoch gibt der Richter den Hinweis, dass diese Regelung vor allem mit dem Beamtenstatus zusammenhängt und nicht pauschal für alle Arbeitnehmer gilt.

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US-Firma „WaterSaver“ sorgt mit 6-Minuten-Klobeschränkung für Aufsehen

Im Jahr 2014 soll Medienberichten zufolge vor allem eine Firma aus Chicago für Verwirrung gesorgt haben, weil diese die Zeit für den Toilettenbesuch auf 6 Minuten pro Arbeitstag einschränkt. So ist es für Mitarbeiter nur möglich, ihr Geschäft zu erledigen, wenn sie auch ihre dafür vorgesehene Zugangskarte nutzen, um die Zeit zu erfassen. Unternehmenschef Steve Kersten weist darauf hin, dass innerhalb eines Monats ein Verlust von 120 Stunden zu verzeichnen sei, weil die Mitarbeiter zu viel Zeit auf der Toilette verbracht hätten.

Die Gewerkschaft ließ nicht lange auf sich warten, es kam zu Protesten und Unruhen. Aus den Reihen dieser hieß es, dass der Körper nicht per Knopfdruck funktioniere und es außerdem die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer verletze, wenn Unternehmen die Zeit des Toilettenbesuchs systematisch erfassten.

Übrigens: Auch hierzulande sind solche Fälle bekannt. Im Jahr 2010 entschied das Arbeitsgericht Köln (Az. 6 Ca 3846/09), dass eine Gehaltskürzung nicht erfolgen darf, wenn Arbeitnehmer unverschuldet Zeit auf dem Klo verbringen und der Chef diese protokolliert. Im besagten Fall soll der Chef einer Anwaltsfirma dem angestellten Anwalt 680 Euro abgezogen haben, weil dieser seiner Ansicht nach zu viel Zeit auf dem Klo verbracht hat. Der Betroffene verteidigte sich jedoch und bekam Recht. Denn er litt unter Verdauungsstörungen, weshalb die Toilettenbesuche andauerten.

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Fazit

Toilettenzeit hin oder her: Wer ein kleines oder großes Geschäft erledigen muss, kann dies nur auf dem Klo tun. Ruhen wir uns während dieser Erledigung aus, um kurz durchzuschnaufen, ist nicht unbedingt etwas dagegen einzuwenden. Schwierig wird es nur, wenn der WC-Besuch missbraucht wird für andere Zwecke. Wenn dein Chef einen Verdacht hegt und dieser berechtigt ist, kann dieser im schlimmsten Fall dagegen vorgehen. Arbeitnehmer sollten deshalb vor allem darauf achten, das Klo nicht auffällig oft, regelmäßig und lange aufzusuchen, wenn sie eigentlich gar nicht aufs Klo müssen, sondern stattdessen beispielsweise um eine kurze Pause bitten, wenn gerade nichts mehr geht und die Überforderung zu Kopf steigt.

Beachte aber auch, dass Vorgesetzte dich nicht grundlos bespitzeln dürfen, wenn du zur Toilette gehst. Denn es ist dein gutes Recht, ungestört aufs Klo zu gehen. Schließlich muss dein Chef auch mal – ein großes oder ein kleines – Geschäft erledigen. Und sicherlich will er diesen intimen Moment ebenfalls ungestört genießen.

Bildnachweis: AtlasStudio/istockphoto.com

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Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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