Profitgier ist in vielen Unternehmen allgegenwärtig, während es an Menschlichkeit mangelt. Eine People-First-Kultur ist deshalb längst überfällig – denn die Wechselbereitschaft der Arbeitnehmer erreicht Rekordhöhen.

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Der Trend scheint unaufhaltbar: Immer mehr Arbeitnehmer sind bereit, ihre Sachen zu packen und zu neuen Ufern aufzubrechen, um einen Arbeitgeber mit einer menschlichen, fairen und attraktiven Unternehmenskultur zu finden. Denn eine menschenzentrierte Unternehmenskultur wird in Zeiten einer hohen Profitgier wichtiger.

Eine People-First-Kultur muss her: Sie sorgt für glückliche Mitarbeiter und zufriedene Kunden, ist in der heutigen Arbeitswelt in vielen Unternehmen jedoch ein Fremdwort.

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Employee Experience (EX) im Fokus: Das sind die Vorteile

Eine menschenzentrierte Unternehmenskultur stellt die Mitarbeitererfahrung (Employee Experience) – ein aus der Unternehmenspsychologie stammender Begriff – in den Vordergrund. Wer das Wohlbefinden von Mitarbeitern priorisiert und ihnen ähnlich viel Aufmerksamkeit wie seinen Kunden und der Kundenerfahrung (Customer Experience) entgegenbringt, kann Produktivität, Engagement und Zufriedenheit steigern. Denn das ist das, was eine People-First-Kultur bewirken kann: Sie sorgt dafür, dass Beschäftigte gerne zur Arbeit kommen, gerne ihren Job ausführen und gerne im Unternehmen bleiben.

Studienergebnisse bestätigen übrigens einen Zusammenhang zwischen einer positiven Mitarbeitererfahrung und Kundenerfahrung: Wer seinen Angestellten Wertschätzung entgegenbringt, sie fair entlohnt und den Arbeitsplatz positiv gestaltet, trägt zur Mitarbeiterzufriedenheit bei. Und diese motivierten sowie zufriedenen Mitarbeiter arbeiten produktiver und sorgen für eine hohe Kundenzufriedenheit. Umsätze und Profitabilität steigen – so die zentralen Ergebnisse.

Merke: Auch das Unternehmensimage wird durch eine People-First-Kultur positiv nach außen getragen. Eine solche Kultur zeigt potenziellen Kunden und Partnern, dass das Unternehmen nicht nur an Profit orientiert ist, sondern auch seine Mitarbeiter als wertvolle Ressourcen betrachtet und deren Wohlbefinden aktiv fördert. 

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People-First-Kultur erschaffen: Wie geht das?

Weil der Mensch im Fokus steht, dürfen Arbeitgeber für die Etablierung einer People-First-Kultur ein ganz einfaches Rezept verinnerlichen: Wer sich zufriedene Mitarbeiter wünscht, muss die emotionalen Grundbedürfnisse des Menschen kennen und bedienen.

Dazu gehören die Bedürfnisse nach Bindung, Kontrolle (Sicherheit), Selbstwerterhöhung, Lustgewinn – etwa durch Arbeit, die Freude bereitet. Und auch das übergreifende Bedürfnis nach Stimmigkeit in Bezug auf die eigene Weltanschauung, zu denen die Wertvorstellungen und der Lebenssinn gehören, ist wichtig. Ziel ist es, Unterschiede zu respektieren, Mitarbeiter als Menschen wahrzunehmen und ihre Bedürfnisse anzuerkennen.

Folgende Strategien helfen, eine People-First-Kultur zu etablieren.

1. Jede Stimme zählt: Gebt Mitarbeitern das Gefühl, dass sie gehört werden

Mitarbeitende zeigen mehr Arbeitsengagement, wenn sie sich von ihren Arbeitgebern wirklich gehört fühlen. Mehr als 70 Prozent gaben dies bei einer Umfrage an. Sie haben eine Stimme, die zählt, dürfen ihre Meinung äußern, ohne zurückgewiesen zu werden. Sie dürfen sich in einem professionellen Rahmen mit ihren Werten und ihrer Wahrnehmung zeigen. Für Arbeitgeber bedeutet das, dass sie lernen müssen, aktive Zuhörer zu werden.

Wie aktives Zuhören funktioniert:

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  • aussprechen lassen
  • wirklich hinhören – und nicht eine Antwort vorformulieren
  • zugewandte Körpersprache und Blickkontakt
  • aufmerksam bleiben
  • Fragen stellen

Vorbei sind die Zeiten, in denen Entscheidungen nur von „oben“ kamen und die Stimme der Mitarbeiter keinerlei Bedeutung hatte. Dass Arbeitnehmer heute eine Stimme haben dürfen, bedeutet zugleich, dass sie als Mensch zählen – und damit beweisen Unternehmen, dass sie nicht nur an Profit oder Prestige, sondern an ihre Mitarbeiter als wertvolles Teammitglied interessiert sind.

2. Beziehungen sind wichtig – sie sorgen für Vertrauen

Wir kennen manchmal das fachliche Know-how eines Mitarbeiters, aber nicht die Privatperson dahinter. Wir wissen, dass ein Arbeitnehmer pünktlich zur Arbeit erscheint, seinen Job erledigt und Feierabend macht, aber nicht, was ihn oder sie gerade beschäftigt, welche Sorgen aktuell sind, welche Schwierigkeiten es gibt.

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Doch: People-First-Kultur baut auf Beziehungen. Eine starke Bindung stillt das psychologische Grundbedürfnis nach emotionaler Bindung und Zugehörigkeit. Wer sich nicht zugehörig fühlt oder mit Desinteresse behandelt wird, verschließt sich hingegen, kündigt vielleicht innerlich und verliert das Vertrauen zum Arbeitgeber.

Mit diesen Komponenten bauen Unternehmen und insbesondere Führungskräfte Vertrauen zu ihren Mitarbeitern auf:

  • Ehrlichkeit und Transparenz
  • keine falschen Versprechungen
  • Zuverlässigkeit
  • aufmerksam zuhören
  • einfühlsam sein
  • eigene Gedanken und Sorgen ebenfalls offen mitteilen
  • gemeinsame Erlebnisse planen

3. Positive Fehlerkultur: Keine Schuldzuweisungen und mehr Toleranz

Wir wollen Fehler vermeiden, denn Fehler werden häufig mit Misserfolg gleichgesetzt. Wer nicht abliefert, weil eine falsche Entscheidung getroffen wurde, wird mit vernichtenden Blicken abgefertigt. Wer sich verkalkuliert, muss fürchten, ein Projekt zu verlieren.

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Bestrafung ist jedoch kontraproduktiv. Sie erzeugt Angst – und niemand arbeitet gerne dort, wo er sich vor den Konsequenzen und dem Boss fürchten muss. Deshalb ist eine positive Fehlerkultur ein Teil der People-First-Kultur.

Hierfür gilt es zunächst, die bisherige Art, mit Fehlern umzugehen, genauestens unter die Lupe zu nehmen. Auch ein Feedback der Mitarbeitenden hilft, die Fehlerkultur im Unternehmen zu verbessern. Zudem helfen motivierende und offene Gespräche im Team, die vermitteln, dass es in Ordnung ist, wenn etwas nicht nach Plan läuft – und dass, um schnellstmöglich zu helfen, Probleme offen angesprochen werden sollten. Beschämungen und Schuldzuweisungen sollten gestrichen werden. Stattdessen gilt es, konstruktives Feedback zu geben, gemeinsame Lösungen zu finden und aus Misserfolgen zu lernen.

4. Mitarbeiter haben individuelle Talente, Interessen und Fähigkeiten

Ob Weiterbildungen für Führungskräfte oder die Förderung von Mitarbeitern: Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass alle Mitglieder der Belegschaft die Chance bekommen, sich fortzubilden, ihren Interessen nachzugehen und ihre Kompetenzen zu trainieren.

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Das sorgt nicht nur dafür, dass Beschäftigte inaktive Ressourcen aktivieren können und Abwechslung erleben. Sondern auch dafür, kreative Freiräume zu erschaffen, eigenständige Entscheidungen treffen zu können und wertvolle Beiträge für das Unternehmen zu leisten. Sie dürfen andere Perspektiven und Verantwortung übernehmen und werden zugleich darin bestärkt, sich beruflich zu verwirklichen.

Ideen für die Förderung von Mitarbeitern:

  • Jobenlargement
  • Workshops
  • kreative Projekte, die von Arbeitnehmern organisiert werden
  • Rotationssystem im Job
  • Fort- und Weiterbildungen
  • Mentoring-Programme

5. Werte nicht nur zeigen, sondern vorleben

In zahlreichen Inseraten lesen Bewerber etwas von Unternehmenswerten, die sich am Ende als Attrappe entpuppen. Damit schießen Unternehmen ein Eigentor: Wer alles dafür tut, Fachkräfte an Land zu ziehen und dafür sogar vorgibt, etwas zu sein, was nicht existiert, weckt Misstrauen. Von Täuschungen sollten Arbeitgeber absehen, wenn ihnen ihre Mitarbeiter wirklich wichtig sind.

Besser: Gemeinsame Werte sollten definiert und anschließend auch gelebt werden. Zudem hilft es, genauer auf Einstellungsprozesse, das Onboarding, die Führungskultur und das Offboarding zu schauen. Denn alle Prozesse und Umgehensweisen geben Aufschluss darüber, welche Werte tatsächlich gelebt werden – und was lediglich Idealvorstellung ist und in der Praxis nicht ausgelebt wird.

6. Zeigt eure Wertschätzung und eure Dankbarkeit

„Danke, dass du dich so gewissenhaft darum gekümmert hast.“
„Vielen Dank für deine Mühe. Ich weiß das sehr zu schätzen.“


Wertschätzung und der Ausdruck von Dankbarkeit sind zwei unentbehrliche Komponenten einer positiven Unternehmenskultur. Sie motivieren, verwandeln negativen Stress in positiven Stress und schützen davor, auszubrennen. Denn Wertschätzung bedeutet auch, Pausen zu gönnen, die Grenzen von Mitarbeitenden zu beachten und mit der Zuteilung von Aufgaben und Deadlines nicht zu übertreiben.

Ein ehrliches „Danke“ wirkt sich positiv auf den Selbstwert aus, ermutigt und gibt Kraft. Auch mit dem Hintergrund, dass eine People-First-Kultur Menschen und nicht arbeitenden Roboter adressiert, die lediglich funktionieren. Denn hier liegt ein zentrales Problem: Es sind Menschen, die im Unternehmen arbeiten – und keine Maschinen, die ohne emotionale Zuwendung auskommen.

Unternehmensziele zu erreichen ist wichtig, aber: Wer sich produktive, motivierte und gesunde Mitarbeiter wünschst, die sich wohlfühlen und gerne zur Arbeit kommen, sollte bereit sein, diese Menschen und ihre Bedürfnisse in den Fokus zu rücken.

Hast du in deinem beruflichen Umfeld bereits eine Unternehmenskultur erlebt, die die Bedürfnisse der Mitarbeiter in den Vordergrund stellt? Welche positiven Auswirkungen hast du dabei beobachtet?

Bild: Igor Omilaev/Unsplash+