Stress ist ungesund. Aber nicht immer: Die „richtige“ Stressart in moderater Form macht laut Forschungsergebnissen sogar glücklich und produktiv.

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Wir alle vermeiden ihn und die meisten von uns glauben, in diesem Leben keinen Frieden mehr mit ihm schließen zu können: Stress. Er führt dazu, dass wir uns unglücklich und ungesund fühlen. Als Resultat gehen wir in die Bekämpfung: Stress soll verhindert werden. Um jeden Preis.

Diese Perspektive ist jedoch einseitig. Die radikale Vermeidung von Stress verhindert, eine gesunde Stressreaktion zu entwickeln. Denn Stress wird automatisch auftreten, weil er zum Leben dazugehört: auf der Arbeit, in Beziehungen, an schwierigen Tagen.

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„Eustress“: Der gute Stress

Womit viele Menschen sich weniger beschäftigten: Es existiert nicht die „eine“ Stressart, die nur gut oder nur schlecht ist. Vielmehr wird zwischen positivem und negativem Stress differenziert, weil es häufig auf Umgang und Wahrnehmung ankommt. In der Fachsprache wird für positiven Stress oft das Wort „Eustress“ verwendet. „Eu“, welches am Wortanfang steht, ist ein griechisches Präfix und wird mit „gut“ übersetzt („guter Stress“).

Die psychische und körperliche Reaktion „Stress“ ist in jedem Fall überlebensnotwendig. Sie versetzt uns in einen Zustand, der dazu führt, dass wir gegen eine drohende Gefahr angehen, uns insgesamt schneller mobilisieren und leistungsfähiger werden.

Ob Stress uns krank macht oder hilft, hängt von unserer persönlichen Stressreaktion, unserer Haltung und auch der Menge an Stress ab. Bereits im Jahr 2013 veröffentlichten Forscher das sogenannte Stress Mindset Measure in der Fachzeitschrift Journal of Personality and Social Psychology. Dabei handelt es sich um eine Art Instrument, speziell um Fragen, die erfassen, wie es um unsere Haltung gegenüber Stress steht. Die zwei zentralen Ergebnisse:

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1. Negatives Stress-Mindset:

Menschen, die eine negative Einstellung zum Thema Stress haben, sind weniger erfolgreich. Wenn sie glauben, dass Stress lediglich etwas ist, dass toxisch ist, schneiden sie bei der Arbeitsleistung schlechter ab.

2. Positive Einstellung zum Thema Stress:

Menschen, die ein positives Stress-Mindset haben, fühlen sich in Bezug auf ihre Arbeit besser. Sie verspüren mehr Glücksgefühle, was zu einer höheren Zufriedenheit führt. Auch die Leistung verbessert sich.

Wie sieht positiver Stress aus – und was bringt er?

Positiver Stress zeichnet sich dadurch aus, dass wir Stress generell nicht als Belastung sehen, sondern als eine Art Stütze, Herausforderung oder Antrieb, um etwas zu schaffen und daran zu wachsen. Die englische Bezeichnung „Sweet Spot“ bringt es auf den Punkt: Es geht um diese eine Phase, in der wir uns stark und aufgeweckt genug fühlen, um etwas zu leisten – aber nicht erschöpft, überfordert oder hektisch sind.

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Sobald wir uns überfordert fühlen, gereizt sind und zum Beispiel Menschen aus unserem Umfeld für unseren persönlichen Zustand verantwortlich machen, befinden wir uns bereits außerhalb des Sweet Spots. Dann wird die Energie negativ und das Stresslevel ist bereits gestiegen.

Ganz unbegründet sind unsere Gefühle aber nicht – denn auch das, was auf der Arbeit passiert, beeinflusst unsere persönliche Haltung. Der Work Wellbeing 2022 Insights Report von Indeed zeigt, dass es einige arbeitsplatzbezogene Einflussfaktoren gibt, die dazu beitragen, dass wir ein positives oder ein negatives Stress-Mindset entwickeln.

Das trägt zu einer negativen Stresseinstellung bei:

1. Konflikte am Arbeitsplatz: Ob Mobbing, Hetze oder endlose Diskussionen mit Kollegen – eine überwiegend konflikthafte Atmosphäre am Arbeitsplatz kann dazu führen, dass alles zu viel wird und wir eine grundsätzlich negative Einstellung zum Thema Stress entwickeln.

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Lese-Tipp: 8 Sätzen, mit denen du Konflikte sofort lösen und entschärfen kannst

2. Der Einfluss von Führungskräften: Wenn Vorgesetzte ihren Beschäftigten das Gefühl vermitteln, dass ihnen ihr Wohlbefinden nicht interessiert, kann die Haltung zum Thema Stress negativ beeinflusst werden. Das zeigt, wie bedeutend der Einfluss von Führungskräften sein kann.

Das trägt zu einer positiven Stresseinstellung bei:

1. Möglichkeiten seitens der Arbeitgeber, Stress zu reduzieren: Wenn Unternehmen und Führungskräfte Work-Life-Balance als wichtig erachten und dies vermitteln sowie konkrete Pläne entwickeln, um einen Umgang mit Stress am Arbeitsplatz zu finden, kann sich die Stresshaltung von Beschäftigten verändern. Die Wahrscheinlichkeit, Stress als positiven Antrieb zu sehen, steigt.

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2. Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit: Wenn Arbeitgeber sich konkrete Ziele setzen, um die Zufriedenheit ihrer Beschäftigten insgesamt zu steigern, kann das ebenfalls zur Entwicklung eines positiven Stress-Mindsets beitragen.

Die Ergebnisse des Berichts verdeutlichen, was positiver Stress uns bringt:

  • Wir erledigen mehr Aufgaben in kürzerer Zeit.
  • Unsere Art, uns auszudrücken, ist weniger aggressiv; wir fühlen uns ausgeglichener.
  • Wir fühlen uns motivierter, unser Bestes zu geben.
  • Die Fehlerquote sinkt.
  • Wir können uns besser konzentrieren.
  • Wir wollen den Job nicht ganz so schnell hinschmeißen.

Bedeutet: Wenn wir positiven Stress empfinden, können wir uns insgesamt glücklicher fühlen, was zur Entspannung von Körper und Psyche beiträgt und somit auch die Gesundheit schützt und fördert.

Eustress: Wie entwickle ich eine gesunde Einstellung zum Thema Stress?

Es ist nicht ganz einfach, Stress – wenn wir ihn bisher ausschließlich negativ wahrgenommen haben – plötzlich als bereichernd oder beflügelnd zu betrachten. Von zentraler Bedeutung ist jedoch, was du selbst tust, um Stress anzunehmen und zu bewältigen, wie du deine Grenzen erkennst und ob du diese überschreitest oder auf dich achtest. Denn zu viel „Distress“, das Gegenteil von Eustress, kann psychische und körperliche Folgen haben:

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  • Schlafstörungen
  • Burnout
  • Bluthochdruck
  • Verspannungen
  • Essstörungen
  • Schmerzen (Kopf, Rücken, Schultern, Nacken)
  • Schwächung des Abwehrsystems

Hier kommen einige Tipps, um Stress positiv zu bewältigen:

Tipp #1: Selbstfürsorge:

Es fängt alles bei dir selbst an – denn das, was du nicht kontrollieren kann, führt zu vermehrtem Stress, der sich nicht gesund, sondern überfordernd anfühlt. Sorge dich deshalb in erster Linie um dich selbst, anstatt zu versuchen, andere zu verändern oder sie zu beeinflussen. Selbstfürsorge kann so aussehen:

  • Setze dich selbst nicht unter Druck, wenn du Fehler machst; sprich wohlwollend mit dir.
  • Halte deinen Schlafplatz sauber und ruhig, um dich erholen zu können.
    – Gönne dir Pausen, auch wenn die Arbeit manchmal nicht ganz erledigt wird oder warten muss.
  • Kümmere dich gut um deine Ernährung, um genügend Energie für den Tag zu haben.
  • Überschreite deine eigenen Grenzen nicht, um jemandem einen Gefallen zu tun; Grenzüberschreitungen sollten nicht zur Regel werden.

Tipp #2: Körperliche Entspannung:

Stress findet nicht nur in der Psyche statt, sondern äußert sich vor allem in körperlichen Reaktionen. Nach einer durchgearbeiteten Nacht oder einer intensiven Projektphase hat es dein Körper deshalb verdient, sich so richtig zu entspannen und Ballast abzuschütteln. Was jetzt helfen kann:

  • Autogenes Training
  • Dehnübungen
  • Meditation und Atemübungen
  • langsame, entspannte Tänze
  • Yoga

Tipp #3: Seelischen Ballast bearbeiten:

Sorgen sind normal, aber zu viele Sorgen führen ebenfalls zu Überforderung. Es hilft nicht, sie zu unterdrücken – sondern einen Platz für sie zu finden; einen Ort, an dem sie dich nicht innerlich zerstören. Ein gutes Mittel, um seelischen Ballast und Sorgen zu bearbeiten, ist das Gespräch mit vertrauten Personen oder auch im Rahmen einer Psychotherapie.

Wofür auch immer du dich entscheidest: Sorge dafür, dass deine Gedanken und die dazugehörigen Gefühle – etwa Wut – nicht nach innen gehen und sich gegen dich selbst richten und auf diese Weise deinem Selbstwert zusetzen. Pflege deine Kontakte. Regelmäßige Gespräche mit Freunden, dem Partner, der Familie helfen dir dabei, gesunde Wege zu gehen und einen guten Umgang mit Stress zu finden.

Bildnachweis: pixelfit/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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