So unzufrieden, so belastet und so pessimistisch waren junge Beschäftigte lange nicht mehr. Das zeigen mehrere aktuelle Untersuchungen. Alle Zahlen und traurige Erkenntnisse, zur Arbeitszufriedenheit, hier auf einen Blick.

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Fast 50 Prozent der Vollzeitberufstätigen würden, sofern sie die Möglichkeit bekämen, lieber in Teilzeit arbeiten. Beschäftigte aus der Industrie befürworten zudem die 4-Tage-Woche. Auch wenn sie dafür etwas weniger Geld bekommen würden. So lauten einige der Ergebnisse der „HDI-Berufe Studie 2022“, in der 3.891 Beschäftigte befragt wurden.

Das zeigt: Viele Menschen sehnen sich danach, etwas weniger zu arbeiten. Und diese Sehnsucht ist verständlich, weil die hohe Personalnot und eine hohe Arbeitsbelastung zu körperlichem und psychischem Leid führen können.

Auffällig sind vor allem die Umfrageergebnisse der unter 25-Jährigen: Sie zeigen deutlich, dass junge Erwachsene eher bereit wären, ihren Job zu kündigen. Die Bereitschaft, auf eine Stelle zu verzichten, wenn sie unzufrieden sind, ist vergleichsweise hoch.

Aktuelle Studienlage: Die wichtigsten Erkenntnisse

  • Vor allem die jungen Erwerbstätigen in Deutschland stehen klassischen Arbeitsmodellen mittlerweile kritisch gegenüber.
  • Freiräume wäre jungen Arbeitnehmern besonders wichtig, deutet Christopher Lehmann (HDI-Deutschlandchef) die Studienergebnisse. Die Realität zeigt: Nicht alle Unternehmen sind in der Lage, diese zu bieten. Das sorgt für Frust.
  • Im Jahr 2019 waren es noch fast 70 Prozent der unter 25-Jährigen, die einen Job als essenziellen Teil ihres Lebens sahen. Die neue Befragung hat ergeben, dass es jetzt rund 11 Prozent weniger sind. Heißt: Immer weniger junge Menschen haben Lust, sich an ihre Arbeit zu binden.
  • Die Erkenntnisse werden von der Studie „workmonitor 2022“ von Randstad bestätigt. Mehr als 50 Prozent der jungen Erwerbstätigen der Gen Z (bis 24 Jahre) sind sich sicher, den Job an den Nagel zu hängen, wenn dieser sie unzufrieden macht. Fast 40 Prozent der Millennials (25 bis 34 Jahre) würden es auch so machen.
  • Anders sieht es bei den älteren Generationen aus: Menschen über 50 sind laut Randstad-Studie nicht ganz so risikobereit. Drei von vier Angestellten wäre es wichtiger, den Job zu behalten, um nicht arbeitslos zu sein – auch wenn sie unglücklich sind. Demnach ist nur einer von vier Arbeitnehmern bereit, sich von seiner Stelle zu verabschieden.

Gen Z: Arbeitszufriedenheit nimmt ab

Man könnte zunächst meinen, dass es eine positive Entwicklung ist, dass junge Beschäftigte immer mehr für sich einstehen, Forderungen stellen und nicht nachgeben. Der vergleichsweise hohe Grad an Autonomie und Selbstbestimmung ist zu einem wichtigen Wert geworden. Es wird deutlich, dass sie sich nicht mit wenig zufriedengeben.

Sie sind seit der Pandemie aber auch frustrierter. Weil die Realität am Arbeitsmarkt nicht – oder noch nicht – ihren Vorstellungen entspricht. Der österreichische Arbeitsklima-Index 2022 zeigt, dass knapp 80 Prozent der jungen Berufstätigen unter 25 vor der globalen Pandemie in ihrem Job glücklich waren. Im Jahr 2022 sind es fast 20 Prozent weniger. Die Arbeitszufriedenheit ist demnach massiv gesunken.

Die Anzahl an psychisch Belasteten sei als Resultat von Corona gestiegen. Zugleich sei die generelle Belastung angestiegen: Arbeits- und Leistungsdruck wären allgegenwärtig. Frust und Depressivität immer häufiger festzustellen.

Es ist ein trauriger Rekord. Bei keiner anderen Generation ist in den letzten drei Jahren ein derartiges Absinken der Lebenszufriedenheit und der Lust am Arbeiten zu verzeichnen.

Dass die Seele generell leidet, ist nicht nur bei jungen Menschen festzustellen. Weltweit seien Depressionen und Angstzustände im ersten Pandemiejahr nach Berechnungen der World Health Organization (WHO) um 25 Prozent gestiegen. Belastungsfaktoren wären die Isolation, der kaum vergleichbare Stress und die ständige Sorge ums Geld sowie die Angst vor Ansteckungen und dem Tod.

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Was muss sich ändern?

Die Joblust nimmt ab; die Personalnot steigt weiter an. Der digitale Wandel in der Berufswelt ist besonders während Corona deutlich geworden. Das könnte im Grunde ein Segen sein: Die HDI-Umfrage zeigt auch, dass rund 60 Prozent die Digitalisierung begrüßen. Vor der Pandemie waren es weniger Beschäftigte, die diese Meinung vertreten haben.

Damit es zu diesem Segen kommt, müssen Arbeitgeber bereit sein, diesen digitalen Wandel zu vollziehen. Sie müssen Homeoffice, Freiräume, Work-Life-Balance und Vertrauensarbeitszeiten nicht nur akzeptieren, sondern – wenn Beschäftigte es für möglich halten und es einfordern – anbieten.

Sie müssen auch erkennen, dass Gen Z die Zukunft ist, wenn die „Alten“ in den Ruhestand gehen. Denn die Digital Natives sind unsere Nachwuchskräfte.

Das Wort „müssen“ klingt hart und ausweglos. Aber es verdeutlicht die Machtumkehr, die kommt. Heute sind Arbeitnehmer und Fachkräfte häufig diejenigen, die Bedingungen stellen können. Klassische 9-to-5-Jobs, autoritäres Machtgehabe und unflexible Arbeitsbedingungen passen nicht zu dem, was viele junge Menschen fordern.

Junge Menschen wollen Job mit Gewissen vereinbaren können

Die Randstad-Untersuchung zeigt, dass jungen Beschäftigten ihre Werte wichtig sind. Bedeutend wäre sowohl für Gen Z als auch für Millennials die Förderung von Diversität. Ausschlusskriterien für einen Job wären ökonomische sowie soziale Werte, die nicht den Vorstellungen der jungen Leute gerecht werden würden.

Heißt: Sie würden den Job eher ablehnen, als eine Stelle anzunehmen, die zum Beispiel keinen Raum für Gleichberechtigung lässt. Auch das verdeutlicht eindrucksvoll, in welcher Position sich junge Fachkräfte befinden, auf die Arbeitgeber so dringend angewiesen sind.

Es ist aber alles nicht ganz unproblematisch. Weil die Wünsche und Ideale dieser jungen Leute auf eine kapitalistisch geprägte Arbeitswelt treffen. Deshalb verwundert es nicht, dass viele Diskrepanzen sichtbar werden, wenn Jung auf Alt trifft.

Was werden diese Forderungen mit der Arbeitswelt machen?

Die gestiegenen Ansprüche junger Beschäftigter könnte dazu führen, dass sich das Dilemma am Arbeitsmarkt weiter zuspitzt. Einerseits ist es zu begrüßen, dass die Digital Natives für Themen wie Nachhaltigkeit, Gesundheit, Selbstfürsorge und soziale Fairness einstehen. Andererseits wird die Lücke am Arbeitsmarkt immer größer. Handeln Arbeitgeber jetzt nicht zügig genug und halten sie an konservativen Arbeitsbedingungen fest, die der jüngeren Generation einfach nicht „in den Kram“ passen, könnte der aktuelle Zustand noch düsterere Züge annehmen.

Einige Unternehmen scheinen jetzt zu dem zurückzukehren, was vor der Pandemie war: Sie bestehen darauf, dass Arbeitnehmer wieder im Büro erscheinen und fixe Arbeitszeiten verinnerlichen. Andere können sich eher vorstellen, die Flexibilität und die Freiräume beizubehalten, die sie ihren Arbeitnehmern bieten konnten. Auch wenn sie durch die Pandemie auf die „harte Tour“ lernen mussten, was es heißt, die Kontrolle abzugeben.

Man kann nur auf das Beste hoffen: dass Unternehmen flexiblere Arbeitsbedingungen schaffen, mehr Freiräume bieten und den generellen Forderungen der jungen Menschen nachkommen. Dass aber auch Gen Z Kompromisse eingehen kann, ohne eigene Werte gänzlich untergraben zu müssen. Ob es einen Weg in der Mitte gibt, der reif genug für diese neue Arbeitswelt ist, wird die Entwicklung am Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren zeigen.

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Bild: Unsplash+/Andrej Lišakov