Du fühlst dich ausgebrannt, der Chef treibt dich in den Wahnsinn oder du langweiligst dich bei deiner Arbeit Tag für Tag zu Tode? Du starrst nur noch auf die Uhr und sehnst dir den Feierabend herbei oder dir graut es schon am Sonntag vor dem Wochenstart? Kündigen oder nicht – das ist eine Frage, die sich wohl jeder Mensch mindestens einmal im Leben stellt.
Kündigung – ein Wort, das Angst und Schrecken verbreitet
Allein das Wort „Kündigung“ lässt vielen Menschen einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Schließlich wird Sicherheit in Deutschland als das höchste Gut gehandelt und wer einen unbefristeten Arbeitsvertrag ergattert hat, sollte sich glücklich schätzen – so die landläufige Meinung. Doch was, wenn du mit deinem Job ganz und gar unglücklich sind?
Viele Menschen schrecken dennoch davor zurück, zur Kündigung zu greifen. Sie könnten dies ja später bereuen, keinen vergleichbaren oder gar besseren neuen Job finden oder sogar den sozialen Abstieg riskieren. Doch stimmt das eigentlich?
Sehen wir es einmal so: Wenn du dich jahrelang Tag für Tag zur Arbeit quälst und in deinem Job eigentlich todunglücklich bist, wie lange werden dann wohl die ersten gesundheitlichen Beschwerden oder psychischen Erschöpfungszustände auf sich warten lassen? Die Folge: Nach einer krankheitsbedingten arbeitgeberseitigen Kündigung oder einer langen beruflichen Auszeit aufgrund des Burnout-Syndroms sind deine Chancen auf dem Stellenmarkt gleich null.
Wäre es dann also nicht doch sinnvoller, so früh wie möglich die Reißleine zu ziehen und selbst den Mut zur Kündigung zu fassen? Schlussendlich bist du ja deines eigenen Glückes Schmied.
Innere Kündigung: Der apokalyptische Reiter für deinen Job
Ein Stellenwechsel ist nur selten eine spontane Entscheidung. In der Regel geht der endgültigen Handlung schon lange Zeit zuvor die innere Kündigung voraus. Zahlreiche Angestellte arbeiten monate- oder sogar jahrelang in einem Job, obwohl sie bereits innerlich den Entschluss zur Kündigung gefasst haben – entweder bewusst oder auch noch unbewusst.
Der gesellschaftliche Druck und die Angst vor der Ungewissheit, vielleicht auch die Hoffnung auf Besserung der Situation, sind zu Beginn häufig noch zu hoch, um einen unbefristeten Arbeitsvertrag aufzugeben.
Betroffene warten daher meist so lange, bis der Leidensdruck zu groß wird und ihnen mental oder gesundheitlich keine andere Wahl als die Kündigung mehr bleibt. Manch einer erwirkt sogar durch sein (Fehl-) Verhalten absichtlich die arbeitgeberseitige Kündigung.
Der Idealfall: Kündigung mit neuem Job in der Tasche
Es ist ja auch durchaus verständlich, dass nicht jeder Mensch ein geborener Risk-Taker ist. Die meisten Arbeitnehmer möchten das Risiko bei ihrer Kündigung daher bestmöglich minimieren. Wie das geht? Ganz einfach: Indem du bereits einen neuen Job hast. Das bedeutet allerdings auch, dass du dich schon während deiner Festanstellung nach einem neuen Arbeitsplatz umsehen und daher beim Bewerbungsprozess besondere Vorsicht walten lassen musst, damit dein bisheriger Arbeitgeber nicht von deinem geplanten Jobwechsel erfährt.
Zudem solltest du dich nicht auf mündliche Zusagen verlassen, sondern erst dann die Kündigung deiner alten Anstellung einreichen, wenn du den Arbeitsvertrag für den neuen Job bereits unterzeichnet hast. So viel zum idealen Stellenwechsel. Allerdings gibt es auch Kündigungsgründe, welche den Sprung ins Ungewisse ohne neuen Job in der Tasche rechtfertigen. Hierzu gehören:
10 wirklich gute Gründe für die arbeitnehmerseitige Kündigung
1. Reißleine ziehen, wenn die Gesundheit zu leiden beginnt
Sobald du deine Gesundheit in Gefahr siehst, solltest du sofort zur Kündigung greifen, selbst ohne neuen Job in der Hinterhand. Hierzu gehören sowohl psychische oder physische Dauerbelastungen, welche sich nun erstmals bemerkbar machen, als auch akute Gefahrensituationen bei der Arbeit, wenn dein Arbeitgeber seinen Pflichten bezüglich des Gesundheitsschutzes nicht (ausreichend) nachkommt. In letzterem Fall musst du nicht einmal die gesetzliche Kündigungsfrist einhalten. Kein Job der Welt wäre dieses Gesundheitsrisiko wert.
2. Wenn Monotonie oder Langeweile zur Belastung werden
Du blickst zu 90 Prozent deiner Arbeitszeit auf die Uhr, folgst mit den Augen dem Weg des Sekundenzeigers und die Zeit bis zum Feierabend scheint immer langsamer zu vergehen? Wenn Langeweile und Monotonie in deinem Job keine Ausnahme, sondern die Regel sind, wird es eindeutig Zeit für neue Herausforderungen in deinem Leben. Monotonie kann nämlich mit der Zeit zum sogenannten „Boreout“ führen und dadurch ähnliche Symptome hervorrufen wie das bekanntere „Burnout“.
Gezielt herbeigeführte Langeweile könnte zudem ein Zeichen dafür sein, dass du von deinen Kollegen oder sogar Vorgesetzten gemobbt wirst. Ein Phänomen, das erst langsam unter dem Namen „Straining“ in der Öffentlichkeit bekannt wird. Du kannst dir zwar Hilfe bei einem Rechtsbeistand suchen, doch vermutlich sparst du dir mit der sofortigen Kündigung eine Menge Zeit, Nerven und Geld. Nutze daher die in deinem Job sinnlos abgesessene Zeit lieber für den beruflichen Aufbruch – und die Zusammenstellung deiner Bewerbungsunterlagen für eine neue Stelle.
3. Die vermeintliche Karriereleiter entpuppt sich als Hamsterrad
Du arbeitest, arbeitest und arbeitest – stets mit dem Ziel des beruflichen Aufstiegs. Die große Karriere vor Augen, musst du aber irgendwann feststellen, dass du eigentlich nur auf der Stelle trittst Bei Beförderungen wirst du stets übergangen oder die Unternehmensstruktur erlaubt von vornherein keinen beruflichen Aufstieg? Du stößt in der Hierarchie an eine unsichtbare Mauer oder dein Vorgesetzter hat dich auf dem Kieker wird dich daher ohnehin niemals für eine Führungsposition in Betracht ziehen? Perspektivlosigkeit in einem Job kann zahlreiche verschiedene Ursachen haben.
Fakt ist aber: Wenn es nicht mehr nach oben geht, kannst du nur zur Seite ausweichen. Manch einmal bedeutet das die interne Versetzung oder Weiterbildung, ein anderes Mal bleibt aber auch die Kündigung der einzige Ausweg. Ein Ausweg, der dir ganz neue berufliche Chancen und Aufstiegsmöglichkeiten offeriert.
4. Absprung von einem sinkenden Schiff
Sobald es für dich absehbar ist, dass das Unternehmen den Bach heruntergeht, könnte für dich der Sprung ins kalte Wasser die letzte Rettung sein, bevor das sinkende Schiff dich mit in den Abgrund zieht. Einen neuen Job musst du dir dann ohnehin suchen, also orientiere dich lieber früher als zu spät neu. Ein der Insolvenz nahender Arbeitgeber wird dir schließlich weder attraktive Perspektiven noch die vermeintliche Sicherheit bieten, welche dich vielleicht bislang von einer Kündigung abgehalten haben. Und auch aus finanzieller Sicht sieht es für alle Beteiligten ziemlich mau aus.
Glücklicherweise gehen derweil aber nur 2,61 Prozent der Deutschen davon aus, dass sie in den nächsten zwei Jahren ihren Job verlieren werden. Bei der drohenden Insolvenz deines Arbeitgebers handelt es sich daher um einen eher seltenen, durchaus aber sehr guten Kündigungsgrund. Daher gilt: Verabschiede dich von deiner Betriebsblindheit und halte die Augen offen!
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5. Du lebst nur noch von Wochenende zu Wochenende
Klar, es ist völlig normal sich auf den Freitag zu freuen und am Montagmorgen nicht unbedingt freudig jubelnd aus dem Bett zu springen. Doch wenn du dich nur noch von Wochenende zu Wochenende oder von Urlaub zu Urlaub hangelst und zwischendrin wie in einem Film in gefühlter Taubheit durch die Arbeit trudelst, sollte das durchaus ein Warnsignal sein. Dann befindest du dich nämlich entweder schon sehr nahe am Burnout, oder aber du hast bei deiner Jobwahl völlig daneben gegriffen und solltest lieber noch einmal über eine berufliche Neuorientierung nachdenken.
Das bedeutet zwar eventuell Einbußen bei deinem aktuellen Lebensstandard, gibt dir aber dafür die Chance auf eine neue Stelle oder einen gänzlich neuen Beruf, der dir Spaß bereitet und einen neuen Sinn im Leben gibt. Gehe also zurück auf „Los“ und suche noch einmal gezielt nach deinem tatsächlichen Traumberuf – deiner „Berufung“.
6. Vermeide Vermeidungsstrategien
Oder steht es um deine psychische Verfassung vielleicht sogar noch schlimmer und du hast bereits damit begonnen, Vermeidungsstrategien zu entwickeln, um nicht mehr zur Arbeit zu müssen? Auch häufige Krankheiten können auf solche unbewussten Vermeidungsstrategien hindeuten, die dein Körper bereits als letzten Hilfeschrei entwickelt. Wenn sich dir bereits bei dem reinen Gedanken an die Arbeit der Magen umdreht oder die Nerven blank liegen, ist es eindeutig an der Zeit für den Notausgang. Solche Vermeidungsstrategien sind häufig Ausprägung völliger Überforderung oder auch von Mobbing.
7. Das schwarze Schaf in deinem Lebenslauf
Eigentlich hast du einen anderen Beruf gelernt, eigentlich hattest du andere Ziele, eigentlich… Es kann durchaus vorkommen, dass die äußeren Umstände deiner Karriereplanung durcheinanderwerfen und du plötzlich einen Job annehmen musst, der deinen „eigentlichen“ Wünschen völlig widerspricht.
Um kurzfristig über die Runden zu kommen, weil ein Umzug zu jener Zeit nicht möglich war oder der ungeplante Nachwuchs nun einmal Windeln und etwas zu Essen braucht, ist das auch absolut verständlich. Das Problem ist, dass sich viele Menschen auf einem solchen falschen Weg verlieren oder sich später schlichtweg nicht mehr trauen, ihre „eigentlichen“ Ziele zu verfolgen.
Wenn dein aktueller Job aber das schwarze Schaf in deinem Lebenslauf darstellt und das Gesamtbild stört oder deinen beruflichen Werdegang in eine völlig falsche Richtung lenkt, wird es Zeit für die Rückbesinnung auf das, was du wirklich willst. Eine Überbrückungslösung sollte nämlich schlussendlich auch einfach nur eine Überbrückungslösung bleiben.
8. Deine Identifikation mit dem Arbeitgeber ist gleich null
Du verspürst keinerlei emotionale Bindung zu deinem Arbeitsplatz? Vielleicht widerstrebt deine Tätigkeit oder die moralischen Werte in deinem Unternehmen sogar völlig deiner Persönlichkeit? Oder es hat sich einfach über die Jahre immer weiter zum Schlechteren verändert, sodass eine einstmals dagewesene Identifikation mittlerweile völlig verschwunden ist? Auch dann solltest du einmal über eine Kündigung nachdenken.
Wer nämlich dauerhaft gegen seine persönlichen Werte und Moral arbeitet, kann damit unmöglich glücklich werden. Und nur wer glücklich ist, kann auch gut in dem sein, was er tut. Auch mit deinen Perspektiven sieht es daher vermutlich eher schlecht als recht aus.
9. Du liebst deine Arbeit, aber deine Arbeit liebt dich nicht
Solltest du hingegen glücklich mit deinem Beruf sein und ihn entsprechend gut machen, durch deinen Arbeitgeber aber keinerlei Wertschätzung erfahren, ist dies auf Dauer ebenso frustrierend. Wenn du aber doch liebst, was du tust und damit erfolgreich bist, warum verkaufst du dich dann unter Wert? Es wird bestimmt zahlreiche andere Unternehmen geben, die sich die Finger nach dir lecken. Wer sich also dauerhaft nicht wertgeschätzt oder sogar durch den Arbeitgeber ausgenutzt fühlt, darf ebenfalls getrost eine Kündigung in Erwägung ziehen.
10. Ganz einfach: Du willst nicht mehr!
Du hast keine Lust mehr? Der Job macht dich nicht glücklich, Du träumen stattdessen von der Selbstständigkeit, einer Weltreise oder möchtest dir einfach einmal klar darüber werden, was du überhaupt vom Leben willst? Dann ist auch das ein durchaus legitimer Kündigungsgrund.
Mit einer Arbeitsstelle ist es ähnlich wie mit einer Liebesbeziehung: Manchmal fühlt man sich bereit, die alte zu beenden, aber noch lange nicht für den Start in eine neue. Also gönne dir die Zeit zum Durchatmen, erhole dich von den eventuellen Belastungen deiner bisherigen Arbeitsstelle und starte dann mit frischer Energie in ein neues Abenteuer. Wo auch immer dieses dich schlussendlich hinführen wird…
Fazit: Die Waagschale aus Mut, Risiko, Sinn und Verstand finden
Ob eine Kündigung für dich die richtige Entscheidung ist, kannst nur du selbst herausfinden. Also blende all die Stimmen aus deinem sozialen Umfeld, deinem anerzogenen Vernunftdenken oder auch deinen Ängsten aus, übe dich in Selbstreflexion und finde deinen persönlichen Karriereweg. Nur so kannst du auf Dauer gesund und glücklich bleiben.
Unbefristete Arbeitsverträge und „Industriebeamte“ gehören ohnehin immer mehr der Vergangenheit an und der Patchwork-Lebenslauf ist das neue „Normal“. Natürlich solltest du aber dennoch stets mit Sinn und Verstand vorgehen und erst einmal prüfen, ob sich dein Kündigungswunsch nicht auch durch eine Mediation, interne Versetzung oder Weiterbildung auflösen lässt.
Unser Tipp lautet daher: Hören auf auf dein Bauchgefühl – und versuche es dann zu verstehen sowie objektiv zu bewerten.
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Dieser Artikel erschien bereits im Dezember 2022 und wurde nun erneut aktualisiert.