Heimlich und leise kommt ein stiller Burnout. Eine gefährliche Form des Ausbrennens, die einen Nervenzusammenbruch nach sich zieht. Auf welche Symptome und Warnzeichen Betroffene achten sollten und wie man sich davor schützt.

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Inhalt
1. Stiller Burnout: Was hat es damit auf sich?
2. Warum bleibt der stille Burnout unbemerkt?
3. Warnzeichen: Wie erkenne ich einen stillen Burnout?
4. Vorbeugung: Wie schütze ich mich vor einem stillen Burnout?
5. Was kann ich tun, wenn ich unter einem stillen Burnout leide?

Stiller Burnout: Was hat es damit auf sich?

Einen typischen Burnout werden Betroffene und ihr Umfeld beizeiten oft bemerken. Anders sieht es beim „stillen Burnout“ aus. Dieser ist besonders verschlagen; das Heimtückische ist seine Unauffälligkeit. Experten sagen, er komme „schleichend“.

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Die Gefahr der Verschleppung ist groß. Stress-Experte und Psychologe Dr. Werner Ehrhardt beschreibt die spezielle Burnout-Form als „Vorstufe der totalen Erschöpfung“, während die wichtigsten Signale unbemerkt bleiben. Quasi die geräuschlose Variante des Burnouts, der sich mit eindeutigen Warnsignalen zeigt.

Es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis Betroffene einen völligen Zusammenbruch erleiden, diesen aber nicht einordnen können, weil er – im Gegensatz zum Nervenzusammenbruch, nachdem ein Burnout bereits ersichtlich war – vermeintlich plötzlich kommt. Aus dem Nichts entsteht dieser jedoch bei Weitem nicht. Er hatte ausreichend Zeit, sich vorzubereiten, um dann mit gewaltiger Wucht zuzuschlagen, weshalb die Folgen des stillen Burnouts emotional überwältigend sein können und oft professionelle Hilfe erfordern.

Warum bleibt der stille Burnout unbemerkt?

Der stille Burnout ist über lange Zeit nicht greifbar, weil Betroffene zumeist diejenigen sind, die in ihrem Job aufgehen. Sie seien mit guter Laune engagiert dabei, so Ehrhardt. Doch das Bild täuscht. Hinter der Fassade der Passion schlummert die Gefahr der geistigen, emotionalen und physischen Erschöpfung. Der stille Burnout kündigt einen baldigen Nervenzusammenbruch an, doch bis dato sind kaum oder nur sehr wenige Symptome, die für einen Burnout typisch sind, zutage getreten, wenn Betroffene munter ihrem Job nachgehen.

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Warnzeichen: Wie erkenne ich einen stillen Burnout?

Weil Berufstätige, die unter einem stillen Burnout leiden, die Warnsignale selbst gut verheimlichen, verdrängen oder gar nicht erst zuordnen können, ist es nicht einfach, rechtzeitig dagegen anzugehen. Ein stiller Burnout kann sich unter anderem anhand folgender Warnsignale bemerkbar machen, die Betroffene zum Schutz ihrer eigenen Gesundheit und Karriere nicht ignorieren sollten:

1. Schlafverhalten: Panisch und unruhig

Kandidaten für einen stillen Burnout seien vor allem diejenigen, die versuchten, sich immer wieder abzulenken. Beim Einschlafen bleibt der Fernseher an. Wer vor dem TV ins Land der Träume wegrutscht, ist laut Psychologen Ehrhardt gefährdet. Zudem ist das Schlafverhalten generell verändert. So wachen Betroffene manchmal panisch auf, um noch die eine oder andere Sache gedanklich abzuhaken oder noch einen Punkt auf der überfüllten To-do-Liste abzuhaken.

Die Stress-Spirale nimmt so ihren Lauf. Denn ein schlechter Schlaf wird dazu beitragen, dass die Erholung ausbleibt und der Alltagsstress sich intensiviert.

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2. Übersteigertes Pflichtbewusstsein ohne Grenzen

Die Arbeit muss erledigt werden, Überstunden müssen geschoben werden, ein Nein gilt nicht: Auch ein übersteigertes Pflichtbewusstsein, das übertriebene Züge annimmt und den Stresspegel erhöht, gilt als Warnsignal für einen stillen Burnout.

Wer davon betroffen ist, tut sich schwer damit, im Job Grenzen zu setzen. Geschieht dies doch, kommen irrationale, kaum zu ertragende Schuldgefühle hoch. Um gegen diese anzugehen, muss alles erledigt werden, was auf dem Plan steht – auch wenn ein solcher Plan für einen Menschen körperlich und mental nicht zu bewältigen ist, ohne einen totalen Zusammenbruch zu riskieren.

3. Soziale Abkapselung: Isolation, um sich von anderen abzuschotten

Weil das Nein-Sagen zur Unmöglichkeit wird, ziehen Menschen mit stillem Burnout sich zurück. Sie können dem Druck nicht standhalten, den sie spüren, aber auch der Beschämung, der sie sich ausgesetzt fühlen, wenn sie Vorgenommenes nicht erreichen.

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Die unerträglichen Gefühle führen zu Stress und zum Bedürfnis, sich von anderen abkapseln zu wollen, um Konfrontation zu vermeiden. Die soziale Isolation zeigt sich zum Beispiel, wenn Geburtstage, Verabredungen und sogar besonders wichtige Termine kurzfristig verlegt oder abgesagt werden. Situationen, die dazu führen könnten, unter Menschen zu sein, werden um jeden Preis vermieden. Ob Familie, Freunde oder Kollegen: Mögliche Folgen sind, dass Beziehungen und Freundschaften auf der Strecke bleiben, in die Brüche gehen oder zumindest unter der Vernachlässigung leiden.

4. Nachlassende Geduld und überhöhte Empfindlichkeit

Schon nach einer Minute nervt es, sich beim Einkaufen anstellen zu müssen, auf den Partner zu warten oder Kollegen zuzuhören? Die Geduldsschwelle sinkt, Geräusche machen einen wahnsinnig und überhaupt stört alles, was in der Umgebung passiert? Auch das können Warnsignale für einen stillen Burnout sein.

Auf diese Weise häufen sich die Warnzeichen, indem Betroffene passiv-aggressiv oder auch direkt und persönlich andere angreifen, sie zum Sündenbock machen und um sich schlagen. Personen, die sonst für ihre Geduld bekannt sind, können nicht mehr an sich halten und platzen regelrecht. Doch als Zeichen für einen drohenden Zusammenbruch wird dies nicht immer gedeutet. Wer sich anders verhält, schiebt die Verhaltensänderung auf Stress, das Alter, die Lebensphase, die Wechseljahre, die Midlife-Crisis – und so weiter.

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5. Psychosomatische Auffälligkeiten

Kopfschmerzen, Blasenschwäche, Rückenbeschwerden und andere körperliche Auffälligkeiten können ein Zeichen für psychischen Stress sein, wenn ärztlich abgeklärt werden kann, dass sich dahinter keine organischen Ursachen verbergen. Psychosomatische Probleme gehören damit ebenfalls zu den ernstzunehmenden Warnsignalen für einen stillen Burnout.

6. Aktivitätsniveau bleibt hoch – und sinkt später ab

Nicht immer muss mentale und körperliche Erschöpfung bedeuten, dass wir eine verminderte Leistungsfähigkeit zeigen. Im Gegenteil: Beim stillen Burnout arbeiten wir weiter, oft unverändert. Das Aktivitätsniveau bleibt damit weiterhin hoch, was der inneren Unruhe und Rastlosigkeit zuzusprechen ist.

Danach kann das Leistungsniveau jedoch plötzlich abfallen, wenn ein Nervenzusammenbruch bevorsteht. Wer sich nicht mehr konzentrieren kann und merkt, dass Kraft, Motivation und Produktivität nachlassen, steuert auf eine völlige Erschöpfung zu.

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7. Bitterböse, zynisch, verbissen

Seitenhiebe anderen gegenüber gehören nun zum Alltag. Ein stiller Burnout kann sich auch äußern, wenn wir anfangen, Druck abzulassen, aber unberechtigterweise bei anderen. Bitterböse Bemerkungen, die Kollegen, Partner und Freunde verletzen, verbissene Aussagen und Zynismus werden zum Dauerbegleiter. Kurz: Unsere Gesellschaft ist nicht mehr sonderlich angenehm für andere, was dazu führen kann, dass diese sich von uns abwenden.

Vorbeugung: Wie schütze ich mich vor einem stillen Burnout?

Um sich selbst zu schützen, spielen folgende Faktoren eine wichtige Rolle in unserem Berufs- und Privatleben:

  • Eigene Erwartungen reflektieren: Persönliche Zielsetzungen sollte immer realistisch bleiben. Niemand ist perfekt – und wird es auch niemals sein.
  • Entspannung und Erholung: Gönnst du dir genügend Pausen während und nach der Arbeit?
  • Achtsamkeit: Ob körperliches Wohlbefinden oder wiederkehrende Gedanken – es ist wichtig, achtsam mit Körper und Psyche umzugehen, genau hinzuhören und bei Bedarf zu reagieren.
  • Lifestyle: Schlaf, Ernährung, Bewegung, Ruhe – wer vorbeugend handeln will, sollte seinen Lebensstil reflektieren, Stressoren und negative Einflüsse erkennen und ihnen auf den Grund gehen.
  • Stressmanagement: Berufliche und private Beziehungen können mitunter dafür verantwortlich sein, dass wir permanent gestresst sind. Schlägt positiver Stress in negativen um, kann dies körperliche und psychische Folgen haben. Wer vorbeugend handeln will, beschäftigt sich deshalb mit seinem individuellen Stressmanagement.

Was kann ich tun, wenn ich unter einem stillen Burnout leide?

Wer Warnsignale wahrnimmt, sollte schleunigst handeln, denn oft können völlige Erschöpfung, Nervenzusammenbruch und Arbeitsunfähigkeit so rechtzeitig verhindert werden. Eine Änderung des Lebensstils, Gespräche mit Freunden und auch eine Psychotherapie, möglicherweise Veränderungen im Beruf, die mit Arbeitgeber oder Chef besprochen werden, vielleicht sogar eine Auszeit – alles hilft. Bei körperlichen Beschwerden ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen, um die Ursachen abklären zu lassen.

Jetzt ist Geduld gefragt, vor allem mit dir selbst: Um deine Gesundheit und dich zu schützen, solltest du dir bewusst machen, dass Veränderungen nicht immer sofort eintreten und der erste Schritt zur Besserung ist, Warnsignale nicht länger zu ignorieren.

Bild: LaylaBird/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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