Rund 58 Prozent der Menschen, die ihren Job wechseln, fangen in einer völlig anderen Berufsgruppe neu an. Das ist gut für die Wirtschaft, aber schlecht für einige besonders belastete Branchen. Denn ausgerechnet dort, wo Personal fehlt, bleiben Quereinsteiger oft außen vor.

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Jobwechsel bringt Bewegung – aber nicht überall

Grundlage der Indeed-Analyse sind über eine Million anonymisierte Lebensläufe von Nutzerinnen und Nutzern aus Deutschland. Die Ökonomin Dr. Virginia Sondergeld hat diese Daten zwischen Januar 2022 und Dezember 2024 ausgewertet. Das Ergebnis: Monatlich wechselt etwa 1,9 Prozent der Erwerbstätigen ihren Job – das entspricht etwa einer von fünfzig Personen. In manchen Branchen liegt die Wechselquote sogar deutlich darüber.

Am mobilsten sind klassische Büroberufe: Im Personalwesen etwa liegt die monatliche Wechselrate bei 2,9 Prozent, in den Bereichen Kundenservice sowie Daten & Analytics bei je 2,6 Prozent. Wer in diesen Berufen arbeitet, wechselt nicht nur häufiger, sondern auch eher das Berufsfeld. Quereinstiege sind hier die Regel statt die Ausnahme.

In diesen Branchen ist der Quereinstieg besonders selten

Ganz anders sieht es in den medizinischen, technischen und pädagogischen Berufen aus. Dort ist die berufliche Mobilität nicht nur geringer – auch der Einstieg von außen ist selten. In der Zahnmedizin etwa liegt der Anteil der Quereinsteiger bei nur 18,6 Prozent, in der Pflege bei 21,5 Prozent. Auch Pharmazie, Therapie, Kinderbetreuung und sogar die Softwareentwicklung liegen unter der 30-Prozent-Marke. Das heißt: In diesen Berufen bleibt man meist unter sich – Quereinstieg ist die Ausnahme.

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Fachkräftemangel trifft auf geschlossene Systeme

Diese geringe Durchlässigkeit ist besonders problematisch in jenen Branchen, die schon heute stark vom Fachkräftemangel betroffen sind, etwa Pflege, Medizin oder Erziehung. Denn hier fehlt es nicht nur an Personal, sondern auch an der Flexibilität des Systems.

„Hohe Qualifikationsanforderungen in regulierten Berufen haben natürlich ihren Sinn“, sagt Dr. Virginia Sondergeld. „Sie sichern die Qualität. Doch das gelingt nur, solange auch genug Fachkräfte verfügbar sind.“

Ein Arbeitsmarkt, der sich nicht öffnet, läuft aber Gefahr, sich selbst zu blockieren. Und das ist keine Zukunftssorge mehr, es ist ein aktuelles Problem, das sich durch den demografischen Wandel weiter verschärfen wird.

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Es geht auch anders: Logistik, Management, Versicherungen

Dass es anders geht, zeigen andere Branchen. In der Logistik etwa stammen mehr als 54 Prozent der Neueinsteiger aus anderen Berufsfeldern – ein Spitzenwert. Auch im Management (52 Prozent), Projektmanagement (50,2 Prozent) und im Versicherungswesen (51,5 Prozent) sind Quereinstiege gängige Praxis.

Diese Berufe haben eines gemeinsam: Sie setzen weniger auf formale Qualifikationen und mehr auf übertragbare Kompetenzen – Organisation, Kommunikation, Planung. Das macht sie attraktiver für Berufserfahrene, die sich verändern wollen.

Wer bleibt, wer geht – was Austrittsraten über Branchen verraten

Neben den Eintrittsraten wurden auch die Austrittsraten analysiert. Auch hier zeigen sich große Unterschiede. Besonders stabil ist die Softwareentwicklung: Nur 31 Prozent der Entwickler, die kündigen, verlassen das Berufsfeld. In der Pflege (35 Prozent), Therapie (36 Prozent) und Pharmazie (42 Prozent) ist die Bindung ähnlich stark.

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Hingegen zeigen künstlerische und soziale Berufe eine hohe Fluktuation: 81 Prozent der Beschäftigten in Kunst, Kultur oder Sozialwissenschaften kehren dem Berufsfeld beim Jobwechsel den Rücken. Auch Sport (78 Prozent) und Sozialarbeit (76 Prozent) verzeichnen sehr hohe Austrittsraten. Das lässt auf strukturelle Probleme schließen, etwa geringe Bezahlung, begrenzte Perspektiven oder mangelnde Anerkennung.

Weniger Hürden, mehr Bewegung

Was folgt daraus? Der deutsche Arbeitsmarkt braucht „Bewegung und Balance“. Jobwechsel sind wichtig, nicht nur für das Individuum, sondern auch für die Gesamtproduktivität. Denn wenn Menschen dort arbeiten, wo ihre Fähigkeiten am besten passen, steigt die Effizienz.

Doch gleichzeitig warnt sie davor, regulierte Berufe zu sehr abzuschotten: „Umschulungen sowie Anerkennungs- und Qualifizierungsverfahren sollten vereinfacht und beschleunigt werden“, fordert sie, besonders für medizinische Berufe wie die Pflege. Nur so lasse sich der Fachkräftemangel nachhaltig bekämpfen.

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Was heißt das für dich – und für uns alle?

Vermehrte Jobwechsel sind Ausdruck eines dynamischen Arbeitsmarkts. Dass so viele Menschen auch das Berufsfeld wechseln, zeigt: Flexibilität ist möglich und oft sogar gewünscht. Doch sie endet zu oft an den Grenzen formaler Qualifikationen.

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