Zwischen 30 und 45 Jahren bekommen es so einige Berufstätige mit einem „Monster“ zu tun: Die sogenannte Mid-Career-Crisis tritt in Erscheinung. Das Karrieretief hat unterschiedliche Gesichter – und äußert sich auf emotionaler und manchmal auch körperlicher Ebene.

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Wenn die Mid-Career-Crisis mit voller Wucht zuschlägt

Eigentlich bist du ganz zufrieden. Die Karriere läuft. Ein Blick auf dein Bankkonto zeigt dir, dass das Geld stimmt – und du kommst sogar als Kandidat für eine Beförderung in den engeren Auswahlkreis. Trotzdem grübelst du, weil du innerlich spürst, dass etwas nicht in Ordnung ist? Dann steckst du vermutlich schon mitten im Karrieretief.

Experten sprechen von einer sogenannten „ Mid-Career-Crisis“. So erklärt Diplom-Psychologie Tom Diesbrock zum Beispiel, dass es sich um eine echte Krisensituation handelt. Menschen, die unter einer Mid-Career-Crisis leiden, erkennen in ihrem ausgeführten Job demnach keine Sinnhaftigkeit mehr.

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Bei der Mid-Career-Crisis handelt es sich um eine Sinnkrise

Nur wer Sinn in einer Aufgabe erkennt, kann sein Wohlbefinden und seine Motivation steigern. Diese These stützt ein Forschungsergebnis der University of California San Diego School of Medicine. Wissenschaftler fanden heraus: Lediglich Menschen, die auf der Suche nach Sinn im Leben sind und diesen finden, fühlen sich körperlich und psychisch wohl. Ist dies nicht der Fall, kann es zu Beschwerden kommen.

Die 4 häufigsten Anzeichen eines Karrieretiefs:

  1. Die Rahmenbedingungen stimmen, aber du verspürst dennoch eine innere Unruhe.
  2. Deine Arbeit macht dich nicht mehr so glücklich wie früher.
  3. Du leidest unter seelischen und/oder körperlichen Beschwerden, welche im Zusammenhang mit deinem Arbeitsplatz stehen könnten.
  4. Du hast den großen Drang, dich beruflich neu zu erfinden, obwohl du schon viel erreicht hast.

Häufig ein Tabu: Das „Monster“ Karrieretief

Wer erfolgreich eine Ausbildung oder ein Studium absolviert hat und mittlerweile mit knapp 40 Jahren schon etwas länger erfolgreich im Berufsleben steht, könnte sich grundsätzlich glücklich schätzen. Eine Karriere bedeutet auch, einen gewissen Status erreicht zu haben. Was hierbei aber problematisch ist: Die gesellschaftliche Norm, erst beruflich erfolgreich sein zu müssen, um glücklich zu werden, stützt das Statussymbol „Karriere“.

Ergo: Nur wer beruflich erfolgreich ist, kann mitreden.

Was aber, wenn dich die Sehnsucht nach etwas Neuem packt? Häufig handelt es sich beim Thema Mid-Career-Crisis um ein Tabu – denn wer das „Monster“ thematisiert, muss mit spitzen Bemerkungen und Seitenhieben rechnen. So solle man zum Beispiel doch lieber dankbar sein für das, was man aktuell habe. Oder: Andere Menschen würden alles dafür tun, um den Job zu bekommen, den man selbst ausüben dürfe. Beschämung führt oft dazu, dass Betroffene ihre Gedanken und Gefühle für sich behalten. Das Resultat: seelische Beschwerden, innere Unruhe und sogar körperliche (psychosomatische) Probleme.

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Wieso tritt die Mid-Career-Crisis ein?

Wenn du unter Konzentrationsproblemen oder Antriebs- und Schlaflosigkeit leidest, sind es „nur“ die Auswirkungen deiner Mid-Career-Crisis. Die Ursachen liegen woanders: Psychologen vermuten, dass es zu einem Karrieretief kommt, weil wir uns stetig weiterentwickeln. Sind die aktuellen Berufsanforderungen nicht mehr das, was wir uns für unser heutiges Leben vorstellen, verlieren wir das Interesse:

  • Der Job kann unterfordernd sein oder du wünschst dir als Elternteil mehr Zeit für die Familie.
  • Der Beruf ist zur Gewohnheit geworden und dir fehlen die Herausforderungen.
  • Du wolltest schon immer eine Führungsposition haben, aber jetzt, wo du sie hast, suchst du nach einem neuen Ziel.

Das Monster bei den Hörnern packen: Warum die Mid-Career-Crisis eine Chance sein kann

Wer 30, 35 oder auch 45 Jahre alt ist, weiß mittlerweile, dass Krisen im Leben immer auch eine Chance sein können. Wieso also das Ungeheuer nicht packen und das Tief als Chance nutzen, seinen neuen Sehnsüchten und Wünschen nachzukommen? Spätestens jetzt spürst du vielleicht, dass dieser Schritt Mut erfordert. Veränderungen bringen Ungewissheit mit sich – und der Mensch ist bekanntlich nun mal ein „Gewohnheitstier“. Darin besteht der Hauptkonflikt im Kampf mit uns selbst:

Wir sehnen uns nach Veränderung, fürchten uns aber vor den möglichen Konsequenzen.

Hast du deinen Job bereits gekündigt, gehörst du zu den ganz Mutigen.

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Wenn du dich traust, die Krise als Chance zu nutzen, profitierst du von folgenden Vorteilen:

  • Du brichst aus alten Mustern und Gewohnheiten aus.
  • Du traust dich, einen Job zu suchen, welcher weniger „Status“ verspricht, dich dafür aber innerlich erfüllt.
  • Du findest neue Wege, dein eigenes Business zu starten oder Familie und Karriere unter einen Hut zu bekommen.
  • Du bist neugierig auf Neues und lernst dich von einer anderen Seite kennen.

Lösungen: Das kannst du gegen dein Karrieretief unternehmen

Zunächst gilt es, herauszufinden, ob du dich tatsächlich in einer Mid-Career-Crisis befindest. Klar ist: Leidest du schon etwas länger unter besagtem Zustand, wird es höchste Zeit, etwas zu unternehmen. Unsere Tipps für dich:

Professionelles Coaching:

Suche eine Beratungsstelle oder ein Coaching auf, um dir helfen zu lassen. Heute findest du einige seriöse Angebote, unter anderem von professionellen Coaches und Therapeuten, welche dich auf deinem Weg und während deiner Findungsphase begleiten. Ehrliches Feedback kann in Krisensituationen befreiend wirken.

Rücksprache mit den Arbeitskollegen halten:

Du siehst eine Fliege an der Wand, aber deine Kollegen sehen stattdessen einen dunklen Staubfleck? Manchmal täuscht uns unsere Wahrnehmung. Behalte deine Gedanken nicht nur für dich, wenn du dich innerlich angespannt fühlst. Teile deine Gedanken mit deinem Lieblingskollegen – und hole dir eine zweite Meinung zur Situation ein. Nicht selten versinken wir so tief in unsere Grübelgedanken, dass wir nicht mehr wahrnehmen, was unsere Stärken sind und warum wir unseren Job im Grunde schätzen.

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Abstand gewinnen und die Situation reflektieren:

Es hilft alles nicht? Dann wird es Zeit, räumlichen Abstand zu gewinnen. Lege eine Pause ein, greife auf Urlaubstage zurück – und reflektiere während deiner arbeitsfreien Zeit, wie es dir geht. Beantworte dafür folgende Fragen:

  • Würde es dir helfen, einen anderen Posten im Beruf einzunehmen?
  • Hast du bereits neue Jobs in Aussicht, die dich eher anziehen?
  • Geht es dir während der arbeitsfreien Zeit körperlich und seelisch besser oder schlechter?
  • Was passiert, wenn du deinen Beruf kündigst?
  • Arbeitest du „nur“ aus Gewohnheit und/oder finanzieller Not?

Das Monster ist ungefährlich – aber nicht ganz egal

Ökonom Hannes Schwandt, welcher an der Northwestern University in den USA forscht, lässt frohe Botschaft verkünden: Seiner Aussage nach würden verschiedene Studien belegen, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit aus statistischer Sicht zwar mit 30 bis 40 Jahren abnimmt. Also genau während des Beginns der Mid-Career-Crisis. Mit 50 Jahren würde diese aber wieder ansteigen und sich auf einem Level einpendeln, wie wir sie aus jungen, zufriedenen Jahren kennen. Nach dem Tief gibt es demnach eine Aussicht auf ein besonderes Hoch.

Fazit: Wenn du die Mid-Career-Crisis genauer betrachtet, ist sie im Grunde nicht giftig, aggressiv oder angsteinflößend – sondern ein freundlicher Reminder, der dich daran erinnert, wo du beruflich im Leben stehst. Eine große Chance also, deine Position zu reflektieren und zu schauen, ob deine eigenen Werte zu deinem aktuellen Beruf passen.

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Bildnachweis: Foto von Andrea Piacquadio von Pexels

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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