In vielen Teams gibt es Menschen, die scheinbar immer etwas zu kritisieren haben. Die Arbeitsbelastung sei zu hoch, die Prozesse zu chaotisch, die Kommunikation schlecht und der Kaffee kalt. Unzufriedenheit wird nicht intern reflektiert, sondern permanent nach außen getragen – häufig ungefragt und mit spürbarer Energie. Der Effekt ist klar: Wer täglich mit solchen Kommentaren konfrontiert wird, spürt, wie Motivation und Leichtigkeit schwinden.

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Besonders belastend ist dabei weniger der Inhalt der Kritik als die ständige Wiederholung, die Schwere im Ton und das völlige Fehlen von Lösungsorientierung. Mit der Zeit wird aus individuellem Frust ein kollektiver Stimmungseinbruch – vor allem dann, wenn sich das Nörgeln in Routinen einnistet: beim Pausenplausch, im Gruppenchat oder als ständiger Unterton im Arbeitsalltag.

Warum Nörgeln mehr ist als schlechte Laune

Andauerndes Nörgeln ist kein Ausdruck von Meinungsstärke, sondern ein Signal innerer Unzufriedenheit. Psychologisch betrachtet ist es oft ein Ventil – für Ohnmacht, mangelnde Kontrolle oder ungelöste Konflikte. Manche Menschen nutzen Klagen als Bewältigungsstrategie, andere suchen über das Teilen ihrer Unzufriedenheit Anschluss oder Aufmerksamkeit.

Viele Dauer-Nörgler sind dabei nicht grundsätzlich destruktiv. Häufig liegt die Ursache tiefer – in biografischen Erfahrungen, die geprägt sind von Abwertung, Dauerstress oder nie erfüllten Erwartungen. Wer in der Vergangenheit selbst immer wieder kritisiert, übergangen oder nicht ernst genommen wurde – sei es durch das Elternhaus, frühere Führungskräfte oder im sozialen Umfeld – entwickelt mitunter eine Haltung, in der ständige Kritik zur Selbstbehauptung wird. Nörgeln verschafft so kurzfristig Kontrolle.

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Und: Nörgeln ist bequem. Es braucht keine Lösung, keine Verantwortung, kein Risiko. Wer nur benennt, was schlecht läuft, muss nicht zeigen, wie es besser geht.

Und genau das macht es so verführerisch – vor allem in Arbeitsumfeldern, in denen Eigeninitiative wenig belohnt oder gar nicht erst gefragt ist.

Problematisch wird das dann, wenn das Verhalten chronisch und folgenlos bleibt. Denn je häufiger negative Haltungen geäußert werden, ohne dass sie in Reflexion oder Veränderung münden, desto stärker festigt sich die Haltung selbst. Das Team gewöhnt sich an den „Negativsender“ – und verliert gleichzeitig die Energie, ihm aktiv etwas entgegenzusetzen.

Die Wirkung auf das Team: unterschätzt, aber real

Emotionen sind ansteckend – das ist wissenschaftlich belegt. Wer täglich mit Negativität konfrontiert wird, spürt früher oder später selbst ein Absinken der Stimmung. Häufig entstehen auch Mikrospannungen im Team: Einige versuchen, das Nörgeln zu ignorieren. Andere stimmen aus Höflichkeit mit ein. Wieder andere reagieren mit passiver Aggression. Was fehlt, ist eine klare Linie.

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Langfristig leidet nicht nur das Miteinander, sondern auch die psychologische Sicherheit im Team. Mitarbeitende achten stärker darauf, was gesagt werden darf. Kritik wird nicht mehr differenziert betrachtet, sondern mit Dauerfrust gleichgesetzt. Die Gefahr: Wirklich relevante Hinweise und berechtigte Sorgen gehen in der Geräuschkulisse unter.

Wie sollte man auf Nörgler im Team reagieren?

Ständiges Nörgeln lässt sich nicht abstellen wie ein Radiosender. Aber es lässt sich professionell begrenzen. Entscheidend ist dabei, dass Sie die Kontrolle über Ihre Reaktion behalten – und die Energie nicht weiter verstärken.

  • Distanz schaffen – innerlich und äußerlich: Sie müssen nicht jede Bemerkung kommentieren oder sich einlassen. Ein schlichtes „Aha“ oder ein Themenwechsel reichen oft aus.
  • Keine Bühne bieten: Vermeiden Sie es, auf negative Aussagen ausführlich zu antworten – besonders in Gruppen. Dadurch entziehen Sie dem Verhalten Resonanz.
  • Fragen stellen, die in Verantwortung führen: „Was wäre für dich eine Alternative?“ oder „Was wäre ein erster Schritt?“ – solche Fragen machen klar: Wer kritisiert, soll mitdenken.
  • Grenzen kommunizieren: Wenn das Nörgeln in Gesprächen überhandnimmt, darf das angesprochen werden. Etwa: „Ich merke, du bist oft unzufrieden. Ich bin offen für Ideen – aber reine Klage zieht mich runter.“
  • Verstärkung im Team suchen: Sprechen Sie das Thema in vertrauensvollen Runden an – oft geht es anderen ähnlich, und eine gemeinsame Haltung entlastet.

Wann Handlungsbedarf auf Teamebene besteht

Wenn das Nörgeln einzelner Personen über längere Zeit das Klima prägt, ist das kein individuelles Problem mehr – sondern eine Führungsaufgabe. Spätestens dann sollten regelmäßige Teamreflexionen, moderierte Gespräche oder Feedbackformate etabliert werden.

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Auch Führungskräfte selbst sind nicht frei von dieser Dynamik. Wer als Vorgesetzter ständig jammert, Probleme auf andere schiebt oder Unzufriedenheit vorlebt, verstärkt das Verhalten im Team automatisch. Hier gilt: Die Haltung der Führung beeinflusst maßgeblich die Tonlage der Zusammenarbeit.

Mehr Haltung – weniger Energieverlust

Nörgelnde Kollegen lassen sich nicht ändern. So sind Menschen auch einfach. Aber ihr Einfluss lässt sich steuern. Wer klare Grenzen zieht, das Gespräch in konstruktive Bahnen lenkt und sich von der Nörgelei nicht vereinnahmen lässt, schützt nicht nur die eigene Energie – sondern auch die Leistungsfähigkeit des Teams. Denn was in der Summe zählt, ist nicht das Klagen Einzelner – sondern der Umgang der Gruppe damit.

 

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