Ein Arbeitgeberwechsel findet nicht immer zu Beginn eines neuen Jahres statt. Die Frage, die sich deshalb sehr häufig bei einem Jobwechsel stellt, lautet: Was passiert mit deinem Resturlaub? Kannst du die Ansprüche mit zur neuen Arbeitsstelle nehmen? Und wenn ja, wie können sich die Arbeitgeber wiederum vor doppelten Urlaubsansprüchen schützen?

Wie viel Urlaub steht dir überhaupt zu?

Um zu klären, ob du noch Urlaubsansprüche besitzt und in welcher Höhe, sehen wir uns einmal die gesetzlichen Urlaubsregelungen genauer an. Demnach hast du als Arbeitnehmer in Deutschland einen rechtlichen Urlaubsanspruch von

  • mindestens 24 Tagen pro Jahr bei einer 6-Tage-Woche
  • mindestens 20 Tagen pro Jahr bei einer 5-Tage-Woche
  • mindestens 16 Tagen pro Jahr bei einer 4-Tage-Woche

Umgerechnet auf die Wochenarbeitstage ergibt sich so stets ein Urlaubsanspruch von vier Wochen. Dabei handelt es sich selbstverständlich um bezahlten Urlaub. Außerdem gelten für folgende Personengruppen gesonderte Regelungen:

  • 5 zusätzliche Urlaubstage pro Jahr für schwerbehinderte Mitarbeiter bei einer 5-Tage-Woche
  • 25 Urlaubstage pro Jahr für unter 16-Jährige, 23 Urlaubstage für unter 17-Jährige und 21 Urlaubstage für unter 18-Jährige Jugendliche bei einer 5-Tage-Woche (Stichtag ist das Alter zu Beginn des Kalenderjahres)

Jeder Arbeitsvertrag kann außerdem zusätzliche Urlaubsregelungen enthalten, die über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehen. Mit einem gesamtdeutschen Durchschnitt von 30 Urlaubstagen pro Jahr liegt Deutschland damit übrigens an der Spitze des europäischen Vergleichs. Hinzu kommen durchschnittlich zehn staatliche Feiertage (Schwankungen je nach Bundesland), welche nicht mit dem Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer verrechnet werden dürfen:

Statistik: Durchschnittlicher Jahresurlaub und staatlichen Feiertage in Europa im Jahr 2010 | Statista
Mehr Statistiken findest du bei Statista

Resturlaub in den neuen Job mitnehmen?

Hinsichtlich ihres Urlaubsanspruches geht es den Arbeitnehmern in Deutschland daher so richtig gut. Doch was ist nun eigentlich, wenn du bei einem Arbeitgeberwechsel deinen jährlichen Urlaubsanspruch noch nicht aufgebraucht hast? Prinzipiell hast du gemäß §7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes Anspruch auf Urlaub, der aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht oder nicht gänzlich genommen werden konnte. Dennoch muss hierbei zwischen zwei verschiedenen Fällen unterschieden werden:

Fall 1: Kündigung bis zum 30. Juni

Das Gesetz unterscheidet deinen Anspruch auf Resturlaub nämlich je nachdem, ob du in der ersten oder zweiten Hälfte des Jahres den Arbeitgeber wechselst. Bei einer Kündigung vor dem 30. Juni hast du bei deinem alten Arbeitgeber einen anteiligen Urlaubsanspruch in Höhe von 1/12 des Jahresurlaubs für jeden Monat, den du im Unternehmen beschäftigt warst. Das bedeutet, dass dir dein ehemaliger Arbeitgeber die noch ausstehenden Urlaubstage auszahlen muss. Deinen restlichen Jahresurlaub kannst du dann beim neuen Arbeitgeber geltend machen. Bei diesem hast du nämlich ebenfalls Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat in seinem Unternehmen. Hast du bei deinem alten Arbeitgeber bereits alle Urlaubstage für das Jahr abgegolten, stehen dir bei deinem neuen Arbeitgeber keine Urlaubsansprüche mehr zu. Es sei denn, du triffst im Arbeitsvertrag abweichende Vereinbarungen.

Fall 2: Kündigung ab dem 01. Juli

Trittst du deine neue Anstellung hingegen erst ab dem 01. Juli an, genießt du bei deinem alten Arbeitgeber den vollen Urlaubsanspruch. Voraussetzung hierfür ist, dass du aber bereits seit mindestens sechs Monaten, also seit dem 1. Januar des Jahres, im Unternehmen beschäftigt warst. Ansonsten wird dein Urlaubsanspruch anteilig zu den Monaten verrechnet, welche du im Unternehmen gearbeitet hast. Hast du deinen gesamten Jahresurlaub zum Kündigungstermin also schon verbraucht oder dir auszahlen lassen, hast du im neuen Job jedoch keinen Urlaubsanspruch mehr für das jeweilige Jahr. Da die meisten Unternehmen aber zu Beginn sowieso eine Urlaubssperre von sechs Monaten verhängen, bist du mit der Kündigung ab dem 01. Juli häufig dennoch gut beraten. Dein alter Arbeitgeber stellt dem neuen übrigens eine entsprechende Bescheinigung aus. Tricksen ist also nicht möglich.

Was, wenn du im neuen Job einen höheren Urlaubsanspruch hast?

Prinzipiell steht dir nur der gesetzliche Mindesturlaub zu. Gewährt dir der neue oder alte Arbeitgeber freiwillig mehr Urlaubstage als rechtlich notwendig, können sie auch die Richtlinien beim Ausscheiden aus dem Job individuell festlegen. So verrechnen zum Beispiel viele Arbeitgeber auch höhere Urlaubsansprüche zu jeweils 1/12 mit der im Unternehmen verbrachten Zeit. Andere wiederum, schließen im Aufhebungsvertrag einen Anspruch auf nicht genommenen Urlaub aus. Doch Achtung: Der gesetzliche Mindesturlaub ist davon nicht betroffen. Auch wenn du laut Vertrag auf deinen Anspruch von 30 Tagen Resturlaub verzichtest, müssen die 24, 20 oder 16 (je nach Wochenarbeitszeit) gesetzlichen Mindesturlaubstage abgegolten werden.

Darf der Arbeitgeber zu viel genommene Urlaubstage zurückfordern?

Auch hier sieht die Rechtslage ähnlich aus: Für die gesetzlichen Mindesturlaubstage ist die Antwort ein klares „Nein“. Gemäß § 5 Abs. 3 des Bundesurlaubsgesetzes kann der Arbeitgeber zu viel genommene Urlaubstage nicht zurückfordern. Scheidest du also vor dem 30. Juni aus dem Unternehmen aus, hast aber bereits deinen Jahresurlaub aufgebraucht, musst du keine Schadensersatzzahlungen leisten. Anders ist die Regelung bei freiwillig gewährten Urlaubstagen. Steht dir laut Gesetz 20 Tage Urlaub pro Jahr zu, dein Arbeitgeber gewährt dir aber 25 und diese hast du zum Zeitpunkt der Kündigung bereits aufgebraucht, obwohl du in der ersten Jahreshälfte den Arbeitgeber wechselst und somit keinen vollen Anspruch auf deinen Jahresurlaub hättest, kann der Arbeitgeber Rückzahlungen für die fünf zu viel gewährten Urlaubstage verlangen. Beachte hierzu die entsprechenden Klauseln in deinem Arbeitsvertrag.

Können Arbeitnehmer auf ihren Urlaub verzichten?

Nein, auch das geht laut Gesetz nicht. Die Arbeitnehmer in Deutschland müssen ihren jährlichen Mindesturlaub nehmen, schließlich wurde er aus Arbeitnehmerschutzgründen gesetzlich festgelegt. Das bedeutet, dass du als Arbeitnehmer nicht einfach ganz oder teilweise auf deinen gesetzlichen Urlaubsanspruch verzichten kannst. Eine entsprechende Klausel im Aufhebungs- oder Arbeitsvertrag betrifft ebenfalls nur die zusätzlichen, vom Arbeitgeber gewährten über gesetzlichen Urlaubstage.

So gehst du als Arbeitnehmer vor

  • Mache dich mit den gesetzlichen Regelungen zum Resturlaub vertraut
  • Lege deinen Kündigungstermin wenn möglich auf die zweite Jahreshälfte
  • Prüfe die Vereinbarungen im Tarif- oder Arbeitsvertrag
  • Beachte gegebenenfalls Fristen, je nach Vertrag musst du deine Ansprüche spätestens drei Monate nach Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis geltend machen
  • Lasse dir von deinem bisherigen Arbeitgeber eine Bescheinigung über deinen genommenen Urlaub oder die Auszahlung deiner Urlaubsansprüche im laufenden Kalenderjahr ausstellen
  • Leite diese Bescheinigung an deinen neuen Arbeitgeber weiter

So gehst du als Arbeitgeber vor

  • Fordere eine Urlaubsbescheinigung vom vorherigen Arbeitgeber des neuen Angestellten ein
  • Bis zum Erhalt dieser Bescheinigung kannst du die Bewilligung von Urlaubsansprüchen verweigern
  • Bei höheren als den gesetzlichen Urlaubsansprüchen, halte im Arbeitsvertrag die individuellen Regelungen fest, zum Beispiel bei Arbeitsantritt oder im Fall der Kündigung

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