Unternehmen klagen über Fachkräftemangel, suchen händeringend nach Nachwuchsführungskräften – und verbrennen gleichzeitig ihre besten Leute. Junge Talente werden nicht strategisch aufgebaut, sondern dorthin versetzt, wo es gerade brennt. „High Potentials“ landen in überlasteten Teams, stecken in chaotischen Projekten fest oder übernehmen viel zu früh Führungsverantwortung. Das Ergebnis? Überforderung, Frustration – und eine Abwanderung zum Wettbewerb.
Wenn Unternehmen ihre Talente nicht gezielt fördern, verlieren sie sie. Und was noch schlimmer ist: Sie verhindern, dass aus guten Mitarbeitenden starke Führungskräfte werden.
Führungskräfte von morgen brauchen Entwicklung
In der Theorie haben viele Unternehmen Programme zur Nachwuchsförderung. In der Praxis bedeutet das oft: Der engagierteste Mitarbeiter wird befördert und darf sofort Verantwortung übernehmen. Ohne Schulung, ohne Unterstützung, ohne Strategie. Er soll sich „durchbeißen“ – denn so lernt man es doch am besten, oder?
Nein. Was dabei passiert, ist kein gezieltes Leadership-Training, sondern schlichtes „Ins-Kalte-Wasser-Werfen“. Natürlich lernen junge Führungskräfte unter Druck schnell, aber eben nicht unbedingt das Richtige. Wer nur Probleme lösen muss, entwickelt kein strategisches Denken. Wer ständig Krisen managt, lernt keine nachhaltige Führung. Und wer früh merkt, dass er auf sich allein gestellt ist, beginnt sich umzusehen – und wechselt schneller, als es dem Unternehmen lieb ist. Gute Nachwuchsförderung dagegen funktioniert anders. Sie basiert auf einem klaren Plan, der sicherstellt, dass Talente sich nicht nur beweisen, sondern auch weiterentwickeln können.
High Potentials richtig fördern – 3 Ansätze
1. Klare Entwicklungspfade statt schneller Beförderungen
Ein häufiger Fehler in Unternehmen: Junge Talente werden einfach „ins nächste Loch gestopft“. Ein Teamleiter fällt aus? Die beste Nachwuchskraft muss ran. Ein kritisches Projekt droht zu scheitern? Der engagierteste Junior übernimmt.
Das Problem: So lernen Talente vor allem, Brände zu löschen – nicht, wie sie nachhaltige Führungspersönlichkeiten werden.
Stattdessen braucht es:
- Geplante Entwicklungsschritte: Führung muss gezielt erlernt werden – durch Training, Erfahrung und Mentoring.
- Strategische Einsätze: Wer Karriere machen will, muss verschiedene Unternehmensbereiche kennenlernen – nicht nur dort arbeiten, wo es gerade brennt.
- Nachhaltiges Mentoring: Ein erfahrener Mentor hilft, Herausforderungen zu reflektieren und nicht in typische Fallen zu tappen.
2. Mehr als nur Verantwortung: Balance zwischen Fordern und Fördern
Viele Unternehmen erwarten von jungen Führungskräften vollen Einsatz, ohne ihnen echte Unterstützung zu geben. Doch Leadership wird meist nicht in die Wiege gelegt – es ist ein Handwerk, das erlernt werden muss.
Erfolgreiche Nachwuchsförderung braucht:
- Zeit für Weiterbildung: Seminare, Coachings und Führungstrainings sollten selbstverständlich sein – nicht ein „Nice-to-have“.
- Fehlertoleranz: Entwicklung bedeutet, Fehler zu machen. Wer sofort für jedes Missgeschick abgestraft wird, lernt nur eines: bloß nichts riskieren.
- Ehrliches Feedback: Viele Nachwuchsführungskräfte bekommen nur vage Rückmeldungen. Doch genau das ist entscheidend: Was läuft gut? Was nicht? Wo gibt es Potenzial?
3. Perspektiven bieten – nicht nur Aufgaben verteilen
Junge Talente brauchen eine klare Vorstellung davon, was möglich ist. Oft erleben sie jedoch das Gegenteil: Sie werden mit anspruchsvollen Aufgaben überhäuft, um sich beweisen zu können, aber niemand spricht mit ihnen über ihre langfristige Perspektive.
Wichtige Fragen, die Unternehmen beantworten müssen:
- Welche Karrierewege sind realistisch?
- Welche Zeithorizonte gelten?
- Welche Erwartungen hat das Unternehmen – und was bekommen sie dafür?
Die größte Gefahr: Arroganz und Ungeduld
Nicht nur Unternehmen stehen in der Verantwortung – auch junge Talente selbst müssen sich entwickeln. Wer früh erfolgreich ist, neigt schnell dazu, sich für unersetzlich zu halten. Man hat’s ja drauf. Viele High Potentials erwarten all zu rasche Karriereschritte.
Drei entscheidende Faktoren für langfristigen Erfolg:
- Kritikfähigkeit: Führung bedeutet, sich ständig zu hinterfragen und Kritik ernst zu nehmen, um daran zu wachsen.
- Demut: Erfolge kommen selten allein – starke Teams sind oftmals der eigentliche Grund.
- Durchhaltevermögen: Eine Karriere läuft nicht im Sprint. Wer langfristig erfolgreich sein will, muss auch Geduld mitbringen.
Junge Talente nicht verheizen, sondern strategisch entwickeln
Unternehmen, die ihre High Potentials als „Lückenfüller“ betrachten, werden schnell feststellen, dass sie bald niemanden mehr haben. Gute Nachwuchsförderung ist keine Nettigkeit, sondern eine Investition in die Zukunft des Unternehmens.
Denn eines ist sicher: Wenn die besten Leute keine Perspektive sehen, werden sie woanders hingehen. Und dann bleibt genau das übrig, worüber sich viele Unternehmen beklagen – ein echter Fachkräftemangel.