Weniger als 30 Minuten. So lange braucht der durchschnittliche Bewerber in Deutschland, um seinen Lebenslauf zu erstellen. Kein stundenlanges Feilen an Formulierungen, keine nervenzehrende Odyssee durch Word-Vorlagen – sondern: effizient, fokussiert, routiniert.

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Fast 700.000 Lebensläufe, die zwischen Oktober 2023 und September 2024 mit dem digitalen CV-Builder von LiveCareer erstellt wurden, zeigen: Jobsuchende wissen ziemlich genau, was gefragt ist. Sie liefern – aber nach einem Muster, das auffallend einheitlich ist.

Verwandelt sich die Bewerbung gerade in ein datengetriebenes Standardprodukt – und verlieren wir dabei das eigentlich Menschliche aus dem Blick?

9 Jahre Erfahrung, 7 Skills, 28 Minuten Aufwand

Der durchschnittliche Bewerber in Deutschland bringt heute knapp 109 Monate Berufserfahrung mit – das entspricht gut 9 Jahren im Job. Sein Bildungsweg? Stabil: Meist Abitur oder ein höherer Abschluss. Er spricht neben Deutsch auch Englisch (30,1 %), in Einzelfällen Französisch (6,1 %) – und listet im Schnitt 6,95 Fähigkeiten auf. Die beliebtesten: Teamfähigkeit, Zuverlässigkeit, Flexibilität, Belastbarkeit, Lernbereitschaft.

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Ein beeindruckendes Profil? Vielleicht. Aber vor allem: ein ziemlich gleichförmiges.

Die Daten zeigen auch, dass die Mehrheit der Bewerber aus dem Dienstleistungssektor kommt – aus Büros, Läden, Gastronomie oder Logistik. Wer sich heute bewirbt, bewegt sich in einem Arbeitsmarkt, der vor allem Soft Skills verlangt – und das wissen die Menschen offenbar genau. „Teamfähig“ ist das neue „qualifiziert“.

„Soft Skills wie Teamfähigkeit, Flexibilität und Lernbereitschaft sind heute entscheidend. Unternehmen suchen keine perfekten Lebensläufe – sondern Menschen, die sich schnell anpassen und bereit sind, weiterzulernen.“
– Daria Tecza, Leitende Spezialistin für Talentakquise

Die Anpassungsfähigkeit wird zur neuen Kernkompetenz.

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Lebenslauf auf Autopilot: Wenn Bewerbung nur noch Output ist

Der Lebenslauf als kreativer Akt? Fehlanzeige. Im Schnitt dauert es 27,87 Minuten, bis ein Bewerber seine Unterlagen erstellt hat. Der CV umfasst 371 Wörter, enthält kaum Zertifikate (Ø 0,36) – und wird dabei oft mit digitalen Tools erstellt, die Struktur, Layout und Formulierungen gleich mitliefern.

Die Konsequenz: Bewerbungen ähneln sich immer mehr – im Aufbau, im Inhalt, im Ton.

Was auf den ersten Blick nach Professionalisierung aussieht, wirft bei genauerem Hinsehen eine Frage auf: Verlernen wir gerade, uns wirklich authentisch zu positionieren?

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Denn Standardisierung spart Zeit – aber sie nivelliert auch. Wenn alle die gleichen Floskeln, die gleichen Skills und das gleiche Format nutzen, bleibt am Ende genau das auf der Strecke, was gute Bewerbungen ausmacht: Persönlichkeit, Haltung, Kontext.

Natürlich: Die Digitalisierung macht vieles einfacher – und sie ist unverzichtbar. Aber: Wer sich nur auf Vorlagen und KI verlässt, bewirbt sich schnell wie auf Autopilot.

Wer auffallen will, muss authentisch sein

Wenn alle Bewerbungen strukturiert, professionell und effizient sind, wird Individualität zum knappsten Gut. In einem Markt, in dem sich Lebensläufe immer stärker ähneln, liegt der Unterschied nicht mehr in der Anzahl der Skills, sondern in deren Relevanz. Nicht mehr in der Länge des Textes, sondern in der Klarheit der Aussage.

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Für Bewerber bedeutet das: Nicht mehr, sondern präziser. Drei bis fünf gut gewählte Fähigkeiten sagen mehr als sieben generische. Ein ehrlicher und authentischer CV wirkt überzeugender als einer, der „alles richtig“ macht.

Und für Unternehmen? Die müssen lernen, tiefer zu schauen. Wer Bewerber nur nach Schlagworten filtert, übersieht oft das Wichtigste: Potenzial. Lernfähigkeit. Kontext.

Gerade bei Soft Skills ist das entscheidend. Wer heute „teamfähig“ angibt, meint damit oft etwas völlig anderes als der Nächste. Was wirklich gemeint ist, zeigt sich erst im Gespräch, nicht im Lebenslauf. Recruiter sollten deshalb mehr zuhören als suchen – und den Mut haben, auch mal hinter den CV zu schauen.

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