Unter Zeitdruck konzentriert arbeiten, wenig Zeit für Familie und Freunde haben. Und am Abend erschöpft ins Bett fallen, um am nächsten Tag wieder in den alltäglichen Trott des Arbeitswahnsinns zu starten. Klar ist: Arbeit füllt das Bankkonto und den Kühlschrank – saugt uns in einer leistungsorientierten Gesellschaft aber oft bis zur Erschöpfung leer. Nicht nur Angestellte leiden unter den psychischen Folgen des Leistungsdrucks. Auch Führungskräfte kommen an ihre Grenzen. In Schweden soll eine alte Tradition, die sich „Lillördag“ nennt, die Arbeitswoche regelmäßig entschleunigen. Sie ist auch als „little Saturday“ bekannt – dem kleinen Samstag.

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Die schwedische Tradition Lillördag, welche auch in anderen europäischen Ländern existiert, lebt gerade wieder auf. Das Konzept des „kleinen Samstags“: Mitten in der Arbeitswoche – also jeden Mittwoch – gönnen die Menschen sich nach der Arbeit eine kleine und feierliche Auszeit mit Freunden, Kuchen und Alkohol (oder anderen lieben Personen und sinnlichen Genüssen). Sie machen den Mittwoch also zum kleinen Samstag. Der Sage nach soll die Tradition auf das Arbeitsleben der früheren Dienstmädchen zurückzuführen sein. So soll eine Magd zwar am Wochenende gearbeitet haben. Dafür sei ein Tag als Ausgleich, meist der Mittwoch, ein freier Tag gewesen.

Warum es eine Herausforderung ist, richtig abzuschalten

Dass die Tradition auflebt, verwundert nicht: Home-Office zwingt viele Angestellte und Führungskräfte aktuell dazu, mit Berufs- und Privatleben unter einem Dach zu jonglieren. Die Herausforderung: Wenn der Arbeitsweg sich nur noch auf den Abstand zwischen Bett und Schreibtisch beschränkt, fühlen wir uns irgendwie seltsam gefangen, manchmal antriebs- und nutzlos und unentspannt. Abschalten fällt schwer. Rituale sollen Abhilfe schaffen. So lautet die allgemeine Empfehlung oft, Pyjama gegen Hemd und Hose zu tauschen, um sich auch in den eigenen vier Wänden wie am „echten“ Arbeitsplatz zu fühlen. Home-Office ist aber nicht das einzige Problem. Wer im Büro, in der Kantine oder in der Klinik arbeitet, kämpft häufig ebenfalls mit einer vollen Arbeitswoche. Demnach handelt es sich um ein strukturelles Problem, welches – trotz fortschrittlicher Arbeitszeitmodelle – noch immer existiert. Häufige Folgen:

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  • Erschöpfung
  • Leistungsminderung
  • mehr Krankschreibungen
  • psychische Probleme
  • weniger Arbeitsmotivation
  • schlechte Stimmung am Arbeitsplatz

Wer arbeitet, muss auch richtig abschalten können

Prof. Dr. Sabinne Sonnentag, die als Psychologin eine Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Mannheim innehat, kommt in ihren Forschungen zum Ergebnis: Wer arbeitet, muss sich psychologisch von der Arbeit distanzieren können. Dies sei wichtig, um sich von arbeitsbedingten Stressoren zu lösen, die unsere Lebensqualität erheblich mindern.

Praktisch fehlt es heute nicht an passenden Methoden, denn Lillördag ist so eine passende Methode.

Der kleine Samstag schenkt uns eine Pause, wenn wir sie am meisten brauchen.

Schon am Montag können wir uns auf Mittwoch freuen – und müssen nicht auf Freitag warten. Was aber tun, wenn keine Zeit dafür bleibt? Grundsätzlich gilt: Es geht nicht um ausgiebige „Saufgelage“, die uns dazu zwingen, am Donnerstag mit einem Kater auf der Arbeit aufzutauchen. Vielmehr geht es um eine lebensbejahende, befreiende Interpretation des little Saturdays. So kann es manchmal schon genügen, sich regelmäßig einen Call mit der besten Freundin zu gönnen, etwa mit einer Tasse Tee, für ungefähr 20 Minuten.

Stress und Ängste mit Ritualen abbauen

Verhaltensökonomen fanden in einer Studie heraus: Wer sich Rituale schafft, erhöht auch seine Selbstdisziplin. Lohnenswert ist der kleine Samstag also nicht nur für das seelische Wohlbefinden, sondern auch für die Leistung auf der Arbeit. Forschungsergebnisse legen außerdem offen, dass schon kleine Rituale, die wir in unseren Alltag integrieren, Stress und Ängste regulieren. Es kann deshalb helfen, das schwedische Modell als Vorlage zu nutzen, um eine eigene Tradition zu erschaffen – für Arbeit und Privatleben.

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So läuft die Erfolgs-Tradition Lillördag in Schweden ab

Wer schon in Schweden gelebt hat, kennt den Lillördag vielleicht schon. Die besondere Bedeutung des Mittwochs unterstreichen viele Familien zum Beispiel mit einem speziellen Essen im engsten Kreis. Während einige Menschen sich am kleinen Samstag lieber einen Abend im Kino gönnen, gehen andere an diesem Tag sogar in den Club, um ihr Tanzbein zu schwingen und ein Gläschen Sekt oder Wein zu genießen. Wie auch immer der kleine Samstag während der Arbeitswoche ausfallen mag: Schon der Gedanke daran, einige ganz besondere Momente genießen zu können, die nichts mit der Arbeit zu tun haben, hebt die Stimmung. So lässt es sich schließlich besser leben – und auch arbeiten.

Bildnachweis: Rawpixel.com/Shutterstock.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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