Unbossing ist mehr als ein modernes Buzzword – es beschreibt eine grundlegende Veränderung der Art und Weise, wie Führung in Unternehmen verstanden wird. Der Begriff stammt aus dem Buch Unboss von Lars Kolind und Jacob Bøtter und steht für eine Führungsphilosophie, die auf Vertrauen, Eigenverantwortung und die Abschaffung klassischer Hierarchien setzt. Die Idee: Führungskräfte geben ihre Kontrollfunktionen ab und schaffen Raum, damit Teams eigenständig, kreativ und effizient arbeiten können.
Doch Unbossing ist nicht nur ein Konzept für Führungskräfte. Es betrifft jeden im Unternehmen, denn es fordert einen Kulturwandel, bei dem Mitarbeitende nicht länger „geführte Subjekte“ sind, sondern Mitgestalter auf Augenhöhe.
Warum braucht es Unbossing?
Einige Unternehmen stecken immer noch in starren Strukturen fest, die Kreativität und Innovation bremsen. Chefs, die über Prozesse und Entscheidungen regelrecht wachen, schaffen eine Arbeitsatmosphäre, in der Angst vor Fehlern herrscht. Das führt dazu, dass Mitarbeitende lieber Dienst nach Vorschrift machen, statt selbst die Zügel in die Hand zu nehmen. Chefs, die sich als alleinige Entscheidungsträger sehen, bremsen häufig das Potenzial ihres Teams aus. Das macht sie, ohne es zu wollen, zu den größten Hindernissen in Unternehmen. Die Folgen sind: sinkende Motivation, hohe Fluktuation und ein gelähmter Workflow.
Unbossing kann diese Probleme lösen. Es baut auf das Vertrauen, dass Menschen intrinsisch motiviert sind, wenn man ihnen Freiräume und Gestaltungsspielraum lässt. Es erkennt an, dass wir mittlerweile in einer Arbeitswelt angekommen sind, in der Hierarchien eher hinderlich und sogar veraltet sind.
Wie funktioniert Unbossing in der Praxis?
Unbossing klingt erstmal gut in der Theorie, aber wie setzt man es in der Praxis um? Es gibt einige konkrete Schritte, die Unternehmen und Führungskräfte gehen können und sollten:
1. Führung neu definieren
Die Rolle von Führungskräften verändert sich radikal. Statt zu kontrollieren, geht es darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Teams erfolgreich sein können.
Frage dich: Bin ich als Führungskraft bereit, Macht abzugeben und Vertrauen zu schenken?
2. Transparenz schaffen
Damit Eigenverantwortung funktioniert, müssen Mitarbeitende mehr Zugang zu Informationen haben. Entscheidungen werden nur dann auf Augenhöhe getroffen, wenn alle die gleichen Grundlagen kennen.
3. Fehlerkultur fördern
Unbossing bedeutet, dass Fehler nicht bestraft, sondern als Lernchancen gesehen werden. Führungskräfte müssen offen vorleben, dass sie selbst nicht unfehlbar sind.
4. Teams stärken
Eigenverantwortung funktioniert nur, wenn Mitarbeitende in ihren Kompetenzen gestärkt werden. Das kann durch gezielte Weiterbildungen, Coaching, Mentoring oder klare Zieldefinitionen geschehen.
5. Machtstrukturen hinterfragen
Unbossing erfordert eine ehrliche Bestandsaufnahme: Welche Strukturen hemmen die Selbstständigkeit der Teams? Oft sind es klassische Reporting-Linien oder strenge Vorgaben, die abgeschafft oder angepasst werden müssen.
Vorteile und Herausforderungen des Unbossing
Vorteile:
- Höhere Motivation durch mehr Eigenverantwortung
- Schnellere Entscheidungen dank weniger Hierarchiestufen
- Förderung von Kreativität und Innovation
- Engere Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen
Herausforderungen:
- Unbossing funktioniert nur, wenn alle bereit sind, sich auf die Veränderung einzulassen. Führungskräfte müssen Macht abgeben, und Mitarbeitende müssen Verantwortung übernehmen – beides ist oft mit Unsicherheiten verbunden.
- Es braucht natürlich
Zeit, um alte Strukturen und Denkmuster aufzubrechen. Unternehmen, die auf schnelle Ergebnisse hoffen, könnten enttäuscht werden.
Ist Unbossing die Zukunft der Arbeit?
Unbossing passt perfekt in eine Zeit, in der sich die Arbeitswelt rasant verändert. Remote Work, agile Methoden und flache Hierarchien sind längst keine Ausnahme mehr, sondern werden zunehmend zum Standard. Gleichzeitig wird es immer wichtiger, Talente langfristig zu binden – und das gelingt nur, wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, gehört und geschätzt zu werden.
Dennoch ist Unbossing kein Allheilmittel. Es erfordert einen radikalen Wandel in der Unternehmenskultur, der nicht von heute auf morgen gelingt. Aber es könnte die Antwort auf eine Frage sein, die sich viele Führungskräfte stellen:
Wie schaffen wir es, dass unsere Mitarbeitenden nicht nur ihre Aufgaben erledigen, sondern mit Herzblut dabei sind?
Dein erster Schritt ins Unbossing
Ob als Führungskraft oder Mitarbeitender: Unbossing beginnt bei dir selbst. Stelle dir die Frage, wo du in deinem Arbeitsalltag mehr Verantwortung abgeben oder übernehmen könntest. Es geht nicht darum, Machtstrukturen von heute auf morgen völlig abzuschaffen, sondern darum, Stück für Stück mehr Vertrauen und Eigenständigkeit im Unternehmen zu fördern.