Krisen, Inflation, Fachkräftemangel – die wirtschaftliche Lage bleibt angespannt. Viele Arbeitnehmer fragen sich, wie sicher ihr Job noch ist und hinterfragen angesichts dieser Entwicklungen ihre berufliche Situation.
- Bin ich in meinem Job noch richtig?
- Wie sieht meine Zukunft in dem Unternehmen aus?
- Und ist das wirklich die Arbeit, die ich für den Rest meines Berufslebens tun möchte?
Laut einer Umfrage der Boston Consulting Group erhält in Deutschland fast jeder zweite Beschäftigte (47 Prozent) mindestens einmal pro Monat ein Jobangebot. Besonders die jüngeren Generationen zeigen sich offen für Neues – sind also wechselbereit. Work-Life-Balance und persönliche Weiterentwicklung stehen für sie oft über der klassischen Karriereleiter.
Den Job zu wechseln, während man in einer festen Anstellung ist, will gut überlegt sein. Wer den Wechsel zu offensiv betreibt, riskiert, dass der aktuelle Arbeitgeber misstrauisch wird – oder ihn bei wichtigen Projekten und Entscheidungen zunehmend außen vor lässt. Klar, warum Energie in die stecken, die gehen wollen. Gleichzeitig wäre es nicht fair, monatelang seine Bewerbungsambitionen zu verheimlichen, wenn sich abzeichnet, dass der Wechsel unausweichlich ist. Wie geht man also klug vor?
Wer sich wegbewirbt, will nicht auffallen – doch wie bleibt man unbemerkt?
Eines vorweg: Ein geplanter Jobwechsel muss nicht zur Flüsterkampagne im eigenen Unternehmen werden – das kann belasten – doch ebenso wenig zur offenen Inszenierung. Wer seinen Wechselwunsch zu früh und zu laut offenbart, riskiert ungewollte Konsequenzen: liebgewonnene Projekte könnten an Kollegen übergeben, Karrierechancen geschmälert oder das Vertrauen der Vorgesetzten nachhaltig beschädigt werden. Wie bleibt man als Wechselwilliger also unauffällig?
- E-Mails vom Firmenaccount oder Bewerbungen auf dem Dienstrechner? Riskant! Viele Unternehmen überwachen die IT-Nutzung ihrer Angestellten, und verdächtige Aktivitäten lassen sich leicht nachverfolgen.
- LinkedIn- oder Xing-Profile mit Bedacht aktualisieren – wer von heute auf morgen sein Profil auf Hochglanz poliert oder seine Statusanzeige von „angestellt“ auf „offen für Angebote“ oder „Open to Work“ setzt, sendet deutliche Signale. Besser: regelmäßig kleinere Anpassungen vornehmen.
- Bewerbungsgespräche außerhalb der Arbeitszeit legen – statt eines plötzlichen „Arzttermins“ unter der Woche vorzuschieben, Vorstellungsgespräche besser auf den frühen Morgen, den Abend oder die Mittagspause verlegen.
- Vorsicht im Kollegenkreis – Vertraute können schnell zu Informanten werden, bewusst oder unbewusst. Auch gut gemeinte Hinweise wie „Hast du schon mit dem Chef gesprochen?“ können das Vorhaben gefährden.
Ein besonders heikler Punkt ist der Umgang mit dem aktuellen Arbeitgeber. Denn irgendwann stellt sich die Frage: Ist es fair, den Wechselwunsch geheim zu halten?
Hinweis in eigener Sache: Ein kluger Jobwechsel erfordert Strategie – vom ersten Gedanken bis zum finalen Schritt. Wer sich intensiver mit dem Thema befassen möchte, findet im „Exit-Strategie – Dein Jobwechsel Guide“ von meiner Kollegin Anne Borrmann wertvolle Tipps, wie der Wechsel professionell, diskret und souverän gelingt.
Loyalität vs. Karriereplanung: Muss ich meinen Wechselwunsch frühzeitig offenlegen?
Ehrlichkeit gilt als Grundpfeiler eines guten Miteinanders – so auch im Arbeitsverhältnis. Doch ist es wirklich ratsam, den Chef frühzeitig über die eigenen Wechselabsichten zu informieren? Hier kommt es auf den Einzelfall an.
In Unternehmen mit einer offenen, wertschätzenden Kultur kann ein frühzeitiges Gespräch Vorteile bringen – etwa die Chance, über neue Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb des Betriebs zu sprechen. Vielleicht gibt es eine interne Stelle, die besser passt, oder eine neue Herausforderung, die den Wechsel überflüssig macht.
Wie man den Wechselwunsch souverän anspricht – ein Beispiel:
„Ich arbeite gerne hier und schätze unser Team sowie die Kultur im Unternehmen. Gleichzeitig habe ich in den letzten Monaten gemerkt, dass ich mich fachlich weiterentwickeln möchte und mir mehr Verantwortung wünsche. Ich habe begonnen, mich außerhalb unseres Unternehmens umzusehen, weil ich das Gefühl habe, dass meine aktuellen Aufgaben nicht mehr ganz zu meinen langfristigen Zielen passen. Vielleicht gibt es aber auch intern Möglichkeiten, die wir gemeinsam besprechen können?“
Sie bleibt sachlich, signalisiert Gesprächsbereitschaft – und gibt dem Unternehmen die Chance, ihr doch noch eine Perspektive vorzuschlagen. Ein faires und kluges Agieren – für beide Seiten.
Wann zu viel Offenheit riskant sein kann
In vielen Unternehmen wird eine Wechselabsicht nicht als Entwicklungswunsch verstanden, sondern als illoyales Verhalten abgewertet. Wer einmal als potenzieller Abgang gilt, braucht über eine Beförderung nicht mehr nachzudenken. Ein kluger Mittelweg kann es sein, erst dann Transparenz zu schaffen, wenn ein konkretes Jobangebot auf dem Tisch liegt – und auch dann mit Bedacht.
Druck erzeugt Gegendruck: Jobangebote als Erpressungsmittel nutzen
Die Verlockung ist groß: das attraktive Angebot eines anderen Unternehmens – vielleicht gar der Konkurrenz – als Hebel für bessere Konditionen im aktuellen Job zu nutzen. Doch dieser Schachzug geht selten gut aus.
Studien zeigen, dass Angestellte, die eine Gegenofferte annehmen, innerhalb der nächsten zwölf Monate dennoch kündigen – sei es wegen anhaltender Unzufriedenheit oder weil das Vertrauensverhältnis dann doch gelitten hat. Wer also wirklich gehen möchte, sollte dies gut überlegt und aus einer inneren Überzeugung tun – und nicht, um eine bessere Ausgangsposition im eigenen Unternehmen zu erzwingen.
Ein Jobwechsel aus einer sicheren Festanstellung ist freilich kein einfacher Schritt. Entscheidend ist nicht nur, wohin man wechselt, sondern wie man wechselt – mit Bedacht, mit Fingerspitzengefühl und mit dem Bewusstsein, dass man vielleicht eines Tages als Boomerang zum alten Arbeitgeber zurückkehren könnte. Viel Erfolg!