„Ich werde kündigen!“: Probleme mit dem Boss oder zu wenig Geld? Hier kommen die wahren Gründe für die zunehmende Untreue von Arbeitnehmern ihren Arbeitgebern gegenüber.

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Weniger Treue, höhere Wechselbereitschaft: Arbeitnehmer probieren sich aus

Selten waren Arbeitnehmer so mutig und zugleich so untreu ihren Arbeitgebern gegenüber. Denn die Loyalität der Mitarbeiter gilt oft längst nicht mehr nur einem Unternehmen. Es wird sich fleißig umgeschaut. Zur Konkurrenz geschielt. Mit einem neuen Job geliebäugelt. Von Job zu Job (quasi in „fremden Betten“) herumgehüpft und ausprobiert. Eine kurze Affäre à la Job-Hopping scheint beliebter als die lebenslange Treue zu sein, während Unternehmen verzweifelt versuchen, die Bindung ihrer Mitarbeiter zu stärken.

Aber die schwindende Loyalität und Treue von Mitarbeitern hat gute Gründe, die von Arbeitgebern ernst genommen werden müssen. Für Unternehmen, die Personal binden wollen, ist der Wandel ein Weckruf und eine Chance, sich wieder attraktiver zu machen. Hier kommen häufige Motive für die zunehmende Wechselbereitschaft von Arbeitnehmern.

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1. Unzufriedenheit mit dem Chef – oft Wechselgrund Nummer 1

Führungskulturen in Unternehmen unterliegen einem Wandel, dem sich einige Führungspersonen entziehen. Klassisch-konservative Führungsansätze werden ergänzt, zu großen Teilen aber auch ersetzt durch moderne, zeitgemäße Ansätze.

Ursache für die Untreue von Mitarbeitern sind unter anderem die Drückeberger-Führungskräfte, die keine Veränderungen annehmen und sich dem modernen Wandel gänzlich entziehen, denn die Beziehung zum Chef ist für viele Arbeitnehmer ein ausschlaggebender Bleibe- und Wechselgrund, wie Untersuchungen immer wieder ergeben.

Wer seinem Boss nicht treu sein kann, weil der Führungsstil zum Beispiel zu autoritär oder toxisch ist, wird auch seinem Arbeitgeber über kurz oder lang den Rücken zukehren. Häufig werden folgende Punkte kritisiert:

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  • fehlender Respekt und mangelnde Wertschätzung von Vorgesetzten
  • keine oder nur wenig Transparenz vom Boss
  • für Mitarbeiter nicht erreichbar/verfügbar oder nahbar
  • toxisches Verhalten (Mobbing, Demütigung, Bevorzugung)
  • fehlendes Vertrauen; wenig bis kaum Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit
  • ungesunde Fehlerkultur; keine Übernahme von Verantwortung und ausgeprägte Schuldkultur

2. Fehlende Flexibilität: Bei der Konkurrenz ist alles besser

Wettbewerbsstarke Unternehmen werben mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, die den Bedürfnissen der Arbeitnehmer am ehesten entsprechen. Die zunehmende Untreue von Mitarbeitern ist deshalb auch der Fortschrittlichkeit der Konkurrenz zuzuschreiben. Vor allem in Branchen, in denen Fachkräfte fehlen und in denen sich regelrecht um die talentiertesten Arbeitnehmer gezankt wird, müssen Unternehmen mithalten können. Deshalb ist es bei der Konkurrenz für Beschäftigte wesentlich angenehmer:

  • Sie thematisieren die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter.
  • Sie achten auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
  • Sie bieten die Remote– und Homeoffice-Modelle an.
  • Sie stellen sich auf die individuellen Flexibilisierungsbedürfnisse ihres Teams ein.

3. Geld: Was auf dem Konto landet, ist stets von Bedeutung

Geld ist wichtig für Arbeitnehmer. Gestern wie heute und vor allem während Krisenzeiten. Auch wenn andere Faktoren wie Flexibilität und ein gutes Arbeitsklima ebenfalls von Bedeutung sind, hat eine faire Bezahlung nach wie vor Gewicht.

Kann der aktuelle Arbeitgeber keine Gehaltserhöhung bieten, wird sich schnell umgeschaut. Arbeitnehmer werden sich ihres Marktwertes zunehmend bewusst. In gefragten Berufsgruppen können Fachkräfte entsprechende Forderungen stellen. Das macht sie unabhängiger von einzelnen Unternehmen oder Arbeitgebern. Stimmt die Bezahlung nicht und kommt es zu keinem Konsens, ist Untreue oder fehlende Loyalität nur eine Frage der Zeit.

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4. Keine Karriereperspektiven für Mitarbeiter? Keine Treue von Arbeitnehmern

Ob höheres Gehalt oder verantwortungsvollere Aufgaben – viele Arbeitnehmer sehnen sich nach Weiterentwicklung und Aufstiegsmöglichkeiten. Fehlen sie, sind Mitarbeiter schnell weg. Denn Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln, helfen nicht nur jetzt, sondern bereiten auch auf die Zukunft vor und steigern den Marktwert von Erwerbspersonen. Kann ein Arbeitgeber nicht mithalten, überrascht die Untreue seiner Arbeitnehmer deshalb keinesfalls.

5. Job-Hopping – aus vielen guten Gründen populär

Wer häufiger den Job wechselt, kann nicht nur ein besseres Gehalt aushandeln, sondern erleidet auch keinen Karrierestillstand. Dank Job-Hopping, welches vor allem von der jüngeren Gen Z betrieben wird, können Arbeitnehmer sich ausprobieren und weiterentwickeln.

Nicht immer hat die Untreue von heutigen Arbeitnehmern deshalb Gründe, die beim jeweiligen Arbeitgeber liegen. Manchmal müssen Unternehmen Talente ziehen lassen – um sie vielleicht irgendwann wieder in den eigenen Reihen begrüßen zu können.

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6. Die Unternehmenswerte stimmen nicht mit den Vorstellungen eines Mitarbeiters überein

Arbeitnehmer von heute sind auf der Suche nach vertretbaren Grundprinzipien, denen ihre Loyalität wirklich gilt. Loyal einem Arbeitgeber gegenüber können sie deshalb nur sein, wenn dieser ähnliche Werte vertritt, die nicht gegen wichtige Grundprinzipien verstoßen. Ist dies der Fall, werden Arbeitnehmer ebenfalls das Weite suchen, bevor sie beginnen, ein Unternehmen zu repräsentieren, das gegen die eigenen Überzeugungen handelt. Wichtige Werte können sein:

  • Authentizität
  • Nachhaltigkeit
  • Verantwortungsbewusstsein
  • Innovation
  • Offenheit
  • Transparenz
  • Fairness

7. Misstrauen aufgrund von fehlender emotionalen Bindung

Eine starke Mitarbeiterbindung stärkt auch die Loyalität von Arbeitnehmern. Diese entscheiden sich in schwierigen Zeiten tendenziell dafür, dass sie bleiben. Denn sie haben Vertrauen. Fehlt dieses gänzlich, könnte dies ein Hinweis auf eine schwache Mitarbeiterbindung sein.

Noch größere Sorgen können Unternehmen sich machen, wenn Mitarbeiter misstrauisch sind – etwa aufgrund von Unzuverlässigkeit, fehlender Integrität oder fehlender Transparenz. Genährt wird das Misstrauen eben durch jene fehlende Sicherheit, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern bieten könnten, indem sie wichtige Entscheidungsprozesse nachvollziehbar machen, offen mit Fehlern umgehen und Sicherheit bieten – auch in schwierigen Zeiten.

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8. Leistungsdruck führt zur fehlenden Treue von Arbeitnehmern

Nicht übermäßig viel leisten müssen und nichts beweisen müssen: Viele Beschäftigte wünschen sich Entlastung in einer Arbeitswelt, in der sie permanent von Leistungs- und Erwartungsdruck angetrieben werden. Ein Rückzug aus einer Firma, die Mitarbeiter überlastet, ist daher nur eine natürliche Reaktion von jungen Talenten, aber zunehmend auch von älteren Beschäftigten, die das Handtuch schmeißen und die Bindung zu ihrem Arbeitgeber vermehrt verlieren.

Übrigens: Leistungsdruck kann dazu führen, dass Mitarbeiter sich häufiger krankmelden und unter psychischen Erschöpfungszuständen und Ängsten leiden. Um diesem Zustand vorzubeugen, sind Gesundheitsangebote sowie eine gesunde Pausenkultur gefragt. Auch das Fehlen dieser wichtigen Einflussfaktoren kann dazu führen, dass Arbeitnehmer ihren bisherigen Arbeitgeber verlassen.

Schwindende Treue: Können Arbeitgeber selbst etwas tun?

Die zunehmende Untreue von Arbeitnehmern ihren Arbeitgebern gegenüber spricht zunächst einmal dafür, dass Beschäftigte vor allem sich selbst gegenüber treu bleiben möchten. Die sich verändernden Anforderungen, die vor allem jüngere Talente und Arbeitnehmer, die auf den Arbeitsmarkt strömen, an Unternehmen stellen, sind ein Merkmal des New Normals.

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Arbeitgeber können einen Punkt nicht beeinflussen: Wer seinen Job wechselt, um sich weiterzuentwickeln und seine Skills zu schärfen, muss dafür seine Treue dem jetzigen Arbeitgeber gegenüber zumeist opfern.

Ganz hilflos müssen sich Unternehmen jedoch nicht fühlen, denn in vielerlei Hinsicht gibt es Nachholbedarf. Wer die Arbeitgebermarke stärken und das Herz seiner Bewerber und Mitarbeiter langfristig gewinnen will, achtet auf moderne Arbeitszeitmodelle, auf eine intensive Arbeit und Schulung mit und für Führungskräfte, auf die gezielte Förderung von Mitarbeitern. Darüber hinaus ist das Thema Work-Life-Balance und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stets aktuell.

Bild: kali9/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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