Bereits im Vorstellungsgespräch können Vorgesetzte mit schlechtem Führungsverhalten entlarvt werden. Wie du einen Bad Boss erkennst, bevor es zu spät ist.

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Ein Chef, der dich in den Wahnsinn treibt, ist ein guter Grund, das Weite zu suchen. Dass Mitarbeiter kündigen, weil sie toxische Vorgesetzte haben, ist keine Seltenheit: Laut McKinsey-Studie zählt die Unzufriedenheit mit dem Boss mit 36 Prozent zu den häufigsten Kündigungsgründen der Deutschen. Erst danach folgen mit 34 Prozent die fehlende Beförderung und zu wenig Entwicklungsmöglichkeiten als wesentlicher Grund, um hinzuschmeißen.

Typische Bad Bosses besitzen unter anderem folgende Eigenschaften:

  • Sie handeln selbstbezogen.
  • Es fällt ihnen schwer, Verantwortung zu übernehmen.
  • Sie sind so sehr von ihrer Meinung überzeugt, dass Mitarbeiter nichts zu melden haben.
  • Sie machen falsche Versprechungen.
  • Sie bleiben distanziert oder sie werden übergriffig.
  • Sie nutzen ihre Machtposition aus.
  • Sie können schlecht Entscheidungen treffen und wälzen ihre Arbeit auf dich ab.

Bad Boss im Vorstellungsgespräch entlarven: So geht’s

Erst im Job, nachdem Arbeitnehmer ihren Arbeitsvertrag bereits unterschrieben haben, merken sie manchmal, dass sie in Teufels Küche geraten sind. Sie wurden vielleicht charmant umgarnt, haben eine berufliche Chance gewittert oder die erste Gelegenheit ergriffen, die sich für einen neuen Arbeitsplatz ergeben hat.

Wie aber erkennst du einen Bad Boss, noch bevor du Opfer seiner oder ihrer Machenschaften wirst? Zugegeben: Der erste Eindruck kann täuschen. Aber unser Bauchgefühl stimmt zumeist. Sei deshalb bereits im Vorstellungsgespräch besonders aufmerksam, bereite dich vor, stelle die richtigen Fragen und achte auf alarmierende Warnsignale.

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Tipp #1: Sammle Informationen, beispielsweise von ehemaligen Mitarbeitern

Nur wir selbst können uns für oder gegen eine Arbeitsstelle entscheiden. Deshalb bist du in erster Linie auch selbst dafür verantwortlich, dir einen persönlichen Eindruck von den Führungskräften eines Unternehmens zu machen. Die Eindrücke von anderen sind stets subjektiv.

Und doch kann es hilfreich sein, sich eine Art „Stimmungsbarometer“ zu erstellen, wenn es um deinen potenziellen Chef geht. Hierfür ist es hilfreich, zum Beispiel ehemalige Mitarbeiter diskret anzusprechen, etwa über die gängigen (beruflichen) sozialen Netzwerke, dich vorzustellen und dein Anliegen zu schildern, dass du dir gerne einen Eindruck von einer potenziellen Arbeitsstelle, der Arbeitskultur und der Art, wie Führung stattfindet, machen möchtest.

Negative Eindrücke von Führungskräften und Bad Bosses sind bereits auf Arbeitgeberbewertungsplattformen erkennbar. Auch dort kannst du dich informieren. Beachte jedoch, dass auch dort die Meinungen stets subjektiv und manchmal auch emotionsgeladen sind.

Tipp #2: Achte auf die Art der Kommunikation

Schon im Vorstellungsgespräch erfährst du etwas über die Werte deines Gesprächspartners. Lass dich aber nicht täuschen: Auch wenn wir sagen, dass uns Wertschätzung wichtig ist, kann es sich manchmal – nicht immer – um eine Masche handeln, um Mitarbeiter zu gewinnen und das Image des Unternehmens zu polieren. Sichtbar wird das erst, wenn du bereits für einen Arbeitgeber tätig bist.

Die Art der Kommunikation kann dir aber auch im Bewerbungsgespräch einige Hinweise geben. Ein negatives Signal ist beispielsweise, wenn deine Fragen teilweise abgewunken, heruntergespielt oder ignoriert werden. Fehlender Blickkontakt signalisiert möglicherweise Desinteresse oder fehlende Transparenz.

Übrigens: Direkte Fragen sind wichtig und hilfreich – aber auch hier kommt es auf die Art an, wie du sie kommunizierst. Bevor du „persönlicher“ wirst, ist es oft von Vorteil, bereits warm geworden und eine vertrauensvolle Beziehung zum Gesprächspartner aufgebaut zu haben. Wer hingegen mit der Tür ins Haus fällt, riskiert, dass das Gegenüber sich verschließt. Und dann wird es so richtig kompliziert mit dem Entlarven eines toxischen Chefs.

Tipp #3: Ignoriere deine Intuition nicht

Besonders für Arbeitssuchende, die schlechte Erfahrungen mit dem Ex-Chef gemacht haben, kann es besonders schwierig sein, das passende Unternehmen ohne Bad Boss zu finden. Nicht nur, weil wir in solchen Situationen feinere Antennen haben. Sondern auch, weil wir schnell Erleichterung empfinden, wenn wir mit jemandem sprechen, der einen guten Eindruck macht – und hier wird es gefährlich. Denn oft ignorieren wir vor lauter Erleichterung unsere Intuition, die uns signalisiert: „Hier riecht doch etwas faul.

Achte deshalb darauf, dein Bauchgefühl unbedingt zu berücksichtigen. Unabhängig davon, welch Benefits dir angeboten werden oder wie sehr du dich auch von den Komplimenten deines potenziellen Chefs zu deiner beruflichen Laufbahn geschmeichelt fühlst.

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Vergiss nicht: Gute Eindrücke werden sich erst bestätigen, wenn du im Job bist. Und möglicherweise werden sie sich auch als falsch entpuppen.

Tipp #4: Höre zu, wenn eine Führungskraft von sich selbst spricht

… denn selbstverliebte, toxische Chefs loben ihre Errungenschaften, Taten und ihr Sein in den Himmel. Hier hilft auch oder gerade der Ausdruck „bei aller Bescheidenheit“ nicht weiter. Wenn jemand es schafft, eine halbe Stunde lang „bei aller Bescheidenheit“ über sich selbst oder das Unternehmen zu sprechen, ohne wirkliches Interesse am Gegenüber zu zeigen, ist das ein Warnsignal. Ein selbstbewusstes Auftreten ist zwar kein schlechtes Zeichen – im Gegenteil. Wer jedoch ein übertrieben hohes Maß an Selbstverliebtheit und Selbstbezogenheit an den Tag legt, verrät sich selbst als Bad Boss.

Tipp #5: Achte darauf, wie über andere gesprochen wird

Du fragst, warum dein Vorgänger nicht mehr im Unternehmen ist und bekommst direkt negativ Vibes zu spüren? Auch wenn Mitarbeiter gekündigt haben oder entlassen worden sind, bleibt eine gute Führungskraft professionell und schafft es, ein gewisses Maß an objektiver Distanz zu wahren und dabei ehemalige Mitarbeiter – auf gut Deutsch – nicht in den Dreck zu ziehen. Das trägt zu einem guten Unternehmensimage bei und untermauert den Respekt, den Mitarbeiter und Führungskräfte trotz persönlicher Differenzen haben.

Ein Warnsignal ist es auch, weil ein solcher Bad Boss, wenn es zum Ernstfall kommt, kein Blatt vor den Mund nehmen würde, um dich in ein schlechtes Licht zu rücken. Auch wenn du ein Unternehmen verlässt, möchtest du, dass deine Karriere dadurch nicht gefährdet wird – denn nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Arbeitnehmer haben einen Ruf zu verlieren.

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Tipp #6: Frage, ob du dir einen persönlichen Eindruck von der Zusammenarbeit machen darfst

Manchmal ist es gar nicht so leicht, einen Bad Boss im Jobinterview zu erkennen. Trotz einer guten Vorbereitung für das Vorstellungsgespräch solltest du deshalb die Möglichkeit für dich erwägen, einen halben oder einen ganzen Tag probehalber im Unternehmen zu arbeiten, um beispielsweise direkte Vorgesetzte besser kennenzulernen.

Frage nach, ob das möglich ist. Im Regelfall wird dein zukünftiger Chef es sogar begrüßen, dich im Team zu haben, um dir selbst einen Eindruck von der Arbeit zu machen, bevor du einen Vertrag unterschreibst. Denn gute, empathische, ehrliche Führungskräfte möchten sich davon überzeugen, dass es ihren (potenziellen) Mitarbeitern an nichts fehlt. Und vor allem haben sie nichts zu verstecken, sodass ein Schnuppertag problemlos ermöglicht wird.

Übrigens: Sollte es diese Chance nicht geben und musst du dich dafür entscheiden, direkt zu unterschreiben oder wird der Versuch unternommen, dich mit der Aussage, dass es ja die Probezeit gibt, zu beruhigen, könnte das ein wichtiges Warnzeichen für ein Bad-Boss-Behaviour sein.

Bild: Liubomyr Vorona/istockphoto.com