Vertrauen klingt erstmal weich. Ein bisschen spirituell vielleicht. So nach Kuschelkultur, wo alle Mitarbeitenden sich liebhaben und keiner widerspricht. Aber wer so denkt, liegt falsch. Vertrauen ist kein Wohlfühl-Bonus. Es ist für Unternehmen ein knallharter Erfolgsfaktor – messbar, skalierbar, wirtschaftlich wirksam. Und doch fehlt es an allen Ecken und Enden.

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Kontrolle als Reflex – und als Bremsklotz

In vielen Unternehmen wird geführt wie in der Fahrschule: Der oder die Vorgesetzte sitzt auf dem Beifahrersitz, der Blick auf dem Tacho, den Fuß auf der Bremse. Kontrolle ist das Mantra. Wer vertraut, verliert womöglich ein Stück weit die Kontrolle. Und wenn etwas schiefläuft? Dann kann man natürlich selbst besser reflektieren, wo es hakte? Genau da liegt das Problem.

Vertrauen ist riskant, ja. Aber Misstrauen ist garantiert toxisch. Wer seine Mitarbeitenden ständig kontrolliert, gibt ihnen vor allem eines zu verstehen: „Ich traue dir nicht zu, dass du das hinbekommst.“ Und wer sich so behandelt fühlt, bringt in der Regel auch keine Bestleistung. Warum auch? Fürs Denken und Handeln wird man schließlich nicht belohnt, sondern eher beobachtet.

Was Studien längst belegen – und Unternehmen endlich kapieren sollten

Die Great Place to Work Studie 2025 zeigt ziemlich eindrucksvoll, wie entscheidend eine sogenannte High-Trust-Kultur in Unternehmen ist. Mitarbeitende, die in einem vertrauensvollen Umfeld arbeiten, fühlen sich nicht nur wohler – sie sind produktiver, innovativer, loyaler.

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Ein paar Zahlen dienen hierzu als Augenöffner:

  • 58 Prozent der Beschäftigten in High-Trust-Kulturen geben an, ihre digitalen Kompetenzen aktiv weiterzuentwickeln. In Low-Trust-Kulturen sind es gerade einmal 21 Prozent.
  • 38 Prozent in High-Trust-Unternehmen werden aktiv dazu ermutigt, mit Künstlicher Intelligenz zu experimentieren. In Firmen mit Misstrauensatmosphäre: 11 Prozent.
  • Unternehmen mit Vertrauenskultur performen sogar besser an der Börse. Ein Fonds, der ausschließlich in Great-Place-to-Work-Unternehmen investiert, hat den S&P 500 in den letzten drei Jahren deutlich geschlagen – mit rund 28?% Wertzuwachs.

Vertrauen muss gelernt sein – vor allem von Führungskräften

Doch Vertrauen ist nichts, das sich mit einem Leitbild an die Wand tackern lässt. Es entsteht nicht durch Absichtserklärungen, sondern durch gelebte Haltung. Das beginnt ganz oben.

Führungskräfte, die nicht loslassen können, die sich in operative Details regelrecht verbeißen, wie der Hund in den Knochen, und Aufgaben mikromanagen, senden ein klares Signal: Ich bin überfordert mit meiner Rolle.

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Die Ursache liegt oft in der klassischen Karrierefalle: Eine Person wird zur Führungskraft befördert, weil sie ihren Fachjob she rgut gemacht hat. Und dann? Dann wird erwartet, dass sie plötzlich Teams motivieren, Potenziale entfalten, Konflikte lösen und strategisch führen kann – als hätte jemand heimlich nachts eine Führungskraft-Software installiert.

Doch so funktioniert Führung nicht. Vertrauen muss aktiv aufgebaut, vorgelebt und gepflegt werden. Es braucht Coachings, regelmäßiges Feedback und vor allem Selbstreflexion. Wer führen will, muss zuerst sich selbst führen können – und den Mut haben, loszulassen.

Lese-Tipp: Besser führen: Arbeite zuerst an dir, bevor du an deinem Team arbeitest

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Was passiert, wenn Vertrauen fehlt?

Die Symptome sind allseits bekannt – man spricht nur zu selten offen darüber:

  • Die Führungskraft macht alles selbst. Nicht, weil sie dies unbedingt will, sondern weil sie glaubt, es tun zu müssen.
  • Mitarbeitende geben auf. Ideen werden nicht gehört, Eigeninitiative nicht belohnt, sonder sogar als Bedrohung empfunden.
  • Innovation bleibt auf der Strecke. Denn wer Angst vor Fehlern hat, probiert nichts Neues aus.
  • Die Stimmung kippt. Kontrolle erzeugt Misstrauen, Misstrauen erzeugt Distanz.

Am Ende leidet nicht nur die Performance im Team. Sondern auch die Beziehung. Und die ist in modernen Arbeitsverhältnissen oft entscheidender als Gehalt oder Titel.

Was zu tun ist – und zwar jetzt

Vertrauen ist kein Selbstläufer. Es braucht Strukturen, Rituale, Geduld. Und vor allem: Führungskräfte, die sich selbst nicht als letzte Instanz sehen, sondern als Ermöglicher.

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Dazu gehören:

  • Transparente Entscheidungen sind das Fundament einer vertrauensvollen Zusammenarbeit – Schluss mit Hinterzimmer-Gemauschel und intransparenten Machtspielchen.
  • Eine verbindliche Kommunikation bedeutet, klar zu sagen, was Sache ist – und genauso wichtig: aktiv zuzuhören.
  • Fehler dürfen nicht bestraft, sondern müssen reflektiert werden – nur so entsteht eine echte Lernkultur statt einer Angstkultur.
  • Und wer delegiert, sollte nicht einfach Aufgaben zuteilen, sondern Verantwortung sinnvoll teilen – mit starker Rückendeckung, wenn es mal nicht gleich so läuft, wie gewünscht.

Vertrauen ist die Voraussetzung für High Performance

Wer heute noch mit der Denke „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ durch die Arbeitswelt läuft, wird in naher Zukunft ziemlich einsam dastehen. Denn die Generationen Y und Z ticken anders. Sie wollen sinnvolle Arbeit, echte Mitsprache und Führung auf Augenhöhe. Wer ihnen stattdessen Kontrolle und Skepsis entgegenwirft, kann sich auf einen baldigen Recruiting-Marathon einstellen.

Vertrauen ist das Fundament für alles, was moderne Unternehmen erfolgreich macht: Innovation, Motivation, Bindung, Performance. Oder wie man es zugespitzt sagen könnte: Kontrollierende Chefs sind wie Faxgeräte – überholt, laut und völlig fehl am Platz. Zeit, sie abzuschalten.

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