„Autsch!“: Kritik kann heftig schmerzen. Vor allem als Führungskraft liegt es in deinem Interesse, richtig mit ihr umzugehen. Mit folgenden 5 Tipps klappt es.

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Menschen in Leitungsposition wird oft die Eigenschaft der Überheblichkeit und der fehlenden Kritikfähigkeit zugeschrieben. Das ist nicht ganz fair: Wer grundsätzlich nicht in der Lage ist, mit konstruktiver Kritik umzugehen, wird sie unabhängig von der derzeitigen Position nicht annehmen können – ob es sich nun um eine Führungsposition oder um einen anderen Rang handelt.

Auch unser Hirn mischt mit: Eine im Jahr 2019 veröffentlichte neurowissenschaftliche Untersuchung hat ergeben, dass Aktivitäten im Gehirn im präfrontalen Kortex gemessen werden können, wenn es um persönliche Meinungen und Überzeugungen geht.

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Die Erkenntnisse: Wenn unser Gesprächspartner unsere Überzeugung teilt, so die Forscher, fühlen wir uns darin bestärkt, richtigzuliegen und beispielsweise eine richtige Entscheidung zu treffen. Werden wir hingegen kritisiert oder tut sich eine gegenteilige Meinung auf, zeigt sich unser Gehirn unbeeindruckt und weniger beeinflussbar. Das bedeutet: Zwar registriert unser Hirn die Meinung, ordnet aber andere Überzeugungen, die nicht unserer entsprechen, kategorisch als „falsch“ ein, so die Wissenschaftler.

Wenn wir jedoch nicht in der Lage sind, uns die Kritik anderer anzuhören und stattdessen einen Kampf anzetteln, uns abwenden oder gar beginnen, unsere Machtposition zu demonstrieren, endet das für alle Seiten in Frustration.

Bedenke: Im Geschäftsleben gibt es nicht die „eine“ ultimative Wahrheit. Vielmehr haben Führungskräfte und Unternehmen ihre individuellen Visionen, Theorien, Wege, Konzepte und Ideen, die nicht unbedingt mit der Meinung anderer konformgehen. Das bedeutet, dass es immer Meinungsunterschiede geben wird. Wichtig ist, den Umgang mit Kritik zu lernen, um kritikfähiger zu werden. Aber auch, sich für das Thema zu sensibilisieren, um konstruktive Kritik von unterschwelligen Beleidigungen oder Machtkämpfen unterscheiden zu können.

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Umsetzung: So gehst du als Führungskraft mit Kritik um

Tipp #1: Rechne mit Gegenwind und bleibe offen

Der unerschütterliche Glaube an die eigene Überzeugung kann eine wunderbare Kraft sein, um Berge zu versetzen und große Visionen zu verwirklichen. Vor allem Gründer machen diese Erfahrung. Sie lernen aber auch schnell, was es bedeuten kann, abzustürzen, weil sie die Kritik von erfahrenen Fachexperten prinzipiell außer Acht lassen möchten oder die Meinung von Teammitgliedern ignorieren.

Als Führungskraft solltest du stets mit Gegenwind rechnen, um kritikfähig zu werden und zu bleiben. Sei deshalb nicht „aus Prinzip“ dagegen. Konstruktive Kritik ist wichtig, um zu wachsen. Wenn dich jemand auf einen Fehler aufmerksam macht, gilt es deshalb, sich die Meinung anzuhören, sie ins „große Ganze“ zu integrieren und abzuwägen, was der nächste Schritt sein könnte – ob du bei deiner Meinung bleibst oder etwas verändern möchtest.

Tipp #2: Unterscheide destruktiver von konstruktiver Kritik

Instinktiv neigen wir dazu, Kritik als Nörgelei oder Beschwerde über unsere Person einzuordnen. Das geht ganz schnell – denn bereits im Kindesalter haben wir das Gefühl bekommen, nicht gut genug zu sein, alles falsch zu machen oder nicht zu genügen, wenn unsere Bindungspersonen sich über uns beschwert, uns zurückgewiesen oder uns ausgeschimpft haben. Deshalb erzeugt Kritik schnell eine bedrohliche Atmosphäre.

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Achte darauf, das Feedback anderer korrekt einzuordnen: Nicht alles, was von anderen kommt, ist eine Bedrohung oder eine Kritik an unserer Person. Sofern Lösungs- und Verbesserungsvorschläge oder Angebote zum gemeinsamen Ausarbeiten des Ergebnisses kommen, handelt es sich um konstruktive Kritik.

Destruktive Kritik ist hingegen darauf aus, dir Schaden zuzufügen und deine Gefühle zu verletzen. Sie ist alles andere als sachdienlich, basiert nicht auf Tatsachen, beleidigt dich vielleicht sogar und verfolgt das Ziel, dich abzuwerten. Der Lerneffekt ist nicht vorhanden. Häufig fühlen wir uns in einer solchen Situation gedemütigt. Beachte: Verallgemeinerungen, Emotionalisierung und Übertreibungen, die sich jeglicher Sachgrundlage entbehren, deuten auf destruktive Kritik hin.

Wichtig ist jetzt, nicht zum Kampf auszuholen oder ähnlich zu reagieren. So wird die Attacke entkräftet. Du solltest jedoch nicht zustimmen und kannst auch nachhaken: Kann der Kritisierende die Behauptungen mit sachdienlichen Argumenten untermauern – oder ist es nur „heiße Luft“?

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Tipp #3: Fördere eine gesunde Feedbackkultur

Als Führungskraft wirst du häufiger Feedback geben und auch Kritik austeilen. Um selbst einen guten Umgang mit Kritik zu finden, gilt es, eine gesunde Feedbackkultur aufzubauen. Denn so gibst du auch deinen Mitarbeitern eine gute Grundlage, um Kritik an ihren Vorgesetzten äußern zu können und die Zusammenarbeit auf gesundem Wege zu fördern. So können Feedback und Kritik funktionieren:

  • Respekt und Wertschätzung zeigen
  • einander ausreden lassen
  • zuhören (mit zugewandter Körpersprache und Augenkontakt)
  • sachlich, klar und nachvollziehbar argumentieren
  • von persönlichen Angriffen und „vernichtender“ (destruktiver) Kritik absehen
  • Meinungsunterschiede nicht tabuisieren
  • Fehler als Anlass zum Lernen nehmen und auch zugeben

Tipp #4: Lerne deine persönlichen Triggerpunkte kennen

Ob ungerechtfertigt oder zulässig: Die Art, wie wir als Führungskraft Kritik aufnehmen, unterscheidet sich stets. Unsere persönliche Wahrnehmung hängt dabei oft auch von Erfahrungen aus der Vergangenheit ab. Wer zum Beispiel sein ganzes bisheriges Leben für das fehlende mathematische Können kritisiert worden ist und sich nun verkalkuliert, wird möglicherweise heftiger auf geäußerte Kritik reagieren – obwohl sie nicht persönlich gemeint ist. Es hilft, die eigene Reaktion zu reflektieren, um die Situation besser einschätzen zu können.

Halte immer inne, um zu überlegen: Solltest du bald erneut Kritik einstecken müssen, etwa von Geschäftspartnern oder deinem Team, ist unsere erste Emotion nicht immer die, die uns weiterhilft. Impulsive Kampfreaktionen machen unserem Ärger zwar Luft. Sie sind aber nicht immer notwendig.

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Tipp #5: Verschwende deine Energie nicht für „falsche“ Kritiker

Der Kampf gegen die, die uns ständig und aus Prinzip destruktiv kritisieren, kann uns viel Kraft kosten, die wir in wichtigere Dinge stecken könnten. Das permanente, hartnäckige Kämpfen gegen diese Art von Kritikern verschlechtert deine professionelle Arbeitsbeziehung zu ihnen, frustriert dich innerlich noch mehr und verhindert, dass du die Sache nüchtern betrachten kannst. Denn so ist sie emotional aufgeladen.

Zusatztipp: Es hilft, sich vor Augen zu führen, dass vernichtende Kritik nichts mit dir zu tun hat – sondern mit demjenigen, der sie äußert. Ob aus Neid, zur Machtdemonstration oder als eine Art Rache, weil die Beförderung ausbleibt und das Ego gekränkt ist, die Gründe für destruktive Kritik sind vielfältig.

Berechtigte Kritik erfordert Mut – und sollte von Führungskräften anerkannt werden

Nicht alle Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kollegen trauen sich, ihre Meinung in Form von berechtigter Kritik zu äußern. Wenn sie häufiger unterbleibt, kann sich diese jedoch aufstauen und einen bitteren, passiv-aggressiven Beigeschmack bekommen. Dann beginnen Teammitglieder oder Partner zum Beispiel damit, dich, deine Arbeitsweise oder eine Entscheidung von dir in deiner Abwesenheit abzuwerten – anstatt die Kritik mit dir zu teilen.

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Das heimliche Motzen oder Lästern wird zur Normalität. Umso wichtiger ist es, die Menschen in deinem Unternehmen zu schätzen, die direkt zu dir kommen, um dir Feedback zu geben. Wenn Kollegen ehrliche Kritik äußern, kann es so auch ein Zeichen des Respekts dir gegenüber sein – weil es ihnen wichtig ist, dich nicht vor anderen herabzuwürdigen.

Bildnachweis: CSA Images/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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