Egal ob Versetzung, Jobwechsel oder Ruhestand – der Abschied einer Führungskraft bedeutet für jedes Team einen Wendepunkt. Vertraute Arbeitsweisen und Führungsprinzipien brechen weg, neue Dynamiken und Unsicherheiten entstehen. Was bedeutet dieser Chefwechsel konkret fürs Team, die Aufgaben und die Führungskultur? Und wie geht man mit der „lahmen Ente“ um – einem Chef, der zwar noch da ist, aber längst innerlich gekündigt hat?

Anzeige

Lame-Duck: Wenn der Chef nur noch körperlich anwesend ist

„Lame Duck“ – das klingt im ersten Moment vielleicht ganz witzig, oder? Laut Wikipedia wird als „Lame Duck“ („lahme Ente“) im politischen System der Vereinigten Staaten ein Präsident oder anderer Politiker bezeichnet, der noch im Amt ist, aber nicht zur Wiederwahl antritt oder eine Wahl verloren hat. Er gilt insbesondere innenpolitisch als handlungsunfähig.

Im Job bezeichnet man eine Führungskraft als „Lame Duck“, die zwar noch ihre Führungsposition innehat, jedoch innerlich bereits gekündigt hat und kaum noch ernsthaftes Engagement zeigt. Manchmal wird das direkt kommuniziert, manchmal sickert es als Gerücht durch. Ein solches Szenario hat aber immer massive Auswirkungen auf die Motivation im Team.

In dieser Phase wird die Führungskraft zunehmend nur noch als eine Art „Datenverwalter“ wahrgenommen, der Dokumente unterzeichnet und seine E-Mails sortiert. Die Aufmerksamkeit sinkt, Entscheidungen werden zudem aufgeschoben – „das macht dann ja sowieso mein Nachfolger“.

Anzeige

Für die Mitarbeiter entsteht so ein Vakuum, in dem niemand so recht weiß, ob es sich noch lohnt, neue Ideen vorzubringen oder Veränderungen beim baldigen Ex-Chef anzustoßen. Viele Mitarbeiter berichten zudem, dass ihre Motivation in dieser Phase fast vollständig zum Erliegen kommt – wozu jetzt noch Gas geben, wenn die eigenen Leistungen ohnehin nicht mehr wahrgenommen werden? Diese Unsicherheit wird zusätzlich verstärkt durch das desinteressierte Verhalten der „lahmen Ente“ und die Unklarheit darüber, wer die neue Führungskraft sein wird und inwiefern diese die bisherigen Arbeitsweisen verändern könnte.

Tipp für Betroffene: Auch wenn es schwerfällt – hier hilft es, sich bewusst zu machen, dass jede Veränderung auch neue Chancen birgt. Es kann also sinnvoll sein, eigene Ideen und Projekte vorerst auf kleiner Flamme weiterzuführen und so schon einmal strategisch zu planen, wie du dich in der neuen Struktur positionieren möchtest.

Übergangszeit: Team neu formen oder sich selbst überlassen?

Die Zeit zwischen der alten und neuen Führung wird oft als Phase des Umbruchs erlebt. Doch nicht selten bleibt diese Phase unklar und das Team ohne konkreten Ansprechpartner. Führungsvakuum, Machtkämpfe oder die Angst, nicht mehr im neuen Konzept zu bestehen, treten auf. In Teams, die besonders stark von der Persönlichkeit des ehemaligen Chefs geprägt wurden, kann ein Gefühl der Verunsicherung entstehen – „Wie geht es jetzt weiter?“.

Anzeige

Das Gute daran: Ein solches Vakuum kann auch eine Gelegenheit sein, um gewohnte Prozesse infrage zu stellen und zu prüfen, was man sich wirklich von der neuen Führung erhofft. Viele Teams nutzen die Chance, interne Regeln und Erwartungen zu reflektieren und eigene Vorschläge zu formulieren. Vielleicht fehlt jetzt eine klare Führung, aber es bietet sich die Möglichkeit, ein stärkeres Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln und eine Teamkultur mitzugestalten, die zukünftige Vorgesetzte nicht einfach übergehen können.

Der Neue Boss am Start: Erwartungen und Realität

Mit dem ersten Arbeitstag der neuen Führungskraft beginnt die Phase des „Neuanfangs“. Der Neue ist selten nur der freundliche Kollege, der einfach dazukommt – er bringt eigene Vorstellungen, Erfahrungen und eine Vision mit, die möglicherweise im Widerspruch zu dem steht, was das Team über Jahre verinnerlicht hat. Hier treffen unterschiedliche Ansätze aufeinander, und die Art, wie diese ersten Wochen gestaltet werden, prägt den zukünftigen Erfolg der Zusammenarbeit.

Viele Mitarbeiter erwarten zunächst, dass der Neue sie „in Ruhe“ kennenlernen möchte, bevor er große Änderungen einleitet. Doch häufig passiert genau das Gegenteil: Mit einem Elan, der den Wechsel rechtfertigen soll, drängen manche neuen Führungskräfte auf schnelle Umbrüche. Konflikte bleiben dabei nicht aus und können den Neuanfang erschweren – vor allem, wenn das Team noch am alten Chef hängt oder eine ganz andere Kultur gewohnt ist.

Anzeige

Empfehlung für Teams und neue Führungskräfte: Offene Kommunikation ist in dieser Phase des Beschnupperns das A und O. Teams sollten klarstellen, was ihnen besonders wichtig ist – ob es Arbeitsprozesse, Kommunikationswege oder Projekte sind, die sie wie gewohnt fortführen möchten. Führungskräfte sollten sich dessen bewusst sein, dass ihre Ideen nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn das Team hinter ihnen steht. Das Stichwort lautet hier: Vertrauensaufbau.

Ein neuer Führungsstil: Was verändert sich wirklich?

Eine neue Führungskraft bringt in den meisten Fällen nicht nur fachliche Neuerungen, sondern auch eine Veränderung im Führungsstil mit sich. Dabei gibt es keine Garantie, dass sich der neue Stil als besser oder moderner entpuppt.

Gerade wenn der Stil stark von dem abweicht, was das Team gewohnt ist, entsteht oft Widerstand. Ein Chef, der vorher eng mit seinem Team zusammenarbeitete und viele Entscheidungen gemeinsam traf, wird möglicherweise von einem Nachfolger abgelöst, der eher als „Kontrolleur“ oder sogar als „Alleinherrscher“ agiert. Diese Konstellation sorgt meist für Unruhe und Konflikte. Dabei ist klar, dass diese Art zu führen aus dem vorigen Jahrhundert stammt – und dort auch gerne verbleiben darf.

Anzeige

Aber selbst wenn der neue Chef sich bewusst darum bemüht, behutsam vorzugehen, kann es schwer sein, eine bestehende Kultur respektvoll weiterzuentwickeln. Eine bewährte Herangehensweise ist es, sich mit dem Team in regelmäßigen Meetings auszutauschen und Feedback zu erfragen. Die Frage „Was war vorher gut?“ kann hier sehr hilfreich sein, um das Positive des alten Stils aufzugreifen und darauf aufzubauen.

Ein neuer Anfang ist wie ein neues Arbeitsleben

Auch wenn der Abschied einer Führungskraft zunächst Verunsicherung auslöst, bietet er die Chance, sich als Team neu aufzustellen und eigene Stärken stärker einzubringen. Eine neue Führungskraft kann für das Team den Raum schaffen, alte Routinen aufzubrechen und die Zusammenarbeit auf eine neue Ebene zu bringen. Teams, die sich selbst gut kennen, können ihre Erfahrungen und Kompetenzen aktiv in die Zusammenarbeit mit dem neuen Chef einbringen und auf diese Weise vielleicht sogar Einfluss auf den Führungsstil nehmen.

Tipp: Gerade in der Anfangszeit kannst du als Mitarbeiter bewusst auf den neuen Chef zugehen und ihm helfen, das Team besser kennenzulernen und zu verstehen. Viele Führungskräfte wissen dies zu schätzen und sind dankbar für authentische Einblicke und Unterstützung bei der Einarbeitung.

Anzeige

Beispiel: Stelle konkrete Fragen wie „Wie möchten Sie, dass wir unsere Teammeetings zukünftig gestalten?“ oder „Welche Prioritäten setzen Sie in den ersten Monaten?“.

Zwischen Resignation und Aufbruch: Den Wandel als Chance begreifen

Der Wechsel einer Führungskraft ist zweifellos eine emotionale und teils auch anstrengende Zeit, die Ungewissheit mit sich bringt und von Mitarbeitenden oft viel Flexibilität und Durchhaltevermögen verlangt. Doch wie du mit der Veränderung umgehst, kannst du bis zu einem gewissen Grad selbst steuern. Nimm dir Zeit, um zu reflektieren, wie du dich selbst in der neuen Konstellation positionieren möchtest, und betrachte den Wandel als Gelegenheit, deine Rolle aktiv mitzugestalten.

Führungskräfte kommen und gehen – doch wie ein Team diesen Wechsel erlebt und nutzt, hängt maßgeblich von den Mitarbeitenden ab. Mach dir bewusst, dass jede Veränderung eine Phase des Übergangs ist, aber auch die Chance, dich weiterzuentwickeln und vielleicht sogar neue Karriereperspektiven zu entdecken.

Anzeige

Welche Schritte wirst du unternehmen, um aus dem Führungswechsel eine Chance für deine eigene Weiterentwicklung zu machen?

Anzeige
Anzeige