Der Schreibtisch quillt über, das E-Mail-Postfach ist randvoll, und zwischen Meetings und Deadlines bleibt kaum Zeit, die eigentliche Führungsrolle auszufüllen. Strategisches Denken? Der Blick fürs große Ganze? Die gezielte Entwicklung des Teams? Dafür fehlt die Luft, wenn man sich ständig durch operative Kleinigkeiten wühlt. Viel zu oft tragen Führungskräfte sämtliche Verantwortung auf ihren Schultern – und damit nicht nur die Last der Arbeit, sondern auch die Hauptschuld an ihrer Überlastung.

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Doch diese Überforderung ist nicht nur ein persönliches Problem der Führungskräfte. Auch Mitarbeitende spüren die Konsequenzen von schlechtem Delegieren – oder gar keinem. Wenn Führungskräfte alle Fäden selbst in der Hand halten (wollen), bleibt das Team unterfordert, unmotiviert und ohne Perspektive. Besonders junge Berufstätige haben damit zu kämpfen.

Sinnlose Aufgaben: Warum Delegieren auch Sinn stiftet

Die Auswirkungen fehlender Delegation spüren nicht nur Führungskräfte selbst, sondern auch ihre Mitarbeitenden – besonders die Jüngeren. Laut der Erschöpfung-2024-Studie von AUCTORITY wünschen sich gerade die 18- bis 29-Jährigen weniger sinnlose Arbeit. Dass es besonders Berufseinsteigern so geht, sollte Führungskräften zu denken geben.

Ein Grund für diese Wahrnehmung könnte in der fehlenden Erfahrung liegen: Junge Mitarbeitende sehen oft noch nicht die größeren Zusammenhänge ihrer Aufgaben – oder sie bekommen schlicht keine Gelegenheit, an wirklich relevanten, als sinnvoll empfundenen Projekten mitzuwirken. Häufig werden gerade den Jüngeren zunächst einfache oder monotone Aufgaben zugeteilt, weil sie als „machbar“ erscheinen. Doch genau das führt dazu, dass sie den Sinn in ihrer Arbeit vermissen.

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Hier gibt es für Führungskräfte ein enormes Potenzial: Transparenz und Vertrauen. Wenn Berufseinsteiger verstehen, wie ihre Tätigkeiten in größere Prozesse eingebettet sind, und ihnen zunehmend anspruchsvollere, sinnstiftende Aufgaben anvertraut werden, fühlen sie sich wertgeschätzt und motiviert. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist Delegieren nicht nur eine Führungsaufgabe, sondern auch ein entscheidender Faktor, um Talente langfristig an das Unternehmen zu binden.

Der „Ich-mache-alles-selbst“-Chef

Das Problem liegt dabei nicht allein in der Fülle der Aufgaben. Vielmehr handelt es sich um eine Denkweise, die viele Führungskräfte wie ein Mantra verinnerlicht haben: „Nur ich kann das richtig machen.“ Perfektionismus, die Angst vor Kontrollverlust und ein falsches Verständnis von Führung prägen diese Haltung.

Ein „guter Chef“ müsse alles wissen, alles steuern und alles entscheiden – so der weit verbreitete Trugschluss. Doch dieses Verhalten führt zu einem Teufelskreis: Wer jede Verantwortung an sich zieht, wird schnell zum Flaschenhals. Die Führungskraft ist überfordert, das Team unterfordert, und die Ergebnisse bleiben hinter den Erwartungen zurück. Das Paradoxe daran:

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Während sich die Führungskraft aufreibt, wird das Potenzial des Teams vergeudet.

Delegieren heißt Verantwortung teilen, nicht abgeben

Delegieren ist keine Kapitulation vor der Arbeitslast, sondern ein bewusster, strategischer Schritt. Es zeigt, was Führung wirklich ausmacht: Verantwortung teilen, Vertrauen aufbauen und das Potenzial des Teams fördern. Doch wie gelingt das? Eine entscheidende Frage lautet: Welche Aufgaben kann und sollte ich abgeben – und welche nicht?

Nicht jede Tätigkeit eignet sich zum Delegieren. Routineaufgaben oder operative Tätigkeiten lassen sich meist problemlos übertragen. Auch herausfordernde Projekte, bei denen Mitarbeitende wachsen können, bieten sich an. Strategische Entscheidungen oder Aufgaben mit weitreichenden Konsequenzen sollten jedoch bei der Führungskraft bleiben.

Wie Delegieren gelingt: Praktische Schritte und Tools

Delegieren ist mehr als das bloße Abgeben von Aufgaben. Es braucht klare Strukturen, Vertrauen und eine gezielte Unterstützung der Mitarbeitenden. Damit das Delegieren erfolgreich wird, sind folgende Schritte und Ansätze entscheidend:

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  1. Überlege, welche Aufgaben delegiert werden sollen: Routineaufgaben, operative Tätigkeiten oder Projekte, bei denen Mitarbeitende wachsen können, sind besonders geeignet. Nutze dafür Tools wie die Eisenhower-Matrix, um Aufgaben zu priorisieren: Delegiere alles, was dringend, aber nicht strategisch wichtig ist.
  2. Wähle die richtige Person aus: Orientiere dich an Kompetenzen, Potenzialen und Kapazitäten der Mitarbeitenden.
  3. Kommuniziere klare Ziele und Erwartungen: Was genau ist zu tun? Bis wann? Welche Standards gelten? Mitarbeitende müssen die Aufgabe verstehen, um sie erfolgreich umzusetzen.
  4. Gib Freiräume und Ressourcen: Ermögliche eigenständiges Arbeiten und stelle sicher, dass die Mitarbeitenden die nötigen Mittel haben, um die Aufgabe zu erledigen.
  5. Plane Feedback und Kontrolle ein: Besprich regelmäßig den Fortschritt, gib konstruktives Feedback und unterstütze, wenn nötig. Vermeide jedoch Mikromanagement – Kontrolle darf nicht mit Vertrauen konkurrieren.
  6. Fehler zulassen: Fehler sind unvermeidbar, aber sie bieten Lern- und Entwicklungschancen – für beide Seiten. Nutze sie als Gelegenheit, gemeinsam mit dem Team zu reflektieren und besser zu werden.

Delegieren: Ein Gewinn für Mitarbeitende, Führungskräfte und Unternehmen

Wenn Delegieren richtig eingesetzt wird, profitieren alle Beteiligten:

  • Führungskräfte: Sie entlasten sich selbst und gewinnen Zeit für strategisches Denken, Problemlösungen und die Weiterentwicklung des Teams.
  • Mitarbeitende: Sie können Kompetenzen ausbauen, Verantwortung übernehmen und sich weiterentwickeln. Gleichzeitig erfahren sie Wertschätzung und Motivation durch das entgegengebrachte Vertrauen.
  • Unternehmen: Effizientere Prozesse, motivierte Mitarbeitende und entlastete Führungskräfte schaffen die Grundlage für langfristigen Erfolg.

Auch Kunden profitieren von klugem Delegieren: Zufriedene und engagierte Mitarbeitende liefern bessere Ergebnisse, reagieren schneller auf Kundenbedürfnisse und steigern die Qualität von Produkten und Dienstleistungen.

Warum Delegieren oft scheitert

Trotz aller Vorteile fällt es vielen Führungskräften schwer, Verantwortung abzugeben. Ein häufiger Fehler ist das sogenannte „Halb-Delegieren“: Aufgaben werden zwar übertragen, doch die Führungskraft greift ständig ein und kontrolliert jeden Schritt. Das frustriert die Mitarbeitenden und verhindert die erhoffte Entlastung.

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Ebenso fatal ist mangelnde Vorbereitung. Wer nicht klar kommuniziert, worum es bei der Aufgabe geht, oder die nötigen Ressourcen nicht bereitstellt, riskiert ein unbefriedigendes Ergebnis.

Ein Beispiel: Ein Abteilungsleiter delegiert das monatliche Reporting an eine neue Mitarbeiterin. Doch statt klare Anweisungen zu geben, lässt er sie ohne Orientierung mit der Aufgabe allein – ganz nach dem Motto: „Mach mal, aber schnell.“ Das Ergebnis: Ein unvollständiger Bericht, der die Erwartungen nicht erfüllt, weil diese zuvor nicht kommuniziert wurden. Der Frust war auf beiden Seiten groß – ein klassischer Fehlschlag.

Führungskräfte sollten Delegieren als Haltung verstehen

Delegieren ist nicht nur ein Führungsinstrument, sondern auch eine Haltung. Es zeigt: „Ich vertraue dir. Ich glaube an dich.“ Dieses Vertrauen bildet die Grundlage für echten, nachhaltigen Erfolg – für die Führungskraft, das Team und das gesamte Unternehmen.

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