Der Arbeitsmarkt steht vor einem Wendepunkt. Bis 2030 werden sich durchschnittlich 39 Prozent der heute erforderlichen Kompetenzen grundlegend verändern oder gar obsolet werden – das zeigt der aktuelle Future of Jobs Report 2025 des World Economic Forum, für den über 1.000 Unternehmen mit mehr als 14 Millionen Beschäftigten weltweit befragt wurden.
Die gute Nachricht vorweg: Wer rechtzeitig die richtigen Skills entwickelt, kann von dieser Transformation profitieren. Die schlechte: Wer die Zeichen der Zeit verkennt, riskiert seine berufliche Zukunft. Denn während die Nachfrage nach bestimmten Fähigkeiten regelrecht explodiert, verlieren andere deutlich an Bedeutung.
Die sieben nachfolgenden unverzichtbaren Zukunftskompetenzen bilden eine Mischung aus kognitiven Fähigkeiten, technologischem Verständnis und menschenzentrierten Soft Skills. Sie sind die Eintrittskarte in den Arbeitsmarkt von morgen und gleichzeitig der beste Schutz vor den Umbrüchen, die Automatisierung, Künstliche Intelligenz und wirtschaftliche Unsicherheit mit sich bringen.
Unternehmen suchen händeringend nach Bewerbern, die diese Kompetenzen mitbringen, denn 63 Prozent aller Arbeitgeber weltweit identifizieren Kompetenzlücken als größtes Hindernis für ihre Geschäftstransformation.
1. Analytisches Denken: Die Königsdisziplin der Zukunft
Analytisches Denken bleibt auch 2025 die gefragteste Kernkompetenz überhaupt. Sieben von zehn Unternehmen weltweit stufen diese Fähigkeit als unverzichtbar ein – mehr als jede andere Kompetenz. In einer zunehmend datengetriebenen Arbeitswelt, in der Entscheidungen auf Basis komplexer Informationen getroffen werden müssen, ist die Fähigkeit, Probleme strukturiert zu analysieren, Zusammenhänge zu erkennen und fundierte Schlussfolgerungen zu ziehen, entscheidend für den Unternehmenserfolg.
Besonders gefragt ist analytisches Denken in den Branchen Bildung und Weiterbildung, Lieferketten und Transport sowie Automotive und Luftfahrt, wo jeweils rund 70 Prozent der Arbeitgeber diese Kompetenz als Kernqualifikation betrachten. Doch auch über alle Sektoren hinweg zeigt sich: Analytische Fähigkeiten differenzieren wachsende von schrumpfenden Berufsfeldern. Wer hier punkten kann, verschafft sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt.
Denn: Datenanalysten, Strategieberater, Produktmanager und selbst klassische Handwerksberufe erfordern zunehmend die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte zu durchdringen und evidenzbasierte Lösungen zu entwickeln. Arbeitnehmer, die ihre analytischen Fähigkeiten unter Beweis stellen können, beispielsweise durch erfolgreich abgeschlossene Projekte, datengestützte Entscheidungen oder messbare Optimierungen, haben deutlich bessere Karten im Bewerbungsprozess.
2. Resilienz und Agilität: Krisenfest in turbulenten Zeiten
Mit 67 Prozent der Unternehmen, die Resilienz, Flexibilität und Agilität als Kernkompetenz einstufen, rangiert diese Fähigkeit auf Platz zwei der gefragtesten Skills. Die Bedeutung dieser Kompetenz hat in den vergangenen Jahren zugenommen: Verglichen mit der Ausgabe 2023 des Reports stieg der Anteil der Arbeitgeber, die diese Fähigkeiten als unverzichtbar ansehen, um 17 Prozentpunkte, einer der stärksten Zuwächse überhaupt.
Die Gründe liegen auf der Hand. Pandemie, Kündigungswellen, Inflation, geopolitische Spannungen und die Klimakrise haben Unternehmen und Mitarbeiter enormen Belastungen ausgesetzt. Arbeitnehmer, die in akuten Stresssituationen ruhig und überlegt handeln können, Konflikte aushalten und lösen, Verantwortung übernehmen statt in die pessimistische Opferrolle zu verfallen und Hürden als Weiterentwicklungsmöglichkeit begreifen, sind Gold wert für Arbeitgeber.
Besonders hoch ist die Nachfrage nach resilienten Mitarbeitern in den Branchen Landwirtschaft, Telekommunikation sowie Informations- und Technologiedienstleistungen, wo zwischen 78 und 83 Prozent der Unternehmen diese Kompetenz als zunehmend wichtig einstufen.
Doch auch branchenübergreifend gilt: Resilienz ist der Skill, um die Transformationen der kommenden Jahre erfolgreich zu meistern. Wer nachweisen kann, dass er oder sie kritische Phasen gemeistert, sich schnell an neue Rahmenbedingungen angepasst oder als Führungskraft Teams durch Krisen geführt hat, punktet bei Personalverantwortlichen.
3. Leadership und sozialer Einfluss: Führung auf Augenhöhe
61 Prozent der Unternehmen weltweit betrachten Leadership und sozialen Einfluss als Kernkompetenz, ein spektakulärer Anstieg um 22 Prozentpunkte gegenüber 2023, was diese Fähigkeit zur am stärksten wachsenden etablierten Kompetenz macht. Diese Entwicklung reflektiert einen fundamentalen Change in der Arbeitswelt: Flache Hierarchien, selbstorganisierte Teams und agile Arbeitsweisen ersetzen zunehmend starre Führungsstrukturen. In diesem Umfeld braucht es keine klassischen Befehlsempfänger mehr, sondern Mitarbeiter, die eigenständig Verantwortung übernehmen, Kollegen motivieren und auf Augenhöhe führen können.
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Leadership bedeutet heute nicht mehr, oben in der Nahrungskette zu stehen und knallharte Anweisungen zu geben. Vielmehr geht es darum, Teams zusammenzubringen, Prozesse selbstständig zu planen, den Erfolg von Projekten zu messen und Kollegen fachlich zu unterstützen, ohne dabei paternalistisch aufzutreten. Besonders in Branchen wie Automotive, Telekommunikation, Bildung sowie Informationstechnologie wird diese moderne Führungskompetenz hochgeschätzt, wo zwischen 68 und 71 Prozent der Arbeitgeber sie als zentral einstufen.
Für Bewerber bedeutet dies: Wer Erfahrungen in der Teamkoordination, im Projektmanagement oder in der Anleitung und Entwicklung von Kollegen nachweisen kann – und zwar unabhängig von der formalen Position – , verschafft sich einen entscheidenden Vorteil. Leadership ist keine Frage des Titels mehr, sondern eine Kompetenz, die jeder entwickeln und unter Beweis stellen kann.
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4. Kreatives Denken: Innovation als Überlebensstrategie
57 Prozent der Unternehmen weltweit zählen kreatives Denken zu den Kernkompetenzen. In einer Zeit, in der Routineaufgaben zunehmend automatisiert werden und Künstliche Intelligenz standardisierte Problemlösungen und Kernaufgaben übernimmt, wird die menschliche Fähigkeit zu originellem, neuartigem Denken umso wertvoller. Kreativität ist längst nicht mehr nur in klassischen „kreativen“ Berufen gefragt, sondern wird als strategische Kompetenz in nahezu allen Branchen geschätzt.
Besonders stark ausgeprägt ist die Nachfrage nach kreativen Köpfen in der Versicherungsbranche, wo 86 Prozent der Unternehmen diese Kompetenz als zunehmend wichtig einstufen, der höchste Wert aller Branchen. Auch in Bildung, Gesundheitswesen und Telekommunikation rangiert kreatives Denken unter den Top-Skills. Der Grund: Unternehmen stehen vor komplexen, noch nie dagewesenen Herausforderungen, vom Klimawandel über demografische Verschiebungen bis zur KI-Transformation. Diese Probleme lassen sich nicht mit vorgefertigten Lösungen bewältigen, sondern erfordern innovative, unkonventionelle Ansätze.
Wer im Bewerbungsprozess punkten möchte, sollte belegen können, wie er oder sie kreative Lösungen entwickelt hat: durch innovative Produktideen, ungewöhnliche Problemlösungsansätze erfolgreiche abgeschlossener Projekte oder durch die Fähigkeit, bestehende Prozesse von Grund auf neu zu denken. Kreativität ist messbar – durch Ergebnisse.
5. Motivation und Selbstbewusstsein: Der innere Antrieb zählt
52 Prozent der Arbeitgeber weltweit stufen Motivation und Selbstbewusstsein als Kernkompetenz ein. Diese Fähigkeit ist eng verknüpft mit dem Trend zu mehr Eigenverantwortung und Selbstorganisation am Arbeitsplatz. Moderne Unternehmen suchen nach Mitarbeitern, die nicht ständig Anleitung und Kontrolle benötigen, sondern eigenständig Ziele verfolgen, sich selbst organisieren und aus intrinsischer Motivation heraus Leistung erbringen.
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Selbstbewusstsein bedeutet in diesem Kontext nicht Arroganz, sondern ein realistisches Verständnis der eigenen Stärken und Schwächen, die Fähigkeit zur Selbstreflexion und den Mut, Verantwortung zu übernehmen. Motivierte Mitarbeiter, die unternehmerisch denken, Eigeninitiative zeigen und proaktiv handeln, treiben Innovationen voran und tragen maßgeblich zum Unternehmenserfolg bei. Sie warten nicht darauf, dass ihnen gesagt wird, was zu tun ist, sondern erkennen Probleme eigenständig und entwickeln entsprechende Lösungen.
Besonders in turbulenten Zeiten, wenn etablierte Prozesse hinterfragt und neue Wege beschritten werden müssen, sind selbstbewusste, motivierte Mitarbeiterpersönlichkeiten unverzichtbar. Wer im Lebenslauf oder im Bewerbungsgespräch konkrete Beispiele für Eigeninitiative, selbstorganisiertes Arbeiten oder unternehmerisches Denken nennen kann, signalisiert Personalverantwortlichen: Hier ist jemand, der mitdenkt und mitgestaltet.
6. Technologische Grundkompetenz: Das digitale Fundament
51 Prozent der Unternehmen weltweit betrachten technologische Grundkompetenz als Kernfähigkeit. Diese Kompetenz ist die Basis für alle weiteren technologischen Skills und beschreibt die Fähigkeit, digitale Werkzeuge sicher zu nutzen, grundlegende IT-Konzepte zu verstehen und sich in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt zurechtzufinden. Es geht nicht darum, Top-Programmierer zu sein, sondern um ein solides digitales Fundament, auf dem aufgebaut werden kann.
Die Bedeutung dieser Kompetenz zeigt sich besonders deutlich in ihrem Wachstum: Mit 68 Prozent der Arbeitgeber, die eine zunehmende Wichtigkeit prognostizieren, rangiert technologische Grundkompetenz auf Platz drei der am schnellsten wachsenden Skills. Branchen wie Automotive, Finanzdienstleistungen, Gesundheitswesen und Versicherungen sehen hier besonderen Nachholbedarf, wo zwischen 81 und 84 Prozent der Unternehmen diese Kompetenz als zunehmend wichtig einstufen.
Konkret bedeutet dies: Arbeitnehmer müssen in der Lage sein, digitale Tools zu nutzen, Daten zu verstehen und zu interpretieren, grundlegende Sicherheitsprinzipien zu beachten und offen für neue technologische Entwicklungen zu sein. Zertifikate, absolvierte Onlinekurse oder nachweisbare Erfahrungen mit relevanten Tools können im Bewerbungsprozess den den Aussschlag für den Job geben.
7. KI und Big Data: Die Raketenkompetenz
Auf den ersten Blick erscheinen 45 Prozent der Unternehmen, die KI und Big Data als Kernkompetenz einstufen, vergleichsweise moderat. Doch der Blick auf die Wachstumsdynamik offenbart eine andere Geschichte: Mit 87 Prozent der Arbeitgeber, die eine stark zunehmende Bedeutung dieser Kompetenz prognostizieren, führt KI und Big Data die Liste der am schnellsten wachsenden Skills mit weitem Abstand an. Keine andere Fähigkeit verzeichnet einen vergleichbaren Bedeutungszuwachs.
Die Gründe sind offensichtlich: 86 Prozent der Unternehmen weltweit erwarten, dass KI und Informationsverarbeitungstechnologien ihr Geschäft bis 2030 transformieren werden. In Deutschland sind es sogar 93 Prozent. Künstliche Intelligenz ist nicht mehr Science-Fiction, sondern Arbeitsrealität – von der Datenanalyse über Kundenservice bis zur Produktentwicklung. Unternehmen suchen deshalb dringend nach Mitarbeitern, die nicht nur KI-Tools bedienen können, sondern auch verstehen, wie diese funktionieren, welche Möglichkeiten und Grenzen sie haben und wie sie sinnvoll eingesetzt werden.
Besonders hoch ist die Nachfrage in Branchen wie Automotive (100 Prozent erwarten zunehmende Bedeutung), Telekommunikation, Professional Services und IT-Dienstleistungen. Doch auch in traditionelleren Sektoren wie Gesundheitswesen, Finanzdienstleistungen und öffentlichem Sektor liegt der Wert bei über 90 Prozent. KI-Kompetenz ist keine Nischen-Qualifikation mehr, sondern wird zur Grundvoraussetzung in nahezu allen Berufsfeldern.
Die Verlierer: Welche Skills an Bedeutung verlieren
Während die sieben genannten Kompetenzen boomen, gibt es auch Verlierer der Transformation. Besonders drastisch ist der Bedeutungsverlust bei manueller Geschicklichkeit, Ausdauer und Präzision: Mit minus 24 Prozent verzeichnet diese Kompetenz erstmals in der Geschichte des Future of Jobs Reports einen Netto-Rückgang. Automatisierung und Robotik übernehmen zunehmend Aufgaben, die früher manuelle Fertigkeiten erforderten. Auch klassische Bürotätigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen schrumpfen erstmals in ihrer Bedeutung, wenn auch nur leicht.
Dies bedeutet nicht, dass diese Fähigkeiten völlig wertlos werden. Wo manuelle Skills weiterhin benötigt werden, etwa bei Elektrotechnik, steigen paradoxerweise sogar die Anforderungen an Spezialisierung und Präzision.
Doch eines ist klar: Einfache, repetitive manuelle oder kognitive Tätigkeiten werden automatisiert. Wer überleben will, muss entweder hochspezialisiert sein oder sich auf die sieben Zukunftskompetenzen konzentrieren, die Maschinen nicht ersetzen können.
Was Bewerber jetzt tun sollten
Die Erkenntnis, welche Skills 2030 unverzichtbar sind, ist der erste Schritt. Also: wissen, was in Zukunft zählt. Der zweite besteht darin, aktiv zu werden. Entscheidend ist, die genannten Kompetenzen nicht nur im Lebenslauf aufzulisten, sondern sie auch nachvollziehbar zu belegen. Dies können erfolgreich abgeschlossene Projekte sein, messbare Ergebnisse, Auszeichnungen, Empfehlungen von Vorgesetzten oder Weiterbildungszertifikate. Spätestens im Bewerbungsgespräch werden Personaler konkrete Beispiele erwarten, wie die angegebenen Fähigkeiten in der Praxis zum Einsatz kamen.
Zudem lohnt sich eine strategische Investition in Weiterbildung. 85 Prozent der Arbeitgeber weltweit planen, ihre Belegschaft in den kommenden fünf Jahren weiterzubilden. Doch während 29 von 100 Arbeitnehmern in ihrem aktuellen Job weiterqualifiziert werden und 19 umgeschult und intern neu eingesetzt werden, erhalten 11 von 100 voraussichtlich keine Weiterbildung – ihre Beschäftigungsaussichten verschlechtern sich dramatisch. Wer nicht darauf warten will, dass der Arbeitgeber aktiv wird, sollte selbst die Initiative ergreifen: durch Online-Kurse, Zertifizierungen, Projektarbeit oder den gezielten Aufbau von Erfahrungen in den sieben Schlüsselkompetenzen.
Die Zukunft gehört den Vielseitigen
Die Analyse der sieben unverzichtbaren Skills offenbart: Die Zukunft gehört nicht den Spezialisten in einem einzigen Bereich, sondern den Generalisten, die eine Balance aus kognitiven Fähigkeiten, technologischem Verständnis und menschenzentrierten Soft Skills mitbringen. Analytisches Denken allein reicht nicht aus, wenn die Resilienz fehlt, um mit Rückschlägen umzugehen. KI-Kompetenz nützt wenig ohne die Kreativität, um innovative Anwendungen zu entwickeln. Und Leadership funktioniert nicht ohne Motivation und Selbstbewusstsein.
Diese ganzheitliche Kompetenzentwicklung ist anspruchsvoll, aber sie ist auch der beste Schutz vor den Verwerfungen des Arbeitsmarkts. Denn während einzelne Jobs verschwinden und neue entstehen, bleiben diese sieben Fähigkeiten über Branchengrenzen und Berufsfelder hinweg relevant. Sie sind transferierbar, anpassungsfähig und werden immer gefragt sein. Wer heute in diese Skills investiert, sichert nicht nur seinen Job bis 2030, sondern weit darüber hinaus.







