„Warum haben Sie sich bei uns beworben?“ – „Weil mein alter Chef ein A… war.“ Manche Bewerber disqualifizieren sich schneller, als du Kaffee einschenkst. Und trotzdem stellen wir sie ein. Warum? Weil wir zu sehr auf Lebensläufe schauen statt auf Zwischentöne. Weil gute Fachkräfte heute Gold wert sind. Und weil schwierige Mitarbeiter sich nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen geben, aber immer Spuren hinterlassen.
Was sind schwierige Mitarbeiter überhaupt?
Schwierige Mitarbeiter sind keine bösen Menschen. Aber sie sind gefährlich für jedes Team. Sie bringen Unruhe in gut funktionierende Strukturen, torpedieren Veränderungsprozesse und binden überproportional viele Ressourcen – emotional wie zeitlich. Typisch sind überkritisches Verhalten, ständiges Nörgeln, mangelnde Teamfähigkeit oder verdeckter Widerstand gegen Führung.
Sie sabotieren nicht unbedingt aktiv, aber sie ziehen Energie ab. Ihr Verhalten wirkt wie Sand im Getriebe – das Team arbeitet langsamer, Konflikte summieren zu, die Stimmung kippt. Die Folge: gute Leute gehen, während die falschen bleiben.
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Woher kommt dieses „schwierige“ Verhalten?
Nicht jeder schwierige Mitarbeiter war schon immer so. Manche werden es – durch schlechte Führung, unklare Rollen, fehlende Wertschätzung. Andere bringen ihre Muster schon mit: Misstrauen, Egozentrik, chronische Unzufriedenheit.
Studien zeigen: Psychologische Sicherheit, Wertschätzung und klare Kommunikation können viel auffangen, aber nicht alles heilen. Wer toxisches Verhalten kultiviert, hat meist tieferliegende Themen. Manche suchen im Beruf unbewusst eine Bühne für alte Kränkungen.
Schwierige Mitarbeiter? Diese Warnsignale zeigen sich früh
Wer genau hinhört, kann Warnsignale schon im ersten Kennenlernen erkennen. Denn schwierige Charakterzüge verstecken sich nicht – sie tarnen sich.
1. Sie lästern über frühere Arbeitgeber
„Mein letzter Chef war inkompetent.“ Oder: „Da herrschte eine richtige Mobbing-Kultur.“ Klar, es gibt schlechte Arbeitgeber. Aber wer pauschal austeilt, ohne Selbstreflexion, zeigt: Hier könnte jemand das Problem sein, nicht das Umfeld.
2. Sie übernehmen keine Verantwortung
„Das Projekt ist gescheitert, weil das Team nicht funktioniert hat.“ Wer immer nur die Schuld bei anderen sucht, wird später auch keine Verantwortung übernehmen. Fehlerkultur? Nicht vorhanden.
3. Sie zeigen kaum Interesse
Ein Vorstellungsgespräch ist keine Einbahnstraße. Wenn Bewerber keine Fragen stellen, weder zur konkreten Rolle noch zum Team, zur Führungskultur oder zu Entwicklungsmöglichkeiten, ist das ein Warnsignal. Es könnte bedeuten: Der Bewerber sieht den Job nur als Übergangslösung.
Gerade bei gut vorbereiteten Kandidaten erwarten wir Neugier, Gegenfragen, Reflexion. Fehlendes Interesse kann ein Hinweis auf Gleichgültigkeit, eine innere Kündigung oder fehlende Identifikation mit dem Beruf sein. Wer sich schon im Vorstellungsgsgespräch passiv verhält, wird später kaum aktiv gestalten.
4. Sie betonen Soft Skills übertrieben
„Ich bin empathisch, kommunikativ, teamorientiert.“ Wenn das wie auswendig gelernt klingt – und dazu noch übertrieben oft wiederholt wird -, ist Vorsicht geboten. Wer Soft Skills plakativ betont, will damit häufig Defizite kaschieren. Wirklich empathische Menschen sprechen nicht ständig darüber – sie zeigen es im Gespräch: durch Zuhören, differenzierte Antworten und ein reflektiertes Gegenüber. Es gilt: Je lauter jemand seine Teamfähigkeit betont, desto leiser ist sie meist im Alltag erlebbar.
5. Sie widersprechen sich selbst
„Ich liebe flache Hierarchien, brauche aber klare Ansagen.“ – „Ich arbeite gern eigenverantwortlich, aber ohne Anleitung läuft’s nicht.“ Solche Aussagen sind nicht per se widersprüchlich – doch wer sich wiederholt relativiert oder seine Standpunkte ständig abschwächt, wirkt unsicher oder unauthentisch. Oft steckt dahinter der Versuch, es allen recht zu machen oder die Angst, etwas Falsches zu sagen. Beides kann später zu Anpassungskonflikten führen, vor allem in dynamischen Arbeitsumfeldern.
6. Sie wirken gereizt oder überheblich
Zwischen den Zeilen lässt sich oft mehr ablesen als in den Antworten selbst. Wer im Smalltalk stichelt, herablassend über frühere Arbeitgeber spricht oder bei kritischen Fragen ungehalten reagiert, zeigt: Hier fehlt möglicherweise emotionale Reife. Arroganz wird dann mit Souveränität verwechselt. Im Berufsalltag können solche Personen zur Belastung für Teams und Führung werden – denn wer schon im Gespräch Dünnhäutigkeit zeigt, wird später kaum kritikfähig agieren.
Was passiert, wenn man die Warnzeichen ignoriert?
Ein einziger schwieriger Mitarbeiter kann mehr Schaden anrichten, als drei gute Kollegen für das Wachstum eines Unternehmens tun können. Toxische Kollegen senken nicht nur die Produktivität, sie führen auch dazu, dass leistungsstarke Mitarbeiter kündigen.
Und das hat Folgen:
- Höherer Krankenstand im Team
- Sinkende Innovationskraft
- Zunehmende Fluktuation
- Vertrauensverlust gegenüber Führungskräften
Wie schützt man sich vor schwierigen Mitarbeitern?
1. Stelle verhaltensorientierte Fragen
Fragen wie „Erzählen Sie mir von einem schwierigen Konflikt mit einem Kollegen – wie haben Sie ihn gelöst?“ oder „Gab es in Ihrer letzten Position Entscheidungen, die Sie nicht mittragen konnten? Wie sind Sie damit umgegangen?“ holen Bewerber gezielt aus der Komfortzone. Sie zwingen zur Reflexion, zur konkreten Schilderung von Verhalten und zeigen, wie jemand unter Druck, im Konflikt oder bei Meinungsverschiedenheiten wirklich tickt.
2. Beobachte Körpersprache und Tonfall
Ein stimmiger Lebenslauf und eloquente Antworten können blenden – aber die Körpersprache lügt selten. Wer mit verschränkten Armen dasitzt, ausweichend blickt oder auf kritische Fragen mit nervösem Lächeln reagiert, zeigt innere Anspannung.
Auch der Tonfall ist ein Indikator: Klingt jemand übertrieben freundlich, zu glatt, vielleicht sogar passiv-aggressiv? Oder wirkt die Stimme flach, fast desinteressiert? Natürlich kann Nervosität eine Rolle spielen – doch wer gar keine emotionale Resonanz zeigt oder durchgehend kontrolliert wirkt, könnte etwas verbergen. Auf Zwischentöne achten lohnt sich – gerade im Gespräch mit Profis.
3. Führe Zweitgespräche mit Teammitgliedern
Was im Einzelgespräch noch gut funktioniert, fällt im Team-Setting oft auf. Ein Bewerber, der im 1:1 souverän und offen wirkt, zeigt im Austausch mit späteren Kollegen womöglich Dominanz, Unsicherheit oder versteckte Konkurrenzhaltung. Gerade zwischenmenschliche Reibungen lassen sich hier früh erkennen:
- Hört die Person zu?
- Interessiert sie sich wirklich für das Team?
- Oder wirkt sie distanziert und oberflächlich höflich?
Die Beobachtungen aus einem solchen Gespräch sind Gold wert – denn das Team spürt sehr schnell, ob jemand passt oder nicht. Und genau das ist am Ende entscheidend.
4. Vertraue deinem Bauchgefühl – aber prüfe es
Sympathie ist keine Einstellungsvoraussetzung. Und ein flaues Gefühl im Gespräch muss nicht sofort ein Dealbreaker sein. Aber: Wenn dir etwas querliegt, eine Antwort, eine Geste, ein seltsamer Moment, lohnt es sich, nachzuhaken. Nicht vorschnell urteilen, aber aufmerksam bleiben. Oft ist unser Unbewusstes schneller als der Verstand. Der Trick ist, dieses Gefühl zu konkretisieren: Was genau hat mich irritiert? Passt das ins Gesamtbild? Und wie verhält sich der Eindruck im Abgleich mit anderen Meinungen oder Referenzen? Wer gelernt hat, sein Bauchgefühl mal zu hinterfragen, trifft meist die besseren Personalentscheidungen.
Menschenkenntnis vor Fehlbesetzungen schützt
Schwierige Persönlichkeiten erkennt man nicht an der Uni, sondern im Umgang mit anderen. Wer sie rechtzeitig identifiziert, schützt nicht nur die Teamkultur, sondern auch das Vertrauen in Führung. Entscheidend ist weniger, was im Lebenslauf steht, sondern wie jemand spricht, zuhört, sich einfügt. Personaler verfügen in der Regel über genau diese Menschenkenntnis und erkennen die feinen Nuancen, bevor sie teuer werden.