33 Prozent der Bewerber geben es offen zu: Sie lügen in ihrem Lebenslauf und Anschreiben. Und nein, wir sprechen hier nicht nur von kleinen Schönheitskorrekturen oder wohlwollenden Formulierungen. Wir reden von dreisten, bewussten Lügen.
Bewerbung als Theaterstück: Lügen gehört fast schon dazu
Im aktuellen „Job Search Trends Report“ von FlexJobs gaben 2.200 US-Berufstätige Einblicke in ihre Bewerbungsrealität. Und die hat es in sich: Ein Drittel der Befragten gab zu, den Lebenslauf oder das Anschreiben frisiert zu haben. Jeder Fünfte spielte Begeisterung für Unternehmenswerte vor, jeder Zehnte dehnte seine Jobtitel oder -laufzeiten, um Lücken zu kaschieren.
Warum? Weil der Bewerbungsprozess oft ein Schauspiel ist. Und weil viele glauben, man muss mitspielen oder verliert. Wer nicht übertreibt, hat keine Chance auf den Job. So zumindest die Logik der Lebenslauflügner.
Der Druck auf Bewerber steigt – auch, weil sich der Bewerbermarkt langsam wieder zum Arbeitgebermarkt entwickelt. Auf Plattformen wie LinkedIn inszenieren sich so viele als Superheld: nicht nur der Produktivität, sondern auch der Selbstoptimierung, des Storytellings und der „Purpose“-Verwirklichung. Jeder Beitrag eine Performance, jeder Lebenslauf ein Hochglanz-Profil.
Recruiter scannen Lebensläufe in wenigen Sekunden. KI-Systeme sortieren gnadenlos aus. In dieser Kulisse erscheint eine kleine Lüge schnell als notwendiger Selbstschutz, um nicht durchs Raster zu fliegen und den gewünschten Job zu bekommen. Doch aus der kleinen Schummelei wird schnell ein wackeliges Kartenhaus.
Soft Skills aus dem Wunschkonzert
Was heißt das für HR? Bewerbungsunterlagen werden zur Mogelpackung. Die geschönte Bewerbung ist keine Ausnahme mehr, sondern verdammt nah am neuen Standard. Besonders beliebt: Soft Skills erfinden (Teamplayer!), Belastbarkeit simulieren („Ich liebe Stress!“) oder Krokodilstränen für die Firmenmission vergießen.
Doch die schöne Fassade hält selten lange. HR-Experten erkennen die Muster: Vage Beschreibungen ohne konkrete Beispiele. Lebensläufe, die aalglatt wirken. Bewerber, die bei Nachfragen ins Schlingern geraten und sich widersprechen. Wer zu viel – zu perfekt – liefert, wirkt schnell unglaubwürdig.
Dabei nutzen Personaler strukturierte Interviews, Referenzchecks, Online-Profile und sogar KI-gestützte Verifikationssysteme, um Unstimmigkeiten aufzudecken. Wer sich hier zu viel ausdenkt, riskiert schnell, enttarnt zu werden.
Erwischt? Dann war’s das meist auch
Und was passiert, wenn die Flunkerei auffliegt? Im besten Fall: peinlich. Im schlimmsten: fristlose Kündigung. Denn wer mit einer Lüge startet, steht schon mit einem Bein vor dem Unternehmenstor. Das Tor im Rücken versteht sich.
Langfristig drohen Karriereknicke und bleibende Rufschäden. In manchen Branchen kann ein enttarnter Lebenslaufschwindel sogar juristische Konsequenzen nach sich ziehen, etwa, wenn man sich mit gefälschten Abschlüssen oder Zertifikaten bewirbt.
Besonders heikel wird es auf Führungsebene: In den USA musste etwa ein namhafter CEO eines Tech-Unternehmens zurücktreten, weil er einen Studienabschluss in Informatik angegeben hatte, den er nie erworben hatte. Der Widerspruch wurde durch einen Aktionär öffentlich gemacht, das betreffende College bestätigte die Falschinformation und die Karriere des angesehenen Managers war von einem Tag auf den anderen beendet.
Ehrlich, aber clever: So geht’s besser
Statt den Lebenslauf zur Wunscherkonzert umzubauen, braucht es Ehrlichkeit mit Strategie. Ja, man darf sich ins rechte Licht rücken, aber bitte mit Fakten statt Fiktion. Statt „Teamplayer“, lieber ein konkretes Beispiel für erfolgreiche Zusammenarbeit nennen. Statt Stressliebe zu heucheln, echte Stresskompetenz mit Erfahrung belegen.
Auch Lücken müssen kein Ko-Kriterium sein: Wer reflektiert, was er in dieser Zeit gelernt oder ausprobiert hat, wirkt authentisch. Und wer mit ehrlichem Interesse für die Firmenkultur punktet, muss keine Mission vorspielen.