„Schön, dass Sie da sind – hier ist Ihr Passwort, viel Erfolg!“ Kommt dir das bekannt vor? Willkommen im Onboarding: ein Pflichtprogramm, das neue Mitarbeitende möglichst schnell auf Betriebstemperatur bringen soll. Übersetzt: „Pass dich an – aber bitte zügig.“ Kein Wunder, dass viele schon in den ersten Wochen innerlich wieder kündigen.
„Moments That Matter“ – was steckt dahinter?
„Moments That Matter“ klingt zunächst nach Marketing-Blabla, ein weiteres Buzzword im HR-Dschungel. Doch dahinter steckt ein entscheidendes Konzept: Es geht um die emotional aufgeladenen Momente, die unsere Wahrnehmung einer Beziehung langfristig prägen – ob zwischen Marken und Konsumenten oder zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden.
Der Begriff stammt aus der Customer-Experience und beschreibt jene Momente, die darüber entscheiden, ob Kunden loyal zur Marke bleiben oder abspringen. Übertragen auf den Arbeitsplatz sind es die Schlüsselmomente, in denen neue Mitarbeitende spüren: Bin ich hier willkommen? Werde ich als Mensch gesehen – oder nur als Human Resource?
Besonders die kleinen Augenblicke prägen diesen Eindruck – und entscheiden, ob ich mich hier richtig fühle oder nicht:
- Der erste Arbeitstag.
- Der Moment, in dem man das Team kennenlernt.
- Die erste Aufgabe, die einem zugetraut wird.
Diese Momente aktivieren emotionale Kohärenz – das Gefühl, am richtigen Ort zu sein, Teil eines Ganzen. Sie liefern unbewusst die Antwort auf die Frage: „Passen meine Werte, Erwartungen und Bedürfnisse zu diesem Umfeld?“ Fällt diese Antwort negativ aus, beginnt der innere Rückzug oft schon, bevor die Probezeit endet.
Warum klassisches Onboarding oft scheitert
Genau hier liegt der Haken: Viele Unternehmen behandeln Onboarding noch immer wie eine Checkliste.
- Vertrag unterschrieben? Check.
- Arbeitsplatz eingerichtet? Check.
- IT-Zugang? Check.
Alles erledigt. Doch Menschen sind keine Excel-Tabellen und lassen sich nicht abhaken. Emotionaler Anschluss entsteht nicht zwischen Drucker, Kaffeemaschine und Passworteinweisung.
Die ersten Wochen sind dabei besonders prägend. Wer in dieser Zeit keine Verbindung spürt, keine echte Einladung erlebt, zieht sich innerlich zurück. Gleichzeitig legen genau diese ersten Momente das Fundament: für Bindung, Vertrauen, Zugehörigkeit.
Doch viele Organisationen übersehen das – oder messen dem nicht genug Wert bei. Die unausgesprochene Botschaft lautet: „Hier läuft’s halt so, gewöhn dich dran.“ Es wird erwartet, dass die oder der Neue sich anpasst, sich einfügt – und das möglichst geräuschlos. Persönlichkeit? Zweitrangig. Die Konsequenz: Schon in den ersten Tagen entsteht so eher Distanz als Nähe.
Die Kraft der emotionalen Bindung
Dabei wäre der Hebel klar: emotionale Bindung. Nicht durch Hochglanzbroschüren, nicht durch standardisierte Einarbeitungsleitfäden, sondern durch echte Erfahrungen, die Zugehörigkeit, Wertschätzung und Sicherheit vermitteln.
Die ersten Tage wirken somit wie ein Radar: Alles wird intensiver wahrgenommen, bewertet, gespeichert. Jede Begegnung, jedes Gespräch, jede Geste sendet ein Signal. Das Gehirn fragt permanent:
- „Bin ich hier richtig?“
- „Bin ich hier gewollt?“
- „Passe ich hier rein?“
Bleiben diese Fragen unbeantwortet – oder lauten die Antworten gar „nein“ –, aktiviert das Gehirn Stressreaktionen. Was fehlt, ist psychologische Sicherheit. Und wer sich nicht sicher fühlt, wird sich nicht einbringen, nicht vertrauen, nicht bleiben. Die emotionale Abkoppelung beginnt – und ist kaum noch aufzuhalten.
Schon gewusst? Viele neue Mitarbeitende entscheiden bereits in den ersten sechs Wochen, ob sie bleiben – oder wieder gehen. Führungskräfte spielen dabei eine Schlüsselrolle: Wer in dieser Phase emotionale Nähe schafft, gibt nicht nur Orientierung, sondern auch Sicherheit. In unserem Onboarding-Guide zeigen wir praxisnah, wie Unternehmen neue Mitarbeitende nicht nur einarbeiten, sondern wirklich ankommen lassen.
„Moments That Matter“ als Rettungsanker
Die gute Nachricht: Niemand muss sich dafür ein Bein ausreißen – oder zu hippen Team-Events einladen. Die wirksamsten „Moments That Matter“ sind oft schlicht – aber wirkungsvoll:
- Ein persönlich formulierter Willkommensgruß vom Team.
- Ein offener und entspannter Austausch mit der Führungskraft.
- Eine kleine Aufgabe, die bewusst so gewählt ist, dass der oder die Neue sie selbstständig lösen kann – und spürt: „Ich kann hier etwas beitragen.“
Statt mit einem PowerPoint-Marathon über das Unternehmen und die nächsten Ziele, beginnt der erste Arbeitstag mit einem Frühstück, bei dem das Team persönliche Geschichten und Anekdoten aus dem Arbeitsalltag teilt. Zwei Wochen später folgt ein Gespräch mit der Geschäftsführung: „Was ist dir bisher aufgefallen, was wir besser machen könnten?“ So entsteht ein Einstieg, der die Fluktuation in der Probezeit spürbar senken kann – und bei dem sich neue Mitarbeitende ernstgenommen fühlen. Nicht nur als Human Resource in einer digitalen Personalakte, sondern als Mitgestaltende.
Was Unternehmen konkret tun können
Onboarding darf demnach kein automatisierter Prozess sein, der einmal abläuft und dann in den Hintergrund rückt. Es ist ein Erlebnis – und es muss bewusst gestaltet werden. Führungskräfte sollten sich fragen: „Welche Erfahrungen soll unser neues Teammitglied in den ersten Tagen und Wochen machen?“ Diese Frage stellen wir uns bei unseren Kunden schließlich auch – warum also nicht ebenso bei den eigenen Mitarbeitenden?
Onboarding ist weit mehr als ein reiner Einstieg in den neuen Job. Es lebt von Momenten, die emotionale Resonanz erzeugen. In diesen Augenblicken sollten sich Führungskräfte als Gastgeber verstehen, die Räume für Begegnung, Vertrauen und echtes Ankommen öffnen. Denn genau hier wird Zugehörigkeit spürbar – und „Moments That Matter“ werden zu einem tragenden Pfeiler der Mitarbeiterbindung, gerade in einer Zeit, in der Talente rar sind und die Wechselbereitschaft hoch ist.