Viele Arbeitnehmer stehen im Joballtag vor moralischen Entscheidungen. Nicht immer ist die Frage, ob man die Wahrheit sagen sollte, sondern oft, ob man es überhaupt kann, ohne schwerwiegende Konsequenzen befürchten zu müssen.

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Stell dir vor: Dein Chef bittet dich, Zahlen zu frisieren, damit ein Deal mit einem wichtigen Kunden zustande kommt. Du weißt, dass das falsch ist, denkst aber auch an deine eigene Zukunft im Unternehmen. Was, wenn du ablehnst und als illoyaler Mitarbeiter gebrandmarkt wirst?

Mehr als 60 % der Arbeitnehmer sind schon einmal in Situationen gewesen, in denen sie moralisch zweifelhafte Entscheidungen treffen mussten. Häufig sehen sie sich gezwungen, entgegen ihre eigenen Überzeugungen zu handeln, um ihren Job zu sichern und den Betriebsfrieden zu wahren.

Hier beginnt die moralische Grauzone: Persönliche Werte kollidieren mit den Erwartungen des Arbeitgebers. Die Grenze zwischen richtig und falsch verschwimmt. Doch was bedeutet das für unsere Gesellschaft? Wann verrät man sich selbst, weil man zu oft weggesehen hat?

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Wenn Arbeitgeber Lügen fördern und fordern

Warum ermutigen einige Arbeitgeber ihre Mitarbeiter überhaupt zu Unwahrheiten oder verlangen es sogar explizit? Ein Grund könnte der immense Druck, dem viele Firmen ausgesetzt sind – besonders in hart umkämpften Märkten und in Krisenzeiten.

  • Anteilseigner erwarten schnelle Gewinne, und unter diesem Druck werden ethische Standards manchmal zur lästigen Nebensache.
  • Führungskräfte fordern Ergebnisse, koste es, was es wolle, um ihre eigenen Position zu festigen.
  • Und wenn Erfolg in Zahlen gemessen wird, sind ethische Grundsätze eher hinderlich.

Das führt dazu, dass Regelbrüche als notwendiges Übel betrachtet werden und in Kauf genommen werden, um im Wettbewerb zu bestehen.

Der EY Global Integrity Report 2024 zeigt: 42 % der Befragten weltweit sind der Meinung, dass unethisches Verhalten in ihren Unternehmen geduldet wird, solange es den wirtschaftlichen Zielen dient – also der Laden läuft. Diese Zahl verdeutlicht, wie tief solche Praktiken in manchen Unternehmenskulturen verankert sind.

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Und noch alarmierender: 38 % der Befragten geben an, dass sie bereit wären, auf Anweisung ihres Vorgesetzten unethisch zu handeln. Quasi ohne mit der Wimper zu zucken.

Nur knapp die Hälfte der Befragten glaubt, dass sich die Integritätsstandards in ihren Unternehmen verbessert haben – trotz hoher Investitionen in Compliance. Das zeigt: Echte Integrität erfordert mehr als Regeln, sie braucht eine Veränderung der gesamten Unternehmenskultur. Besonders kritisch ist zudem, dass 31 % der Befragten denken, dass unethisches Verhalten bei Führungskräften eher toleriert wird als bei anderen „normalen“ Mitarbeitern. Eine solche Doppelmoral untergräbt das Vertrauen und schafft natürlich ein Umfeld, in dem persönliche Werte auf der Strecke bleiben.

Unethisches Verhalten: Kleine Lügen – große Folgen

Was als kleine Lüge beginnt, wird schnell zum Strudel aus Regelbrüchen. Vielleicht hast du einmal die Zahlen geschönt – oder, wie es in dunklen Kreisen heißt, frisiert –, um ein Verhandlungsgespräch doch noch zu retten. Oder ein kleines Versprechen gegeben, das du nicht halten konntest und das vorher wusstest. Solche „kleinen“ Verstöße schaffen eine Atmosphäre, in der die Wahrheit immer flexibler ausgelegt wird. Mit jedem Schritt über die eigene Grenze wird es einfacher, sie weiter auszudehnen.

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Unethisches Verhalten hat jedoch noch weitere Folgen – besonders für das eigene Selbstbild. Wer regelmäßig unethischen Anweisungen folgt, entfernt sich zunehmend von den eigenen Werten. Das Resultat: schlaflose Nächte, ein nagendes schlechtes Gewissen und die ständige Sorge, dass alles ans Licht kommt – das man auffliegen könnte.

Darüber hinaus schadet unethisches Verhalten nicht nur dem Mitarbeiter selbst, sondern auch dem Image des Unternehmens. Ein einmal beschädigter Ruf verprellt Kunden, lässt Umsätze einbrechen und kostet das Vertrauen der Geschäftspartner.

Der moralische Kompass als Orientierungshilfe

Ist bedingungslose Loyalität wirklich der einzige Weg um die Karriereleiter zu erklimmen? Gibt es nicht doch Alternativen, die verhindern, dass man sich im Job selbst verliert?

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Es gibt viele Menschen, die sich trotz Risiken gegen unethische Handlungen entschieden haben. Prominente Whistleblower wie Edward Snowden oder Chelsea Manning sind Beispiele dafür, dass moralische Überzeugungen wichtiger sein können als die eigene Karriere. Doch auch im Alltag gibt es diese Helden: Menschen, die sich weigern, falsche Zahlen zu präsentieren oder auf ihren Prinzipien bestehen, auch wenn es unangenehm wird.

Stell dir folgende Frage: Warum sollte ich für meinen Chef lügen?

„Lügen gewinnen vielleicht den Sprint, aber die Wahrheit gewinnt den Marathon.“

Dieses Zitat von Michael Jackson erinnert uns daran, dass kurzfristige Erfolge durch Unehrlichkeit möglich sind, langfristig aber Integrität und Wahrheit die besseren Resultate bringen – für uns selbst und das Unternehmen.

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Gemeinsam gegen den moralischen Verfall

Die Verantwortung für ethisches Verhalten am Arbeitsplatz liegt nicht nur bei jedem Einzelnen, sondern besonders bei den Unternehmen. Arbeitgeber sollten ein Umfeld schaffen, in dem Ehrlichkeit und Integrität gefördert und gefordert werden. Nur dann fühlen sich Mitarbeiter sicher genug, ihre Meinung zu äußern, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen.

Unternehmen, die eine offene und ehrliche Unternehmenskultur pflegen, profitieren langfristig – sowohl durch das intrinsische Engagement ihrer Mitarbeiter als auch durch ein solides Vertrauen nach innen und außen. Kunden werden es ihnen danken.

Wo endet deine Loyalität zu deinem Chef?

Wer für seinen Chef lügt, stellt nicht nur die Loyalität infrage, sondern auch die eigene Integrität. Wo verläuft die persönliche Grenze? Wie viel Opportunismus ist vertretbar? Loyalität darf kein Freifahrtschein für moralische Beliebigkeit sein. Wer sich selbst treu bleibt, zahlt vielleicht einen Preis – aber schläft besser.

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Hast du schon einmal für deinen Chef gelogen? Warum? Wie ist es dir dabei ergangen?

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