Einige schnuppern vorsichtig. Viele schielen rüber auf die freien Jobs. Und ein Teil hat bereits gekündigt. Hier kommen die wichtigsten Gründe für einen Jobwechsel der Deutschen.

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Der Arbeitsmarkt scheint ein neues Gesicht zu bekommen, denn vieles befindet sich im Wandel. Deutsche Beschäftigte denken um. Sie möchten ihren Job wechseln, etwas anderes ausprobieren, kündigen. Zugleich steigt die Anzahl an fehlenden Fachkräften in vielen Branchen, was Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in eine gute Verhandlungsposition bringt.

Warum wollen so viele Menschen gerade jetzt den Job wechseln?

1. Grund: „Schotter, Moos, Zaster“ – mehr davon auf dem Bankkonto

Es ist überall zu spüren: Immer mehr Beschäftigte fordern selbstbewusst das ein, was ihnen finanziell zusteht. Viele Jahre haben Angestellte in diversen Jobs gearbeitet, ohne eine faire Entlohnung zu erhalten.

Eine aktuelle softgarden-Studie („Jobwechsel 2022“) unterstreicht die Annahme, dass ein Jobwechsel unter anderem mit der Begründung einer zu niedrigen Bezahlung erfolgt. Rund 62 Prozent der Studienteilnehmer, die sich aus einem derzeit noch bestehenden Arbeitsverhältnis heraus bei einem anderen Unternehmen bewerben, tun dies mit der Hoffnung auf einen besseren Lohn. Die steigenden Lebenshaltungskosten sprechen ebenfalls dafür, sich auf dem Jobmarkt umzuschauen, um bald mehr auf dem Bankkonto haben zu können.

Info: Hast du gewusst, dass alle Deutschen sich nicht so richtig trauen, bei ihrem Chef nach noch mehr Geld zu fragen – auch wenn ihnen theoretisch eine Lohnerhöhung zusteht? Das fand eine StepStone-Studie heraus, in der 16 Prozent der Befragten angaben, den Chef nur nach einer Erhöhung zu fragen, nachdem sie besonders gute Arbeitsleistungen erbracht hätten.

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2. Grund: Geringe Chancen für die eigene Karriere

Bescheidene, karge Karriereaussichten treiben immer mehr Beschäftigte in die Arme anderer Arbeitgeber: Wer aktuell unzufrieden ist und keine Hoffnung hat, sich beruflich weiterentwickeln zu können, wird den Job wohl wechseln. Zumindest geben das etwa 52 Prozent der Befragten in der Jobwechsel-Studie an.

Häufig entsteht eine akute Perspektivlosigkeit für Beschäftigte, die keine Möglichkeit sehen, mehr Verantwortung, eine bessere Position oder Anerkennung in Form einer Beförderung zu erhalten. Auf diese Weise können Antrieb und Sinnhaftigkeit schwinden. Sie führen regelmäßig dazu, dass Betroffene den Job innerlich kündigen und – irgendwann – das Unternehmen verlassen.

3. Grund: Der Chef ist oft schuld

Die Umfrage hat weiter ergeben, dass 50 Prozent derjenigen, die ohne neue Jobzusage gekündigt haben, angeben, dass die Unzufriedenheit mit dem eigenen Chef der Grund ist.

Das ist nicht neu: Eine Forsa-Umfrage aus 2019 hat bereits gezeigt, dass jeder dritte Beschäftigte den Job an den Nagel hängen wollte, weil es mit dem direkten Vorgesetzten einfach nicht gepasst hat. Gehen wir noch einmal 10 Jahre zurück zum Jahr 2009, können wir einer Studie der Ruhr-Universität (Fakultät Psychologie) ebenfalls eine solche Tendenz entnehmen: Der Chef beeinflusst demnach maßgeblich die Zufriedenheit der Mitarbeiter.

Häufige Probleme mit dem Boss können sein:

Gut zu wissen: Arbeitgeber und Unternehmen sollten berücksichtigen, dass Arbeitnehmern aktuelle Schlüsselthemen wie Anerkennung, Wertschätzung und konstruktive, regelmäßige Feedbackgespräche ebenfalls wichtig sind. Fehlt die Kommunikation dieser Art, kann es schnell passieren, dass Beschäftigte sich anderweitig umschauen.

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4. Grund: Der Job bietet wenig Sinnhaftigkeit und Identifikation

Ein weiter Grund für den Jobwechsel ist, dass Arbeitnehmer sich nicht mit dem „Unternehmenszweck“ verbinden können. Wenn Sinn und Identifikation fehlt, ist es schwierig, die Lust an der Arbeit aufrechtzuerhalten.

Im Umkehrschluss zeigt das, wie wichtig es geworden ist, dem Job einen größeren Wert als nur den des Geldverdienens zuzuschreiben. Gemeinsame Werte und der innere Antrieb, den Job weiter auszuführen, sind in solchen Fällen nur selten vorhanden.

Vor allem ist der innere Antrieb mit der Sinnhaftigkeit verbunden: Sogenannte „intrinsische Reize“ sorgen dafür, dass der eigene Leistungsmotor genügend Energie hat, um zu laufen. Fehlt die innere Motivation, helfen äußere Einflussfaktoren wie Geld und Prestige nur selten.

5. Grund: Fehlende Work-Life-Balance

Der Wunsch nach mehr Urlaubstagen ist ein Wechselgrund für einige Arbeitnehmer. Generell steckt dahinter oft auch die Sehnsucht nach einer besseren Work-Life-Balance. Rund 26 Prozent der Befragten in der softgarden-Umfrage gaben dies als Begründung für einen Jobwechsel an.

Es verwundert nur wenig. Der Begriff „Work-Life-Balance“ ist vor allem präsent, seit Generation Y immer wichtiger für den Arbeitsmarkt geworden ist. Arbeits- und Privatleben sollen gut miteinander vereinbart werden können – so die Idee. In der Praxis arbeiten viele Beschäftigte jedoch mehr, als sie es sich wünschen. Häufiger Grund hierfür ist das fehlende Personal in vielen Unternehmen und Branchen, sodass der Fachkräftemangel auch zu einer Belastung für aktuell Beschäftigte wird.

Vor allem Corona hat viele Menschen zum Neuanfang bewogen

Die Krisenzeit, welche weltweit für eine Art „Innehalten“ gesorgt hat, zeigt jetzt ihre Auswirkungen am Arbeitsmarkt. Rund 48 Prozent der Befragten der Jobstudie von Ernst&Young (EY) haben 2021 angegeben, dass sie Interesse hätten, das Unternehmen zu wechseln. Zum Umdenken hat viele erst die Pandemie bewogen – denn sie hat die meisten Arbeitnehmer regelrecht dazu gezwungen, sich Zeit zu nehmen und über wichtige Entscheidungen im Leben nachzudenken.

Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Ein besonderes Beispiel ist die USA, in der häufig die Rede von der „Great Resignation“ und dem „Big Quit“ ist. Millionen Menschen haben ihre Unternehmen kurzerhand verlassen, um woanders einen Neuanfang zu finden und sich umzuorientieren. An der Zahl sollen es insgesamt 45 Millionen Menschen gewesen sein.

Nach Aussage von Anthony Klotz (The Great Resignation) liegt der Grund hierfür nicht nur darin, eine neue Arbeitsstelle zu bekommen. Vielmehr ginge es darum, die Kontrolle über das eigene Arbeits- und Privatleben in Zeiten der Krise zu erlangen, und dies erfordere nun mal eine große Entscheidung: die Kündigung. Der „Corona-Effekt“ habe dafür gesorgt, über die eigenen Arbeitsbedingungen nachzudenken. Dem Arbeitsexperten zufolge würden die Arbeitgeber profitieren, welche diese Entwicklung früh genug erkennen würden und so zum Beispiel flexiblere Arbeitsbedingungen anbieten, nach der sich viele Menschen sehnen.

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Schneller Exit keine Seltenheit

Dies gilt auch für Deutschland: Um die Mitarbeiterbindung zu stärken und Beschäftigte im Unternehmen zu halten, müssen deutsche Arbeitgeber sich dem Wandel beugen, moderne Arbeitszeitmodelle einführen, den Lohn anpassen – und generell für mehr Flexibilität und Freiheit sorgen. Denn der Ausstieg erfolgt laut Umfrage vergleichsweise schnell. Rund 70 Prozent der Studienteilnehmer überlegen nicht lange: Sie kündigen innerhalb von wenigen Monaten, nachdem die ersten Jobzweifel aufkommen. Der schnelle Exit zeugt davon, dass wir weniger stark an einen Arbeitsplatz und damit an unsere Arbeitgeber gebunden sind. Job-Hopping liegt längst im Trend.

Lohnt sich der Jobwechsel aktuell wirklich?

Auch du denkst über einen Jobwechsel nach? Wäge gut ab. Eine stärkere Verhandlungsposition genießt du vor allem, wenn du dich derzeit in einem ungekündigte Arbeitsverhältnis befindest und dich aus diesem heraus bewirbst. Das verdeutlicht deinen Marktwert. Grundsätzlich profitieren Jobwechsler von dem derzeit vorherrschender Mangel an Arbeitskräften: Viele Fachkräfte und Quereinsteiger sind dort herzlich willkommen, wo die Personalnot immer größer wird.

Bildnachweis: pkline/istockphoto.com

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Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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