Es gibt viele gute Gründe, seinen Job zu kündigen: wenig Geld, Zeitmangel, Pendelstress. Dass ausgerechnet der eigene Chef zu den häufigsten Kündigungsgründen gehört, hat eine repräsentative Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Forsa ergeben.

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Jeder Dritte denkt wegen seines Vorgesetzten über eine Kündigung nach

Schon im Jahr 2019 soll einer Forsa-Umfrage nach jeder dritte Angestellte bereits mit dem Gedanken gespielt haben, wegen seines Chefs den eigenen Job aufzugeben. Sieht man sich dieses Ergebnis aus psychologischer Sicht an, überrascht es nur wenig: Viele Menschen setzen mit dem Begriff „Chef“ die Eigenschaft „autoritär“ gleich. Schließlich handelt es sich um eine Machtposition, in der sich unsere Vorgesetzten üblicherweise befinden. Potenzial für eine gravierende Schieflage ist demnach vorhanden.

Konkret: Persönliche Anerkennung, finanzielle Entlohnung, der Ruf im beruflichen Umfeld – das alles hängt mit der Arbeitsleistung zusammen, die du erbringst und die vom Arbeitgeber entsprechend beurteilt wird. Was aber, wenn es hier zu Unstimmigkeiten kommt? Eine problematische Führungskultur kann zum Verhängnis werden. Mitarbeiter fühlen sich zunehmend unwohl, erkranken häufiger und denken über eine Kündigung nach.

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Das zentrale Problem von Führungskräften: Woran hakt es?

Wer sich als Vorgesetzter zurückhält, nur die nötigsten Informationen preisgibt und unnahbar wirkt, erfüllt zwar das „Klischee“ eines typischen Chefs. Auf diese Weise haben Angestellte eine größere Projektionsfläche für die eigenen Vermutungen und die damit einhergehenden Sorgen und Ängste. Dass diese Strategie in der Zukunft nicht unbedingt gern gesehen wird, zeigen aktuellen Trends:

Immer mehr Mitarbeiter wünschen sich Transparenz und eine wertschätzende Haltung auf Augenhöhe. Eine moderne Organisationsstruktur wird mit der Unternehmenseigenschaft „flache Hierarchie“ beworben. Dass Wertschätzung nicht kommuniziert wird und dass die Kommunikation auf Augenhöhe fehlt, zeigt die Umfrage ebenfalls. Demnach soll jeder zweite Angestellte sich mehr Feedback und Lob wünschen.

Das bedeutet: Wer das Vertrauen seiner Mitarbeiter gewinnen und diese langfristig halten will, muss als Führungskraft über einen Strategiewechsel nachdenken. Ein moderner und kommunikativer Führungsstil sorgt für Transparenz.

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Zwickmühle: Vorgesetzte müssen ihren Führungsstil neu definieren

Das Problem der modernen Arbeitswelt ist, dass deine Chefs selbst in einer Zwickmühle stecken: Sollten sie ihrem traditionellen Führungsstil treu bleiben und moderne Elemente einbringen – oder ist ein kompletter Kurswechsel angesagt? Schließlich entscheidet das Gesamtbild darüber, ob

  1. Fachkräfte sich vom Angebot eines Unternehmens angesprochen fühlen und
  2. Fachkräfte, die sich schließlich für das Unternehmen entscheiden, auch bleiben wollen.

Ergo: Dass viele Menschen wegen ihrer Chefs kündigen würden, zeigt, dass die Attraktivität des Arbeitsplatzes eng damit zusammenhängt, wie die eigenen Vorgesetzten ticken.

Müssen diese ihren eigenen Führungsstil überdenken, kann es zunächst kompliziert werden: Angestellte erhalten möglicherweise zweideutige Signale und fühlen sich in ihren Ängsten bestärkt. Will der Chef nun, dass wir Eigeninitiative zeigen, uns mehr einbringen und offenherziger reden – oder sollten wir lieber stillschweigend den Dienstanweisungen folgen und „gehorchen“?

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Wie dem auch sei: Das Konfliktpotenzial ist wegen des asymmetrischen Verhältnisses von Über- und Untergeordneten vorhanden.

Kündigungsgründe: Was treibt Beschäftigte noch zur Kündigung?

Die Umfrage eines Personalservice-Unternehmens hat ergeben, dass nicht nur ein moderner Führungsstil gefragt ist, sondern auch moderne Rahmenbedingungen. Und diese hängen eng mit den Entscheidungen der Führungskräfte eines Unternehmens zusammen. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass Chefs nicht nur transparent und kommunikativ sein müssen, um ihre Mitarbeiter zu halten. Sondern diesen auch attraktive Arbeitszeitmodelle und Leistungen anbieten sollten, damit es zu weniger Kündigungen kommt. Laut besagter Umfrage hängen Angestellte ihren Beruf aus folgenden Gründen immer häufiger „an den Nagel“:

  • Probleme mit der Work-Life-Balance
  • zu wenig Zeit für die Familie bzw. Familienplanung
  • um Zeit zu sparen
  • um nicht mehr von einem Ort zum anderen pendeln zu müssen

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Beschäftigte langfristig im Unternehmen halten – diese Lösungen bieten sich an

Attraktive Arbeitsplätze lassen sich auf unterschiedlich Weise erschaffen. Entscheidungsträger setzen vor allem auf folgende Aspekte, um der modernen Arbeitswelt und ihren steigenden Ansprüchen gerecht zu werden:

1. Transparente Kommunikation:

Um Mitarbeiter und Angestellte nicht zu vergraulen, ist eine transparente Kommunikation heute das A und O. Ziel ist eine wertschätzende Haltung den Beschäftigten gegenüber. Denn oft genügt es nicht, gute Leistungen aus der Ferne zu betrachten, sondern sich häufiger für ein persönliches Feedback zu entscheiden. Lob und Anerkennung wirken wie Balsam für die Seele – und können aus motivationspsychologischer Sicht besonders wertvoll für die Mitarbeiter sein. Sie fühlen sich in ihrem Können und in ihrem Dasein bestätigt und kommen deshalb auch lieber zur Arbeit.

2. Familienfreundlichkeit:

Ein moderner Arbeitsplatz zeichnet sich heute besonders durch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus. Flexible Arbeitszeitmodelle bieten sich hier an. Auf diese Weise können Arbeiter Zeit für die Liebsten aufbringen, ohne den Job „im Nacken“ sitzen zu haben. Neben der finanziellen Unterstützung, die häufig zum familienfreundlichen Modell gehört, ist also vor allem Flexibilität vom Arbeitgeber gefragt.

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3. Option für Home-Office:

Wer es seinen Mitarbeitern ermöglicht, auch mal oder sogar ganz von zu Hause aus zu arbeiten, punktet besonders. Umfragen ergaben, dass viele Menschen sogar auf einen Teil ihres Geldes oder des Urlaubs verzichten würden, um flexibler vom heimischen Schreibtisch aus arbeiten zu können. Die technischen Möglichkeiten sind heute vorhanden.

Übrigens: Aktuelle Berechnungen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zeigen, dass durchschnittlich jeder zweite Arbeitsplatz sich für das Home-Office eignen würde. Dabei seien jedoch die Branchenstruktur und regionale Unterschiede wichtige Faktoren, um die Umsetzbarkeit zu prüfen. Die Umfrage zeigt weiter, dass es vielen Beschäftigten nicht darauf ankommt, komplett im Home-Office zu arbeiten. Sondern dass zumindest die Option besteht, tageweise im heimischen Büro arbeiten zu können.

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4. Offen sein für Feedback und Kritik:

Feedback geben, das fällt vielen Vorgesetzten (ggf. mit etwas Übung) nicht schwer. Aber Feedback von den Mitarbeitern erhalten – sind Führungskräfte auch dafür offen? Offenheit kann in einer modernen Führungskultur jedenfalls dazu führen, dass Beschäftigte mehr Nähe zu ihren Vorgesetzten verspüren. Denn wer nahbar wirkt, schafft bekanntlich eine gute Vertrauensbasis für Beziehungen, und das nicht nur auf privater Ebene. Auch wenn es nicht einfach ist, die passende Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden. Unternehmen kommen heute nicht drumherum, sich mit diesem modernen Ansatz zu beschäftigten, um den Arbeitsplatz attraktiv zu gestalten.

Zu viel Kontrolle lässt die Loyalität der Mitarbeiter sinken

Expertin Inga Höltmann, welche regelmäßig Führungskräfte schult, setzt auf modernen Kulturwandel in heutigen Unternehmen. Ihrer Aussage nach erlebe sie häufig bei Vorgesetzten, dass diese nicht ganz so offen sprechen würden, wie sie es eigentlich tun müssten – und diese Art von Kontrolle führe schließlich dazu, dass Mitarbeiter ihre Chefs als zu kontrolliert und gehemmt wahrnehmen. So kommt es zu Loyalitätskonflikten.

Fazit: Autoritätspersonen müssen ihre Position überdenken, um der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden. Damit Beschäftigte bleiben und sich für ihren Job entscheiden, gilt es, auf eine offene Kommunikation und attraktive Rahmenbedingungen zu achten. Das zeigt wiederum, wie wichtig es ist, an sich selbst zu arbeiten und den eigenen Führungsstil sowie die persönlichen Entscheidungen zu reflektieren. Nur so ist langfristig ein harmonisches Miteinander möglich.

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Bildnachweis: gremlin/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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