„Konkurrenz belebt das Geschäft“ – auch am Arbeitsplatz. Zumindest theoretisch. Aber was, wenn der Kollege nicht nur besser sein will, sondern dich loswerden möchte? Wenn statt Sportsgeist plötzlich Stuhlbeinsägen angesagt ist?
Konkurrenz im Job kann inspirieren, antreiben, sogar Spaß machen. Aber sie hat eine Schattenseite – und die beginnt genau dort, wo aus gesundem Wettbewerb eine persönliche Fehde wird. Wo Ellenbogen nicht mehr sinnbildlich, sondern ganz real ausgefahren werden.
Konkurrenz im Job: Was heißt das eigentlich?
Per Definition ist Konkurrenz ein Wettbewerb – mehrere Menschen verfolgen dasselbe Ziel. Im Job: mehr Einfluss, das größere Projekt, die Beförderung. Solange fair gespielt wird, kann das sogar beflügeln. Jeder gibt mehr, die Qualität steigt, der Innovationsgeist blüht. Das funktioniert aber nur, wenn alle Beteiligten ein gemeinsames Spielverständnis teilen – und die Regeln einhalten.
Problematisch wird es, wenn aus Konkurrenz Rivalität wird. Wenn Kollegen nicht mit-, sondern gegeneinander arbeiten. Wenn das Ziel nicht mehr die eigene Leistung ist, sondern der größtmögliche Schaden für andere. Dann wird aus Ehrgeiz Missgunst. Und die vergiftet nicht nur das Betriebsklima, sondern oft auch Karrieren.
Warum wird Konkurrenz im Job manchmal toxisch?
Es gibt viele Ursachen – strukturelle, persönliche und kulturelle. Die häufigsten sehen wie folgt aus:
- Branchen mit Ellenbogenkultur: Werbung, Vertrieb oder Politik – überall dort, wo Prestige und Positionen hart umkämpft sind, blüht der interne Wettbewerb.
- Mangelwirtschaft im Kopf: Wenn das Gefühl entsteht, dass Anerkennung, Aufmerksamkeit oder Aufstiegsmöglichkeiten begrenzt sind, wächst der Drang, andere auszustechen.
- Verdeckte Hierarchien: In Organisationen mit intransparenten Beförderungskriterien oder schwacher Führung fühlen sich Mitarbeitende schnell unfair behandelt.
- Unsicherheit & verletztes Ego: Wer sich übergangen fühlt, ausgebremst oder in seiner Position bedroht – durch neue Talente oder Teamumstrukturierung –, sucht oft einen Schuldigen.
Gerade in Krisenzeiten verschärft sich dieser Mechanismus weiter. Viele Beschäftigte fürchten, dass sich der firmeninterne Wettbewerb durch wirtschaftliche Unsicherheit und Angst vor Kündigung und Jobverlust massiv zuspitzt. Wenn Firmen Stellen streichen, weniger Personal rekrutiert wird und generell die Zahl der Stellenangebote abnimmt, steigt der Druck auf die Verbleibenden – und mit ihm die Bereitschaft, gegeneinander zu arbeiten. Ich hatte an anderer Stelle bereits angemerkt: Aus dem Bewerbermarkt wird langsam wieder ein Arbeitgebermarkt.
So zeigt sich ungesunde Konkurrenz im Arbeitsalltag
Tiefschläge kommen selten mit Ansage daher. Eher als steter Tropfen, der das Teamgefüge langsam zersetzt. Typische Symptome:
- Termine oder Infos werden „versehentlich“ nicht weitergeleitet.
- Wichtige Dokumente verschwinden wie von Geisterhand.
- Präsentationen und Meetings werden sabotiert – durch Zwischenrufe oder Kritik.
- Gerüchte kursieren, Fehler werden genüsslich vor anderen zelebriert.
- Lob für dich? Kommt nie an. Kritik? Sofort.
Auch subtilere Manöver gehören dazu: Kollegen schmücken sich mit fremden Federn, reden deine Ideen schlecht oder platzieren sich strategisch bei Vorgesetzten. Psychologisch gesehen ist das eine Art Machtspiel, getarnt als Kollegialität. Man will doch nur helfen.
Was toxische Konkurrenz anrichtet – im Kopf, im Team, im Betrieb
Toxische Konkurrenz schadet nicht nur einzelnen Mitarbeitenden – sie gefährdet ganze Teams. Denn wo Misstrauen herrscht, entstehen keine Innovationen. Wer ständig auf der Hut sein muss, entwickelt keine neuen Ideen, sondern Rückzugsstrategien. Die emotionale Daueranspannung kostet Energie, Schlaf und langfristig Gesundheit.
Für Unternehmen bedeutet das: sinkende Produktivität, steigende Fluktuation, schlechtes Employer Branding. Das Ergebnis ist ein Team, das zwar noch miteinander spricht – aber längst nicht mehr zusammenarbeitet.
Die Symptome zeigen sich subtil – und meist zu spät. Wenn ein guter Vorschlag abgelehnt wird, nur weil er vom „falschen Kollegen“ kommt, ist das Teamklima bereits vergiftet. Informationen werden zurückgehalten oder manipuliert – aus Kalkül. Aus Ideen werden Intrigen.
Was tun, wenn du als Mitarbeiter betroffen bist?
- Grenzen setzen: Sprich Manipulationen und Sticheleien direkt an – sachlich, aber bestimmt.
- Dokumentieren: Mach dir Notizen, wenn wieder „zufällig“ ein Termin oder Informationen nicht bei dir ankommen.
- Verbündete suchen: Oft bist du nicht allein betroffen. Vertrauliche Gespräche mit Kollegen helfen, das Muster zu erkennen.
- Professionell bleiben: Lass dich nicht auf das Niveau des Angreifers herab. Keine Retourkutschen – du bist kein Ninja.
- Vorgesetzte einbeziehen: Wenn das Verhalten systematisch wird, führt kein Weg am Gespräch mit der Führungskraft und/oder der Unternehmensleitung vorbei.
Übrigens: Wer denkt, das bleibt im Büro, irrt. Wer sich täglich gegen Kollegen verteidigen muss, schleppt diesen Stress mit nach Hause. Beziehungen leiden, Kinder spüren die angespannte Stimmung – das Gift der Konkurrenz verteilt sich still weiter.
Und was ist mit Führungskräften – dürfen die einfach zusehen?
Ganz klar: Nein. Wenn Führungskräfte Konkurrenz dulden, die in Rivalität umschlägt, machen sie sich mitschuldig. Mehr noch: Sie setzen ihre Verantwortung für ein funktionierendes Team leichtfertig aufs Spiel. Woran Führung sich messen lassen muss:
- Frühwarnsystem statt Wegschauen: Wer gut führt, erkennt Spannungen, bevor sie eskalieren. Regelmäßige 1:1s, offenes Feedback, echtes Interesse am Teamklima – das ist für eine Führungskraft Pflicht.
- Grenzen ziehen: Wer Kollegen sabotiert, muss Konsequenzen spüren. Leistung darf kein Freifahrtschein für mieses Verhalten gegenüber anderen sein.
- Transparenz schaffen: Karriereschritte, Zielvereinbarungen, Lob und Kritik sollten nachvollziehbar sein.
- Zusammenarbeit belohnen: Führung muss gezielt Kooperationsverhalten sichtbar machen – und fördern.
- Konflikte moderieren: Wenn Mitarbeitende sich gegenseitig schwächen, gehört der Konflikt auf den Tisch – notfalls mit externer Mediation.
Wer als Führungskraft harsches Konkurrenzdenken einfach laufen lässt, riskiert eine Leistungskultur, in der vor allem eines wächst – die Fluktuation.
Wettbewerb im Team darf nicht zum Überlebenskampf werden
Klar, jedes Team braucht einen gewissen inneren Antrieb – und ja, ein fordernder Wettbewerb kann da durchaus helfen. Aber es gibt eine Grenze. Wenn Kollegen anfangen, sich gegenseitig auszubremsen, Informationen zurückzuhalten oder Fehler aktiv zu nutzen oder gar zu erzeugen, um sich selbst besser dastehen zu lassen, ist diese Grenze überschritten. Dann geht es nicht mehr um Leistung, sondern ums Überleben für jeden einzelen – und das lähmt das Team und somit das gesamte Unternehmen.