Menschen sind für andere Menschen das beliebtestes Gesprächsthema. Leider handelt es sich dabei aber nicht unbedingt um eine Schwärmerei à la „Haben Sie gesehen, wie hübsch Frau Musterfrau heute aussieht?“ oder „Beeindruckend, wie Herr Mustermann das Problem gehandhabt hat!“. Seien wir ehrlich: Menschen ziehen andere Menschen gerne durch den Dreck. Was als harmloser Klatsch und Tratsch beginnt, kann sich schnell zu für die Karriere gefährlichen Gerüchten weiterentwickeln oder gar zu handfestem Mobbing. Aber woran liegt das und wie können sich Betroffene wehren?

Inhalt
1. Ein Ausflug in die Psychologie: Warum die Gerüchteküche brodelt
2. Narzisstische Gesellschaft: Wie Gerüchte zu Mobbing werden
3. Exkurs: Was ist unter „Mobbing“ zu verstehen?
4. Wie können Sie „harmlose“ Gerüchte von Mobbing unterscheiden?
5. Mobbing ist subtile, aber wirksame Körperverletzung!
6. Wie ersticken Sie also die brodelnde Gerüchteküche?
7. Checkliste: Schritt für Schritt raus der der Mobbingfalle „Gerüchteküche“
8. Fazit: Menschen sind für Menschen die beste Medizin – aber auch das stärkste Gift

Ein Ausflug in die Psychologie: Warum die Gerüchteküche brodelt

Klatsch und Tratsch ist als Erscheinung ebenso alt wie die Menschheit selbst. Psychologen vermuten, dass es Gerüchte spätestens seit der Entwicklung der Sprache als Kommunikationsmittel gibt. Das mag daran liegen, dass sie auf einem instinktiven menschlichen Grundbedürfnis beruhen: Die Welt zu verstehen und erklären zu können. In den meisten Fällen füllen Gerüchte daher einfach Wissenslücken auf.

Beispiel: Der sonst immer gut gelaunte Herr Mustermann ist plötzlich mürrisch, reizbar und unzufrieden. Dahinter steckt nicht mehr als eine verschleppte Grippe, die ihm zu schaffen macht und weshalb jeder Tag für ihn derzeit zur kräftezehrenden Bewährungsprobe wird. Doch seine Kollegen wissen das nicht. Für sie gibt es nur eine mögliche Erklärung für die plötzliche Stimmungsveränderung, denn eine Kollegin hat seine Frau neulich beim Mittagessen mit einem unbekannten Mann gesehen. Also ist doch klar: „Seine Frau muss ihn betrogen haben und er hat es herausgefunden“!

Sie sehen: Falsche Schlussfolgerungen und gefährliches Halbwissen sind der Hauptgrund für die Entstehung von Gerüchten. Aber nicht der einzige! Die Gerüchteküche wird außerdem durch das angeborene Geltungsbedürfnis der Menschen angefeuert. Vor vielen tausend Jahren war Menschen das Überleben nur in einer sozialen Gruppe möglich. Soziale Isolation war das unweigerliche Todesurteil. Sozial integriert zu sein und „dazuzugehören“ ist deshalb ein tief verankertes Bedürfnis aller Menschen. Und wer spannende Geschichten erzählen kann, steht automatisch im Mittelpunkt des sozialen Interesses. Je skandalöser, umso besser!

„Klatsch ist etwas Reizendes.
Geschichte zum Beispiel ist im Wesentlichen nichts Anderes als Klatsch.
Skandalgeschichten hingegen sind ein durch Moralität verdorbener Klatsch.“
(Oscar Wilde)

Interessanter Fakt: Tatsächlich haben Psychologen herausgefunden, dass auffallend viele Gerüchte mit Sex zu tun haben. Eine Prise Verrat, Betrug oder Leidenschaft beschleunigen die Verbreitung und Wirkung der Nachrede. Wieso? Das ist und bleibt vorerst ein Rätsel!

Lesetipp: Tratschen: Früher überlebenswichtig, heute soziale Kompetenz

Narzisstische Gesellschaft: Wie Gerüchte zu Mobbing werden

Auch, wenn dieses soziale Geltungsbedürfnis angeboren und oftmals harmlos ist, nehmen Experten seit einigen Jahren aber eine Eskalation wahr. Immer mehr Menschen in Deutschland zeigen Anzeichen für einen übersteigerten bis hin zum krankhaften Machthunger. Sie sprechen von einer „narzisstischen Gesellschaft“. Dies bringt auch die Gerüchteküchen in der Arbeitswelt wieder zum Brodeln. Denn nichts liebt ein Narzisst mehr als Aufmerksamkeit und der neueste Klatsch und Tratsch befördert ihn direkt in das soziale Zentrum.

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Doch aus scheinbar harmlosen Gerüchten wird schnell üble Nachrede bis hin zum Mobbing, wie Jessika Fichtel bereits im Artikel „Lästereien am Arbeitsplatz: So gehen Sie damit um“ angedeutet hat. Schließlich ist das die optimale Gelegenheit für einen manipulativen Narzissten, um gefürchtete Konkurrenten „aus dem Weg zu räumen“ oder sich selbst als einflussreich und mächtig zu präsentieren – sagen wir als „Alphatier“.

Mobbing an sich ist keine neue Erscheinung, gab es doch schon vor hunderten von Jahren stets einen „Dorfdeppen“ oder eine „Dorfhexe“. Letztere wurde damals kurzerhand auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Glücklicherweise gehören solch drastische Methoden mittlerweile der Vergangenheit an, doch Mobbing nimmt in der narzisstischen Gesellschaft aus geschilderten Gründen immer mehr zu – und kann bis heute tödlich enden.

Definition: Was ist unter „Mobbing“ zu verstehen?

Mobbing beschreibt umgangssprachlich eine Form von Psychoterror, zum Beispiel in der Schule oder am Arbeitsplatz. Während Mobbing einem konkreten Ziel dienen kann, wie der gewünschten Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers, dient es manchmal schlichtweg der Belustigung der Täter beziehungsweise einer krankhaften Machtdemonstration. Mobbing kann sowohl mit der persönlichen Konfrontation bis hin zum körperlichen Angriff einhergehen als auch mit sozialer Isolation. Die Ausprägungsformen sind denkbar unterschiedlich. In der Regel bedeutet Mobbing eine Kombination aus mehreren oder allen der folgenden Verhaltensweisen:

  1. Physisches Mobbing: Körperliche Angriffe
  2. Verbales Mobbing: Gewaltandrohung, ständige Kritik, Beschimpfung, haltlose Beschuldigungen, üble Nachrede, Aufbau von Ängsten und psychischem Druck
  3. Nonverbales Mobbing: Vorenthalten von Informationen, Kontaktabbruch, soziale Isolation, Ausgrenzung aus der Gruppe, Zuweisung sinnentleerter Tätigkeiten bis hin zur gezielt herbeigeführten Langeweile o.ä.

Lesetipp:Straining: Tipps beim Mobbing durch Langeweile im Job

Ein Schubser „aus Versehen“ im Vorbeigehen, Entzug von Arbeitsinhalten und Zuständigkeiten oder die gezielte Verbreitung von Gerüchten – all das können also Anzeichen für Mobbing sein.

Wie können Sie „harmlose“ Gerüchte von Mobbing unterscheiden?

Müssen sie aber nicht. Manchmal steckt hinter einem Gerücht nicht gleich Mobbing, sondern tatsächlich ein Missverständnis oder auch einfach das übersteigerte Geltungsbedürfnis der Tratschtante des Büros. Der Rempler war vielleicht wirklich nur ein Versehen und dass Sie heute auf der Arbeit unter Langeweile leiden, könnte genauso gut mit normalen Auftragsschwankungen zusammenhängen. Es ist daher wichtig, dass Sie zwischen der üblichen Gerüchteküche im Büro und systematischem Mobbing zu unterscheiden lernen – um dann die entsprechend passenden Konsequenzen daraus zu ziehen.

„Mobbing ist das langsame Abwürgen einer nicht geduldeten Persönlichkeit.“
(Franz Schmidberger)

Um Mobbing erkennen zu können, werden in der Regel drei Faktoren zur Überprüfung herangezogen:

  1. Verhaltensmuster statt Einzelfall: Mobbing findet nicht einmalig, sondern systematisch in sich wiederholenden Abständen statt.
  2. Negativität und schädigendes Verhalten: Die Täter führen gezielt ein negatives Verhalten (das bereits genannte verbale, nonverbale oder physische Mobbing) aus und schaden dem Opfer damit auf psychischer und/oder physischer Ebene.
  3. Ausnutzen von Macht: Der Täter besitzt gegenüber dem Opfer eine Macht, die er gezielt ausnutzt und welche eine „Verteidigung“ quasi unmöglich macht. Dies können hierarchische oder körperliche Unterschiede sein sowie schlichtweg verschiedene Mengenverhältnisse – „Alle gegen einen“.

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Mobbing ist subtile, aber wirksame Körperverletzung!

Es ist wichtig, dass Sie beim Aufkommen von Gerüchten daher die Augen offenhalten und Ihre Situation immer wieder anhand der drei genannten Faktoren überprüfen. Wenn sich scheinbar harmloser Klatsch und Tratsch nämlich gezielt in Mobbing verwandelt, müssen Sie so schnell wie möglich handeln. Denn Mobbing ist Körperverletzung, die auf Dauer zu schweren Erkrankungen bis hin zum Tod führen kann. Dabei muss es nicht einmal so offensichtlich sein wie das physische Mobbing. Auch oder gerade das subtile Mobbing zieht in der Regel eine oder mehrere der folgenden Konsequenzen nach sich:

  • sinkendes Selbstbewusstsein
  • steigende Verunsicherung
  • Angstgefühle bis hin zu Panikstörungen
  • Kopfschmerzen
  • Rücken- und Gelenkschmerzen
  • Schlafstörungen
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Herzinfarkte
  • Schlaganfälle
  • weitere stressbedingte Erkrankungen
  • Boreout (bei Straining) oder Burnout
  • Depression
  • Suizid
  • u. v. m.

Auch, wenn Sie heutzutage also nicht mehr als „Dorfhexe“ auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden, kann Mobbing langfristig zu schweren Erkrankungen psychischer und/oder physischer Art bis hin zum Tod führen.

Wie ersticken Sie also die brodelnde Gerüchteküche?

Wenn hin und wieder einmal ein Gerücht über Sie kursiert, hilft vor allem eines: Gelassenheit. Räumen Sie Missverständnisse aus dem Weg oder arbeiten Sie einfach weiter gemäß dem Motto „Zum einen Ohr hinein und zum anderen wieder heraus“. Sollten die Lästereien allerdings zunehmen, hat Jessika Fichtel Ihnen im Artikel „Lästereien am Arbeitsplatz: So gehen Sie damit um“ einige praktische „Erste-Hilfe-Maßnahmen“ zusammengetragen.

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Doch was, wenn alles nichts hilft und sich der Klatsch und Tratsch der Kollegen in Mobbing verwandelt oder Ihrer Karriere konkret zu schaden beginnt? Viele Personaler verstehen schließlich nur wenig Spaß, wenn Ihnen plötzlich eine Affäre mit dem Vorgesetzten nachgesagt wird oder das Gerücht kursiert, Sie sähen sich nach einem neuen Job um. Wie können Sie das Feuer der brodelnden Gerüchteküche rechtzeitig löschen, bevor es zur gefährlichen Stichflamme oder dem unlöschbaren Großbrand wird?

Checkliste: Schritt für Schritt raus der der Mobbingfalle „Gerüchteküche“

  • Werden Sie sich bewusst, dass sich Gerüchte am Arbeitsplatz niemals gänzlich verhindern lassen!
  • Halten Sie daher Ihre Augen und Ohren offen, um über Sie kursierende Gerüchte frühzeitig zu entlarven.
  • Arbeiten Sie aktiv an Ihren sozialen Kompetenzen und Ihrem „Ruf“ im Unternehmen.
  • Entscheiden Sie je nach Gerücht, ob Sie es gelassen nehmen und ignorieren, widerlegen oder den Verursacher konfrontieren sollten.
  • Gehen Sie selbst als gutes Beispiel voran und treten Sie selbstbewusst sowie professionell auf.
  • Versuchen Sie sich von der Meinung Dritter abzugrenzen.
  • Zeigen Sie keine Schwäche.
  • Sollten Gerüchte zur üblen Nachrede oder gar zum Mobbing werden, beginnen Sie „Tagebuch“ zu führen und Lästereien sowie Attacken zu dokumentieren.
  • Üben Sie sich dennoch in Selbstkritik, um Fehler in Ihren Verhalten zu entdecken und zu ändern.
  • Sammeln Sie eventuelle Beweise, wie E-Mails, Mailboxnachrichten oder Arztdokumente.
  • Beginnt Ihr Selbstbewusstsein zu leiden, steuern Sie gezielt gegen und bauen dieses wieder auf.
  • Begeben Sie sich niemals (!) in die Opferrolle.
  • Seien Sie es sich wert, für sich selbst einzustehen und Ihre Situation zu ändern.
  • Suchen Sie frühzeitig das Vieraugengespräch mit dem Mobber, um eine eventuelle Eskalation zu verhindern.
  • Geben Sie dem Mobber die Möglichkeit „sein Gesicht zu wahren“, also das Mobbing ohne Konsequenzen zu unterlassen.
  • Bessert sich die Situation nicht, bitten Sie im nächsten Schritt Ihren Arbeitgeber um Hilfe.
  • Ist dies nicht möglich – weil zum Beispiel der Arbeitgeber selbst der Täter ist – so wenden Sie sich an den Betriebsrat, einen Anwalt, eine Mobbing-Beratungsstelle oder einen Psychotherapeuten.
  • Suchen Sie sich „Verbündete“ am Arbeitsplatz, um dem Mobber nicht machtlos ausgeliefert zu sein.
  • Ist das nicht möglich, so suchen Sie sich wenigstens sozialen Rückhalt außerhalb der Arbeit. Gestalten Sie Ihr Privatleben positiv und schöpfen Sie daraus Kraft für die Situation im Job.
  • Achten Sie auf Ihre Gesundheit, eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und ausreichend Entspannung.
  • Ist das Mobbing zu weit fortgeschritten und Ihr Ruf im Unternehmen durch die Gerüchteküche zu sehr geschädigt, hilft meist nur noch eines: die berufliche Neuorientierung!

Fazit: Menschen sind für Menschen die beste Medizin – aber auch das stärkste Gift

Klatsch und Tratsch sind aus dem Arbeitsalltag ebenso wenig wegzudenken wie Kaffee. Sie werden also darauf gefasst sein müssen, dass früher oder später ein Gerücht über Sie kursiert. In der Regel ist das nicht weiter schlimm – manchmal sogar richtig amüsant. Welche skurrilen Gerüchte gab es zum Beispiel über Sie schon einmal? Hinterlassen Sie uns Ihre lustigsten Anekdoten in den Kommentaren.

„Alles ist Gift, ausschlaggebend ist nur die Menge.“
(Paracelsus)

Doch wenn Sie zum Dauerthema der brodelnden Gerüchteküche werden und die Lästereien in Mobbing münden, sollten Sie frühzeitig handeln, bevor Sie in Teufels Küche landen. Denn üble Nachrede und Mobbing sind eine Form der Körperverletzung mit verheerenden Folgen für Ihre Gesundheit. Halten Sie sich daher von der Gerüchteküche am Arbeitsplatz fern, aber werden Sie nicht blind. Lassen Sie wachsam Augen und Ohren offen, bevor Ihr Ruf und damit auch Ihre Karriere ein für alle Mal beschädigt sind.

Haben auch Sie bereits Erfahrungen mit Mobbing gemacht, als Opfer, Außenstehender oder sogar Täter? Wann hört Ihrer Meinung nach bei Gerüchten der „Spaß“ auf und wie können sich Betroffene dagegen wehren? Wir sind dankbar für alle Tipps und Anregungen in den Kommentaren.

Bildnachweis: Andrey_Popov/Shutterstock.com