Altersdiskriminierung kann Folgen für Arbeitgeber nach sich ziehen. Fast 5.000 Euro Entschädigung erhält eine Bewerberin, nachdem im Vorstellungsgespräch die Frage nach ihrem Alter aufkommt.

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Als Janice Walsh sich im Jahr 2019 in Nordirland bei der Pizzakette „Domino’s“ als Lieferfahrerin bewirbt, erhält sie eine Absage. Sie geht davon aus, aufgrund ihres Alters diskriminiert worden zu sein.

Nach eigenen Angaben wird Walsh im Bewerbungsgespräch direkt zu Beginn mit der Frage nach ihrem Alter konfrontiert. Später kontaktiert sie selbst das Unternehmen per Facebook und teilt ihre Situation in einer Nachricht mit. Das Unternehmen entschuldigt sich. Der Mitarbeiter teilt jedoch zugleich mit, dass ihnen nicht bewusst war, dass die Frage nach dem Alter unangemessen wäre.

Als besonders auffällig beschreibt die Betroffene das Verhalten während des Gespräches: Ihr Gegenüber hätte nicht nur nach dem Alter gefragt, sondern dieses anschließend notiert und eingekreist. Das Verhalten unterstreicht die spätere Vermutung von Walsh, aufgrund ihres Alters nicht als Lieferfahrerin angenommen worden zu sein. Außerdem hegt sie den Verdacht, auch wegen ihres Geschlechts diskriminiert zu werden, da es sich bei einem Fahrerjob um eine typischerweise mit männlichen Personen besetzte Stelle handelt.

Bewerber und Arbeitnehmer sollen sich wehren, so Walsh

Walsh lässt ein Verfahren gegen die entsprechende Niederlassung des Franchises einleiten. Mit Folgen: Justin Quirk, der damalige Eigentümer, zahlt eine Entschädigung an die Walsh und entschuldigt sich. Sie erhält 4.250 Pfund, umgerechnet etwa 5.000 Euro.

Als Grund dafür, die Gleichstellungskommission eingeschaltet zu haben, nennt Walsh jedoch nicht das Geld. Es würde ihr eher darum gehen, gegen Altersdiskriminierung vorzugehen und auch anderen Mut zu machen, bei solchen Vorfällen tätig zu werden und Personalverantwortliche sowie Arbeitgeber auf bestehende Gesetze aufmerksam zu machen.

Im Vereinigten Königreich gab es die sogenannten „Employment Equality (Age) Regulations“ bereits seit dem Jahr 2006, welche 2010 vom „Ecuality Act“ ersetzt worden sind. Schon das Vorgängergesetz hat Arbeitgebern verboten, Menschen aufgrund ihres Alters auszugrenzen bzw. abzulehnen.

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Altersdiskriminierung: So sieht die Gesetzeslage in Deutschland aus

Es ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits untersagt das Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Deutschland, Menschen aufgrund ihres Alters oder anderen Merkmalen (Herkunft, Religion, sexuelle Identität) zu benachteiligen. Andererseits gibt es Jobs, die beispielsweise eine körperliche Gesundheit voraussetzen, welche mit dem Alter auf natürliche Weise abnehmen kann.

Dennoch sind Alter oder etwa das Aussehen allein keine hinreichenden Gründe, Bewerbern eine Jobabsage zu erteilen. Geschieht dies auf Basis von diskriminierenden und ausgrenzenden Beurteilungen, kann es rechtliche Konsequenzen haben.

Bereits in früheren Fällen urteilten die Gerichte zugunsten von Betroffenen, die sich diskriminiert fühlten – so etwa das Landesarbeitsgericht Nürnberg. Als ein 61-Jähriger sich auf eine Stelle bewarb, in welcher das Team nicht nur als motiviert, sondern als „jung“ beschrieben wurde, und eine Absage bekam, klagte dieser. Der Diplomkaufmann klagte und das Unternehmen musste ihm zwei Monatsgehälter als Entschädigung überweisen (Az. 2 Sa 1/20).

Arbeitgeber müssen aufpassen, wie sie etwas formulieren

Der Fall zeigt, dass der Betroffene mit der Formulierung der Stellenbeschreibung eine geeignete Grundlage hatte, um die Diskriminierung und Benachteiligung zu beweisen. Denn wer ein „junges“ Team bewirbt und zugleich einen älteren Bewerber ablehnt, dem könnte schnell unterstellt werden, auch nur junge Menschen zu suchen.

Im Falle von Walsh, der Domino’s-Bewerberin, gab es einen weiteren Hinweis darauf, dass das Unternehmen lediglich Menschen „unter 30 Jahren“ einstellt. Denn die damals Arbeitssuchende hätte ein Gespräch mit jemanden von Domino’s Pizza gehabt – und diese Person habe mitgeteilt, dass lediglich Personen, die zwischen 18 und 30 sind, sich für eine Anstellung bei der Kette eignen.

Eine Definitionsfrage: Wann genau liegt Altersdiskriminierung vor?

Ob eine diskriminierende Handlung vorliegt, kann anhand unterschiedlicher Faktoren erkannt werden. Altersdiskriminierung liegt zum Beispiel nicht vor, wenn bestimmte Personengruppen geschützt werden sollen. Dass Menschen erst mit 18 Jahren ihren Führerschein machen sollen oder mit 67 Jahren in Rente gehen, hat zum Beispiel nicht den Hintergrund, zu benachteiligen.

Wer hingegen explizit Menschen aufgrund ihres Alters benachteiligt, indem beispielsweise jüngere Personen im Bewerbungsprozess bevorzugt, Frauen im gebärfähigen Alter nicht eingestellt oder ältere Mitarbeiter durch jüngere ersetzt werden, verhält sich diskriminierend.

Übrigens: Von Altersdiskriminierung sind nicht nur „alte“ Menschen betroffen. So kann es in umgekehrten Fällen passieren, dass ältere Menschen einen höheren Lohn erhalten, während jüngere Angestellte in gleicher Position benachteiligt werden und weniger verdienen. Ob eine Benachteiligung vorliegt, sollte im Zweifelsfall immer juristisch überprüft werden.

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Bildnachweis: Blue Planet Studio/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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