Bewerbungsgespräche sind zeitlich begrenzt, weshalb die Auswahl der Fragen, die du stellst, bedeutend sind. Eine davon solltest du unbedingt im Gepäck haben – sagt eine LinkedIn-Personalexpertin.

Anzeige

Bewerber wollen heute nicht nur bei potenziellen Arbeitgebern punkten, sondern sichergehen, dass die Stelle wirklich zu ihnen passt. Um zu überprüfen, ob dein Traumarbeitgeber deinen Anforderungen und Vorstellungen gerecht wird, nutzt du idealerweise das Vorstellungsgespräch.

Es ist zeitlich begrenzt, weshalb du dir im Vorfeld überlegen solltest, welche Fragen du wirklich stellen möchtest. Aneesh Raman, LinkedIn-Personalexpertin, sagt: Bewerber sollten nach der Lernkultur fragen. Aufgrund der schnellen Veränderungen der vergangenen Jahre sei kaum noch vorherzusehen, worauf man sich in der Arbeitswelt gefasst machen müsse. Umso wichtiger sei die Lernkultur eines Unternehmens – denn diese verhelfe Mitarbeitern dazu, gut vorbereitet zu sein.

Anzeige

„Wie sieht Ihre Lernkultur aus?“

Dass die Frage nach der Lernkultur besonders relevant für dich sein könnte, zeigt bereits die Auswertung einer internationalen Befragung aus dem Jahr 2021 der Plattform „Degreed“ (Report: „Weiterbildung der Beschäftigten heute„).

In einer positiven Lernkultur zeichnen sich demnach viel Vorteile ab. So seien die einzelnen Teams insgesamt agiler und Beschäftigte eher in der Lage, sich Veränderungen schnell anzupassen. Zudem erfolge das Lernen auch, um die eigenen Leistungen zu verbessern. Insgesamt, das zeigen die Ergebnisse im Report, sei in einem Unternehmen mit positiv bewerteter Lernkultur eine Beförderung um ganze 199 Prozent wahrscheinlicher für Beschäftigte.

Zum Vergleich: Bei einer negativ bewerteten Lernkultur hätten rund 90 Prozent der Beschäftigten keine wirklichen oder größeren Karriereziele oder spezifische Lernziele. Zudem erfolge das Lernen lediglich, um Ansprüchen gerecht zu werden – eine innere Motivation (intrinsische Motivation), die einen stärkeren Antrieb darstellt, ist demnach nicht zu vermuten.

Anzeige

Woran erkenne ich eine positive Lernkultur?

Zwar wirst du erst nach deiner Einstellung erfahren, ob die Lernkultur der Beschreibung deines künftigen Chefs oder der des Personalmanagers im Bewerbungsgespräch entspricht. Aber bereits im Jobinterview solltest du auf die Darstellung achten, um einige wichtige Punkte abzuhaken. So bekommst du ein Gefühl dafür, wie mit dem Thema umgegangen wird und welches Gewicht es hat – vielleicht auch in Unternehmen, die gerade dabei sind, sich stärker auf ihre Lernkultur zu fokussieren und sich somit in einem Prozess des Wandels befinden. Folgendes spricht für eine positive Lernkultur:

1. Fehler werden als Teil des Lernprozesses angesehen

Der vielleicht wichtigste Teil einer positiven Lernkultur ist der konstruktive Umgang mit Fehlern und dem Scheitern. Eine positive Fehlerkultur ermutigt sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte dazu, Probleme nicht zu verstecken oder die Verantwortung für diese auf andere Teammitglieder zu schieben.

Im Gegenteil: Fehler werden als natürlicher Teil des Ganzen angesehen und haben das Potenzial, es beim nächsten Mal anders und besser zu machen und zudem zu mehr Innovation zu führen. Achte bei der Antwort im Bewerbungsgespräch deshalb darauf, ob auf den Umgang mit Fehlern eingegangen wird.

Anzeige

2. Es werden verschiedene Modelle des Lernens angeboten

Ob moderne Tools und Apps, traditionelle Weiterbildungsmöglichkeiten oder persönliches Coaching und Mentorin: Eine moderne und gesunde Lernkultur beinhaltet verschiedene Modelle des Lernens. Sie beschränkt sich nicht strikt auf einen Weg und ist offen für neue Möglichkeiten, die mit der Zeit gehen und auch den Bedürfnissen der Mitarbeiter gerecht werden. Teil des Ganzen sind zum Beispiel unternehmenseigene Talent-Teams, aber auch Ressourcen, die von außerhalb kommen. Die Lernkultur beschränkt sich demnach nicht idealistisch auf nur wenige Möglichkeiten, sondern fördert Vielseitigkeit, Offenheit und Mut zum Ausprobieren.

3. Die Förderung einer positiven Führungsarbeit wird als Teil der Lernkultur angesehen

Führungskräfte spielen eine essenzielle Rolle im System „Lernkultur“: Die Art und Weise, wie mit Mitarbeitern umgegangen wird, um ihr Potenzial auszuschöpfen und sie zu fördern, ist entscheidend. Ein Beispiel: Anstatt strikte Vorgaben zu machen, stellen Führungskräfte die richtigen Fragen, um die Eigenverantwortlichkeit von Mitarbeitern zu fördern und sie dazu zu ermutigen, eigene Lösungsansätze zu entwickeln. Es ist eine Interaktion zwischen beiden Seiten – und nicht bloß eine Lenkung, die keinen Raum für Weiterentwicklung ermöglicht oder einengt.

4. Das Unternehmen unterstützt den Ansatz des „lebenslangen Lernens“

Ein akademischer Abschluss oder eine spezifische Ausbildung wird heute nicht mehr als einzige Maxime angesehen, um Erfolg in der Arbeitswelt zu haben. Auch viele modern ausgerichtete Unternehmen wissen das: Sie glauben an das lebenslange Lernen – und somit an das Potenzial ihrer Mitarbeiter. Sowohl Lernmöglichkeiten direkt im Job als auch Weiterbildungen tragen dazu bei, Jobsuchende und Beschäftigte auf die Anforderungen, die eine sich stetig verändernde Arbeitswelt mit sich bringt, vorzubereiten.

Anzeige

Mit einem Abschluss ist es demnach nicht getan: Gelernt wird immer noch – und oft ein ganzes Leben. Achte deshalb auch auf diesen Ansatz, wenn du im Bewerbungsgespräch nach der Lernkultur fragst.

5. Es können praktische Beispiele genannt werden

Unternehmen, die eine positive Lernkultur fördern, sind stolz auf ihre Erfolge und die Entwicklung ihrer Mitarbeiter – und sie zeigen diese gerne. Wenn das Thema im Vorstellungsgespräch aufkommt, achte deshalb auf praktische Beispiele und nachweisbare Erfolge, die dargestellt werden.

Ein gutes Zeichen ist beispielsweise, wenn über spezifische Problemstellungen gesprochen wird und wie ein bestimmtes Learning, der konstruktive Ansatz des Teams oder ein Programm dazu beigetragen hat, die Herausforderung zu meistern. Wird das Thema zwar angeschnitten, ansonsten aber davon abgelenkt oder sogar abgetan, ist das ein eher schlechtes Zeichen.

Anzeige

Warnsignale: Zeichen, die auf eine negative Lernkultur hindeuten

Um auszuschließen, dass du in einem Unternehmen ohne positiver Lernkultur landest, gibt es auch einige Hinweise, auf die du besonders achten solltest. Sie sind im Vorstellungsgespräch manchmal nicht sofort ersichtlich, weil auch potenzielle Arbeitgeber versuchen, sich von der besten Seite zu präsentieren. Achte deshalb auf folgende eher negativen Aspekte, die dir wichtige Warnsignale liefern.

1. Kein Fokus auf Freude am Lernen

Auch in anspruchsvollen Jobs mit verantwortungsvollen Aufgaben ist Platz für Spaß, eine positive Fehlerkultur und gegenseitige Unterstützung. Wird hingegen ausschließlich Wert auf Perfektion und Makellosigkeit gelegt, weil Fehler nicht erwünscht sind, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass Freude am Lernen, vor allem auch aus Fehlern, keinen Platz hat.

2. Erfolge werden nicht anerkannt und Lernen ist nicht Teil der Leistungsbewertung

In einer positiven Lernkultur werden sowohl sichtbare, nachweisbare Ergebnisse als auch Lernerfolge gefeiert. Mitarbeiter und auch angehende Führungskräfte spüren, dass sie als Beschäftigte des Unternehmens Wertschätzung erhalten, weil sie bemüht sind, auch wenn sie mal scheitern. Das Lernen ist ein fester Teil der Leistungsbewertung.

Anzeige

3. Keine Möglichkeiten für persönliche Weiterentwicklung

Eine schlechte Lernkultur zeichnet sich durch fehlende Perspektiven für Mitarbeiter aus. Sie bekommen keine Möglichkeiten, um sich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln, um so den Anforderungen am Arbeitsmarkt stetig gerecht zu werden. Es wird nicht in spezielle Programme oder Vorschläge und Ideen investiert – und somit auch nicht in die Belegschaft.

Bild: SDI Productions/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

Mach mit und diskutiere mit uns in unserer Skool Community!

Egal, ob du Fragen hast, Antworten suchst oder einfach nur deine Erfahrungen zu diesem oder anderen Themen teilen möchtest, du bist herzlich willkommen. Diskutiere mit, erweitere dein Wissen und werde Teil einer inspirierenden Gemeinschaft. Zur Arbeits-ABC Community