Seit einigen Jahren macht eine provokante Aussage die Runde im World Wide Web: Sitzen ist das neue Rauchen. Menschen, die länger als sechs Stunden pro Tag sitzen, so heißt es in diversen Studien, neigen eher zu gesundheitlichen Problemen wie Übergewicht, Diabetes, Thrombose und Krebs. Besonders schädlich ist starres, unflexibles Sitzen, das dem Körper keinerlei Bewegungsmöglichkeiten bietet. Denn: Der Mensch ist nicht für diese Haltung geschaffen. Unsere Vorfahren waren Jäger und Sammler und als solche den ganzen Tag auf den Beinen und in Bewegung. Um dem Körper wenigstens ein bisschen was von seiner ursprünglichen Freiheit zurückzugeben, raten Ergonomie-Experten seit einigen Jahren dazu, (hin und wieder) im Stehen zu arbeiten. Welche Vorteile diese Arbeitsweise mit sich bringt und was Du sonst noch alles über das Thema wissen musst, verrät Dir der nachfolgende Beitrag.

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Stehen – aber bitte richtig!

Gleich vorweg: Arbeiten im Stehen ist gut für die Gesundheit – wenn Du denn richtig stehst. Wer diese Arbeitsweise einmal ausprobiert, wird schnell feststellen, dass der Körper verlockt ist, eine vorgebeugte, verkrampfte Haltung einzunehmen, die der im Sitzen recht ähnlich ist. Hierbei handelt es sich selbstverständlich um den falschen Weg. Wenn Du „richtig“ im Stehen arbeiten willst, solltest Du die folgenden Hinweise beachten:

  • Nutze spezielle ergonomische Büromöbel (mehr dazu weiter unten im Beitrag)
  • Entspanne die Schultern und ziehe sie keinesfalls hoch
  • Mache den Rücken gerade
  • Stelle die Höhe des Schreibtischs so ein, dass Deine Unterarme locker darauf liegen können
  • Wähle bequemes Schuhwerk (keine Absatzschuhe!)
  • Stelle Dich nach Möglichkeit auf einen weichen Untergrund, beispielsweise einen Teppich oder eine Matte
  • Achte darauf, dass Du insgesamt nicht verkrampfst und Dich immer wieder bewegst (Schultern und Hüften kreisen, Beine ausschütteln, auf Zehenspitzen stellen, Bein auf einem Hocker abstellen, etc.)
  • Höre auf die Signale Deines Körpers. Wenn dieser „sagt“, dass die Steh-Arbeit zur Belastung wird, solltest Du Dich erst einmal wieder hinsetzen

Info: In Fall von starkem Übergewicht solltest Du im Vorfeld mit Deinem Arzt über das Arbeiten im Stehen sprechen. Dieser wird Dir sagen können, in welchem Umfang die neue Körperhaltung möglich und empfehlenswert ist.

Die Vorteile vom Arbeiten im Stehen

Hat sich der Körper erst einmal an die neue Haltung während der Arbeit gewöhnt (dies kann eine Weile dauern), wird er es Dir danken. Tatsächlich ist das Arbeiten im Stehen mit einigen Vorteilen verknüpft, die wir Dir nachfolgend gern vorstellen:

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Der Rücken wird entlastet – vorausgesetzt, Du stehst dauerhaft gerade und sackst nicht in dich zusammen. Hier gilt: Übung macht den Meister. Beginne mit wenigen Minuten Steh-Arbeit und steigere Dich nach und nach. Dein Rücken sollte einen rechten Winkel mit der Schreibtisch-Fläche bilden.

Die Arbeit erhält neuen Schwung. Da Stehen die natürliche Haltung des menschlichen Körpers ist, wird er es Dir mit Schwung und Vitalität danken. Das Ergebnis ist eine lebhafte Arbeitsweise, die auch von mehr Produktivität und guten Einfällen gekrönt wird. Nicht zuletzt sind Menschen, die im Stehen arbeiten, auch viel öfter bereit, kurz zum Kollegen ins Nachbarbüro zu gehen als die, die die ganze Zeit sitzen. Man kann also auch sagen, dass die Steh-Arbeit die direkte Zusammenarbeit der Mitarbeit fördert.

Im Stehen verbrennt der Mensch mehr Kalorien als im Sitzen. Zu sagen, dass arbeiten im Stehen schlank macht, ist einen Hauch zu polemisch. Es stimmt jedoch, dass der Körper in dieser Haltung aktiver ist als im Sitzen – und demzufolge auch mehr Kalorien verbrannt werden. Gleichzeitig fördert das Stehen den Aufbau und das Training der Muskeln.

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Die Durchblutung des Körpers wird gefördert. Wer viel sitzt, weiß, dass die Beine am Ende des Tages mitunter ziemlich schwer sind. Der Grund hierfür ist die teils sehr schlechte Durchblutung. Indem wir beim Arbeiten stehen, kann das Blut viel besser im Blut zirkulieren, was wiederum diverse Krankheiten vorbeugt.

Dynamisches Stehen hebt die Stimmung. Ein kurzes Kreisen der Hüften, die Verlagerung des Gewichts, Wippen auf den Zehenspitzen… Wer alle Möglichkeiten der Steh-Arbeit nutzt und permanent in Bewegung ist, tut nicht nur seinem Körper, sondern auch der Seele etwas gutes. Das Ergebnis: Menschen, die im Stehen arbeiten, haben häufig bessere Laune.

Tiefe Atemzüge sind möglich. Die Arbeit im Sitzen bedeutet leider allzu oft, dass wir in uns zusammensacken und eine mehr als ungesunde Körperhaltung einnehmen. Eine der Folgen: Wir können nicht richtig durchatmen. Anders verhält es sich bei der Arbeit im Stehen. Hier gibt es genug Raum, um die Lungen mit Luft zu füllen. Das sorgt nicht nur für neuen Schwung, sondern auch für eine verbesserte Konzentration.

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Arbeiten im Stehen – Mit der richtigen Hardware klappt es

Kommen wir nun vom theoretischen Vorwissen zur „Hardware“. Denn wie Du dir sicherlich denken kannst, verlangt das Arbeiten im Stehen spezielle Möbel. Diese werden zum Beispiel als Stehpult oder Standing Desk bezeichnet. Andere Hersteller haben sich darauf spezialisiert, höhenverstellbare Schreibtische zu produzieren, die sowohl für die Sitz- als auch Steharbeit geeignet sind. Am wichtigsten ist, dass das jeweilige Möbelstück perfekt an die Körpergröße des Nutzers angepasst werden kann. Denn nur so ist es möglich, eine gesunde und förderliche Haltung einzunehmen.

  • Ist der Arbeitsplatz zu hoch eingestellt, kommt es schnell zu Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich
  • Ist der Arbeitsplatz zu niedrig eingestellt, sackt der Körper insgesamt in sich zusammen

Info: Die Zeiten, in denen höhenverstellbare Schreibtische mit einer Kurbel nach oben gedreht wurden, sind längst vorbei. Moderne Modelle werden per Knopfdruck elektrisch verstellt.

Für besonders viel Furore sorgt derzeit das Berliner Startup Room in a Box. Dieses hat sehr spezielle ergonomische Büromöbel entwickelt, die das Arbeiten im Stehen noch flexibler machen. Es handelt sich hierbei um Schreibtisch-Aufsätze aus Pappe, die nicht nur federleicht sind, sondern auch gefaltet werden können. Das Ergebnis ist der MonKey Desk, ein „Standing Desk to go“, der auch im Büro zum Einsatz kommen und hinterher wieder platzsparend verstaut werden kann.

Info: Noch mehr zum Thema Ergonomie am Arbeitsplatz erfährst Du in diesem Beitrag.

Kleine Schritte statt radikale Veränderungen

Arbeitgeber, die ihren Angestellten Stehpulte und Standing Desks zum Arbeiten bereitstellen, bieten ohne Zweifel gute Möglichkeiten zur gesundheitlichen Prävention, sind jedoch noch immer eher die Ausnahme. Wenn es in Ihrem Büro keine entsprechenden Möbel gibt, Du das Arbeiten im Stehen jedoch trotzdem ausprobieren willst, kannst Du die folgenden Tipps befolgen.

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  • Baue Dir selbst eine Schreibtisch-Erhöhung – zum Beispiel aus einem stabilen Karton und einem Brett
  • Hole die Aktenordner nicht zu Dir an den Schreibtisch, sondern lese sie im Stehen
  • Führe Meetings im Stehen durch
  • Stehe beim Telefonieren auf und gehe dabei durch den Raum

Mithilfe dieser kleinen Veränderungen kannst Du schrittweise in Erfahrung bringen, welche Auswirkungen die veränderte Position auf Deinen Körper hat. Niemand wird von Dir verlangen, von heute auf morgen alle Gewohnheiten über den Haufen zu werfen und nie wieder im Sitzen zu arbeiten. Das ist auch alles andere als förderlich, denn wenn die Beine und Füße schmerzen, ist es nur vernünftig, für eine Weile zu sitzen – aber bitte auf einem ergonomischen Bürostuhl, der eine flexible Haltung ermöglicht.

Der Praxistest mit Erfahrungsbericht

Übrigens ist dieser Artikel im Stehen entstanden. Ich kann also aus eigener Erfahrung sagen, dass es funktioniert. Da ich (noch) kein Schreibpult oder einen Aufsatz für den Schreibtisch besitze, habe ich kurzerhand zwei Kartons (einen großen für den Laptop und einen kleinen für die Maus) als provisorisches Hilfsmittel genommen. Diese sind zugegebenermaßen recht instabil und auch nicht perfekt auf meine Körpergröße abgestimmt. Es handelt sich daher nicht um eine Lösung auf Dauer. Für den ersten Test waren sie jedoch ausreichend. Um nicht auf dem harten Laminat beziehungsweise der Schreibtischunterlage stehen zu müssen, habe ich meinen Steh-Arbeitsplatz zusätzlich durch eine Yoga-Matte ergänzt.

Nachdem ich mich anfänglich sehr darauf konzentriert habe, richtig zu stehen und die Position von Rücken, Schultern und Füßen immer wieder veränderte, ließen sich mein Körper und auch mein Geist schließlich auf diese neue Situation ein. Was mit sofort positiv aufgefallen ist, war die erhöhte Bereitschaft, mich zu bewegen. Es kam mir tatsächlich so vor, als würde sich mein Körper sehr über die neuen Freiheiten freuen und diese auch sofort in Anspruch nehmen. Außerdem hatte ich das Gefühl, mich noch mehr auf meine Arbeit konzentrieren zu können und nicht so schnell gedanklich abzuschweifen. Wenn ich für einen Moment innehielt, um mich gedanklich zu sortieren, nutzte ich die Pause für noch mehr Bewegung, anstatt unnötigerweise Mails zu checken oder meinen News-Feed zu überfliegen. Für mich steht nach diesem Praxistest fest, dass ich versuchen werde, zukünftig öfter im Stehen zu arbeiten und meiner Gesundheit dadurch etwas Gutes zu tun.

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Was ist mit Dir? Habst Du bereits Erfahrungen im Bereich Steh-Arbeit gesammelt, die Du mit den anderen Lesern teilen willst? Wir freuen uns über auf Deinen Kommentar.

Bildnachweis: Foto von Standsome Worklifestyle auf Unsplash

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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