Das Bürgergeld ist ein kontroverses Thema, das in der Politik und Gesellschaft stark diskutiert wird. Die Kritiker argumentieren, dass Bürgergeld Arbeitnehmer davon abhält, zu arbeiten. Doch stimmt das wirklich? Eine neue Studie behauptet das Gegenteil.

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Bürgergeld vs. Arbeit: Was lohnt sich mehr?

Seit Januar 2024 wurde das Bürgergeld um etwa 60 Euro erhöht, was einige Kritiker und Gegner dazu veranlasste, zu behaupten, dass sich Arbeit dadurch nicht mehr lohnt. Laut einer aktuellen Studie des Münchner ifo-Instituts ist dies jedoch nicht der Fall

Die Forscher verglichen Bürgergeldempfänger mit Mindestlohnbeziehern und kamen zu dem Ergebnis, dass Arbeit stets ein höheres Nettoeinkommen bringt als reine Sozialleistungen. Das gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer zusätzlich zu seinem Gehalt alle staatlichen Leistungen erhält, auf die er je nach Einkommen Anspruch hat.

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Bürgergeld: Keine Belohnung fürs Nichtstun

Andreas Peichl, Leiter des ifo-Zentrums für Makroökonomik und Befragungen, stellt klar:

„Die von manchen Politikern aufgestellte Behauptung, wer nur Sozialleistungen beziehe, bekomme netto mehr als ein Geringverdiener, ist schlicht falsch.“

Die Studie zeigt jedoch auf, dass der Lohnabstand je nach Haushalts- und Familienkonstellation unterschiedlich groß ist. Das bedeutet, dass sich Arbeit nicht für alle im selben Maße lohnt und die finanziellen Anreize, insbesondere im Niedriglohnsektor, sehr unterschiedlich sind

Bürgergeld: Wie steht es um Single-Haushalte?

Ein Alleinstehender, der in einer Stadt mit mittlerem Mietniveau lebt, wie etwa in Dresden und 1.000 Euro brutto verdient, hat nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben und unter Einbeziehung der Sozialleistungen 891 Euro netto. Im Vergleich dazu erhält ein Bürgergeldempfänger 563 Euro.

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Nur wenn ein Alleinstehender mit 1000 Euro Brutto-Einkommen keinerlei Sozialleistungen beantragt, die er erhalten kann, dann landet er bei 357 Euro netto“, sagt Manuel Pannier vom Center for Economic Studies (CES) in München.

Bei einem Bruttoverdienst von 2.000 Euro sind es netto 1.020 Euro mit Sozialleistungen und 965 Euro ohne. Beide Beträge sind deutlich höher als das Bürgergeld von 563 Euro

Alleinerziehende Beschäftigte liegen über dem Bürgergeld

Ein Alleinerziehender, der 1.000 Euro brutto verdient, erhält mit Sozialleistungen sogar 2.033 Euro, was ebenfalls deutlich mehr ist als das Bürgergeld von 1.553 Euro.

Doppelverdiener haben ebenfalls mehr in der Tasche

Die Berechnungen des ifo-Instituts zeigen, dass auch in Paarhaushalten Arbeit mehr Geld übrigbleibt, als mit reinem Bürgergeld. So haben Doppelverdiener mit 3000 Euro Bruttoeinkommen plus Sozialleistungen 3107 Euro zur Verfügung, ohne Sozialleistungen aber nur 2052 Euro.

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Das Bürgergeld belastet den Arbeitsmarkt

Trotz, dass Arbeit sich mehr lohnt als Bürgergeld, haben viele Unternehmen Schwierigkeiten, Mitarbeiter zu finden. Im Niedriglohnsektor scheint es daher für viele Menschen nicht sinnvoll zu sein, für das geringe Plus im Portemonnaie, sich eine Arbeitsstelle zu suchen. Kritiker meinen: Der deutsche Sozialstaat bestraft Arbeit.

Es hagelt Kündigungen im Handwerk

Im Herbst 2023 hatte eine brancheninterne Umfrage des Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks ergeben: Bei 28 Prozent der befragten Betriebe hat es eine Kündigung oder eine angekündigte Kündigung gegeben mit Verweis auf das Bürgergeld

Um dem entgegenzuwirken, fordert Jens Spahn sogar eine komplette Streichung des Bürgergeldes, was bei der SPD Bundestagsfraktion auf heftigen Widerstand stieß.

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Bürgergeld-Mythos widerlegt

Die Studie des ifo-Instituts bricht mit dem landläufigen Mythos, dass das Bürgergeld das Nichtstun belohnt. Sie zeigt, dass Arbeit in den meisten Fällen mehr Geld bringt als das Bürgergeld. Dennoch häufen sich Meldungen, dass einige Unternehmen Schwierigkeiten haben, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Diese Situation zeigt, dass trotz der finanziellen Vorteile vieler Jobs weitere Faktoren, wie Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen und Arbeitskultur, berücksichtigt werden müssen, um die Attraktivität der Arbeit gegenüber dem Bürgergeld zu erhöhen. Der Abstand ist für viele Menschen in Deutschland zu gering.

Wie ist deine Meinung dazu? Lohnt es sich für ein paar Euro mehr früh aufzustehen und zur Arbeit zu gehen?

Bild: South_agency/istockphoto.com

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Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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