Muss die Belegschaft mit Wollmützen, Handschuhen und heißem Tee im Büro sitzen? Dürfen Angestellte die Arbeit einstellen, wenn sie frieren? Wir haben alle Antworten.

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Die hohen Energiekosten verursachen nicht nur privaten Haushalten große Kopfschmerzen. Auch Unternehmen trifft die Energiekrise. Sie müssen sparen. Aus arbeitsrechtlicher Sicht kommen Veränderungen auf Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen zu.

Die Bundesregierung hat – mit dem äußerst komplizierten Begriff Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – EnSikuMaV eine befristete Regelung getroffen.

Was steckt hinter der Energiesparmaßnahme der Bundesregierung?

Grundsätzlich sollte an Arbeitsplätzen in Innenräumen ein Raumklima vorherrschen, welches behaglich ist, um Leistungsfähigkeit und Gesundheit von Beschäftigten nicht einzuschränken oder gar zu gefährden. Das wird regulär mit der sogenannten Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und den ergänzenden ASR-Mindestwerten sichergestellt.

Was bedeutet das im Detail? Die Verordnung besagt zum Beispiel, dass bei leichter Arbeit im Sitzen grundsätzlich eine Raumtemperatur von +20 °C vorherrschen sollte.

Die Sonderregelung der Bundesregierung weicht aber von der ArbStättV und den ASR-Werten ab: Sie legt – zumindest temporäre – Werte für öffentliche Gebäude sowie Arbeitsplätze fest, die niedriger sind, als in der normalen Verordnung. Demnach dürfen Unternehmen die regulären Werte um 1 °C reduzieren.

Heißt:

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  • 19 °C für überwiegend sitzende, körperlich leichte Tätigkeiten
  • 18 °C für überwiegend im Stehen/Gehen ausgerichtete, leichte Tätigkeiten und überwiegend sitzende, mittelschwere Arbeit
  • 16 °C für mittelschwere Arbeit, die im Stehen/Gehen ausgeübt wird
  • 12 °C für physisch schwere Arbeit

Info: Die Regelung „ EnSikuMaV“ ist vom 01.09.2022 bis 28.02.2023 gültig

Dürfen Unternehmen die Heizung abdrehen?

Auch wenn einige Arbeitgeber:innen jetzt versuchen, drastisch zu sparen: Grundsätzlich haben sie sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten. Das bedeutet in der Praxis und in den meisten Fällen, dass die Heizung nicht abgestellt wird. Denn die Mindesttemperaturen müssen eingehalten werden, um ein zuträgliches Raumklima für Beschäftigte sicherzustellen.

Wenn Unternehmen dennoch harte Maßnahmen ergreifen, um noch mehr Energie zu sparen, kann das Folgen haben: Werden die per Gesetzgebung festgelegten Mindestraumtemperaturen unterschritten, können Verstöße geahndet werden. Sollten Beschäftigte den Verdacht haben, dass dem tatsächlich so ist, kann die Raumtemperatur zum Beispiel mit der Hilfe eines Thermometers gemessen werden.

Kann ich die Arbeit verweigern, wenn ich am Arbeitsplatz friere?

Es ist verständlich, dass die niedrigen Temperaturen vor allem im Winter nicht einfach zu ertragen sind. Halten Unternehmen sich an die gesetzlichen Vorgaben und frierst du dennoch, kannst du nicht einfach die Arbeit verweigern. Denn: So riskierst du eine Abmahnung. In schlimmsten Fall werden Arbeitgeber:innen ihren Angestellten kündigen, wenn diese gegen den Arbeitsvertrag verstoßen.

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Kann ich ins Homeoffice gehen, wenn es im Büro zu kalt ist?

Grundsätzlich gibt es hierzulande noch kein Recht auf Homeoffice. Wer lieber im heimischen Büro arbeiten möchte, sollte aber mit den Vorgesetzten reden. Möglicherweise ergibt sich auf diese Weise eine Lösung. Bereite dich gut vor: Lege dir konkrete Argumente zurecht, welche die Notwendigkeit von Homeoffice unterstreichen und auch die Vorteile betonen. Konntest du während Corona zum Beispiel in den eigenen vier Wänden viel leistungsfähiger sein, ist es einen Versuch wert, das Argument anzubringen.

Aber: Bedenke, dass dein Chef oder deine Chefin dir das nicht unbedingt erlauben muss.

Kann Homeoffice Energie sparen?

In den Medien wird das Thema, ob Unternehmen durch die Verordnung von Homeoffice Energie sparen können, heiß diskutiert. Problematisch: Die Regierung strebt das generelle Einsparen von Energie an, doch auch im heimischen Büro wird Strom benötigt.

Laut Energieexpertin Claudia Kemfert (DIW) würden einige Untersuchungen darauf hindeuten, dass der Energieverbrauch durch Homeoffice-Arbeit um etwa 5 Prozent gesenkt werden würde – weil Arbeitnehmer:innen nicht zum Arbeitsplatz fahren müssten. Demnach handelt es sich um eine Einsparung durch den wegfallenden Transport.

In der Praxis ist das nicht in allen Branchen umsetzbar. So können Produktionsmitarbeiter:innen beispielsweise nicht einfach auf Homeoffice umsteigen, weil die Arbeit vor Ort erledigt werden muss.

Können Arbeitgeber:innen Beschäftigte einfach ins Homeoffice schicken?

Nein – so einfach ist es nicht. Unternehmen müssen ihren Angestellten laut aktuellem Arbeitsrecht selbst einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Das bedeutet, dass Beschäftigte nicht zwangsläufig in ihren eigenen vier Wänden tätig werden müssen und Arbeitgeber:innen auch nicht darauf bestehen können, wenn sie die Energiekosten im Büro einsparen wollen.

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Wie spart man Energie am Arbeitsplatz?

Einige praktische Energiespartipps können Unternehmen und Beschäftigten dabei helfen, nicht an den falschen Ecken und Enden zu sparen – und stattdessen dort anzusetzen, wo es wirklich notwendig ist und Maßnahmen tatsächlich wirksam sind.

1. Elektrogeräte:

  • Computer sorgsam benutzen: Sorgt dafür, dass der Computer von selbst in den Standby geht, wenn dieser nicht verwendet wird – anstatt einen Bildschirmschoner zu verwenden und das Gerät weiterlaufen zu lassen.
  • Treppe statt Fahrstuhl im Gebäude nutzen: Sorgt nicht nur für eine bessere Fitness. Sondern auch dafür, dass die Energiekosten sinken.
  • Energieeinstellung verbessern: Sind ältere Computer energieeffizient? Verwendet zum Beispiel ein Strommessgerät, damit ihr erfahrt, wie es um den Stromverbrauch tatsächlich steht. Möglicherweise es jetzt höchste Zeit für einen modernen Ersatz.
  • Helligkeit von Geräten besser regulieren: Laptops und Smartphones sollten nicht unnötig hell sein, aber auch nicht so dunkel, dass ihr „nichts erkennen“ könnt. Achtet auf die Regulation der Helligkeit.

2. Beleuchtung:

  • Bewegungssensoren einbauen: Eine Mitarbeiterin lässt das Licht auf der Toilette an – und auch die nächste schaltet es nicht aus? Bewegungssensoren können dabei helfen, unnötige Stromkosten zu reduzieren, indem sie automatisch dabei helfen, die Nutzung zu regulieren.
  • LED nutzen: Ersetzt eure Leuchtmittel durch energieeffiziente LED-Mittel. Heute können Unternehmen ganz einfach zwischen verschiedenen Lichtfarben sowie unterschiedlichen Leuchtmittelgrößen wählen.

3. Drucker

  • Nur drucken, wenn wirklich notwendig: Dokumente lassen sich gemeinsam mit anderen Mitarbeiter:innen online bearbeiten, weiterleiten und abspeichern. Deshalb sollte der Drucker nur bei wirklich notwendigen Arbeiten zum Einsatz kommen, die sich nicht papierlos erledigen lassen.
  • Ausschalten: Der Drucker wird nicht benutzt, läuft aber im Standby-Modus? Lieber ganz ausschalten – das spart Strom.
  • Kombi-Varianten benutzen: Braucht jeder wirklich einzelne Geräte? Um Energie zu sparen, können Unternehmen auf moderne Netzwerkgeräte setzen, die außerdem multifunktional sind und gleich mehrere Aufgaben erledigen.

4. Büroküche:

  • Kühlschrank richtig platzieren: Stellt sicher, dass der Kühlschrank keine Sonnenstrahlung abbekommt. Auf diese Weise spart ihr Energie, die der „Eiskasten“ für das zusätzliche Herunterkühlen der etwas höheren Temperaturen, die wegen des Außeneinflusses entstehen, andernfalls benötigt.
  • Moderne Geräte nutzen: Die einmaligen Anschaffungskosten für energieeffiziente Geräte holt ihr langfristig wieder raus. Ersetzt alte Energiefresser deshalb, um Strom, Kosten und Nerven zu sparen.
  • Herd auslassen: Ihr wollt Pasta, Suppen oder Gemüse aufwärmen? Benutzt die Mikrowelle und lasst den Herd aus, wenn ihr das mitgebrachte Mittagessen vorbereiten wollt. Auch so lässt sich einiges an Energie einsparen.
  • Wasserkocher richtig befüllen: Für Wasser, das unnötig erhitzt und hinterher nicht verwendet wird, benötigt der Wasserkocher Energie. Deshalb nur so viel Wasser einfüllen, wie viel tatsächlich für Tee, Suppen und Co. verbraucht wird. So wird gleichzeitig der Wasserverbrauch gesenkt.

Unser Zusatztipp

Gerade große Unternehmen mit größeren Gebäuden haben einen hohen Energieverbrauch. Ein echter Stromfresser sind hier zum Beispiel veraltete Heizungs- und Lüftungsanlagen, die durch moderne Alternativen ersetzten werden können. Auf diese Weise können Unternehmen – zusätzlich zu den anderen Tipps – Energie sparen und gleichzeitig dafür sorgen, dass Beschäftigte sich wohlfühlen und die Leistungsfähigkeit nicht einbüßt.

Wer sparen will, kann über den Einbau von modernen Heizkraftwerken nachdenken. Mögliche Optionen sind auch Pelletheizungen oder gar eine Solarthermie. Häufig lohnt sich zudem die automatische Einstellung von Klimaanlagen, die nur anspringen, wenn bestimmte Raumtemperaturen erreicht werden. Auch so lässt sich nachhaltig Energie sparen.

Bildnachweis: Ralf Geithe/istockphoto.com

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Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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