Es gibt Berufe und Positionen, in denen sich diese Frage gar nicht stellt, weil Umzüge einfach dazu gehören. Versetzungen werden solche Jobwechsel genannt – sie abzulehnen, würde bedeuten, einen Karriereknick zu riskieren. Wenn du dich jedoch um eine Stelle in einer anderen Stadt bewirbst, solltest du dir im Vorwege klarmachen, worauf du dich ggf. einlässt.

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In der Mehrzahl aller Stellenausschreibungen wird von den Bewerbern ausdrücklich Flexibilität gefordert. Diese gehört zu den Schlagwörtern, auf die kaum eine Firma bei der Personalsuche verzichtet. Dahinter verbergen sich unterschiedliche Anforderungen, und sehr häufig ist damit gemeint, der Anwärter auf einen bestimmten Job möge räumlich flexibel sein.

Eines haben die Agentur für Arbeit und die meisten Unternehmen gemein: Erwünscht sind Arbeitnehmer, die für einen neuen Job bereit sind, ihren Wohnort zu wechseln. Berufsbedingte Umzüge sind längst keine Seltenheit mehr. Ob sich ein solcher Einschnitt allerdings für dich lohnt, kannst du anhand verschiedener persönlicher Faktoren ausloten.

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Jeder Umzug ist mit Kosten verbunden

Vermutlich denkst du sofort an die Finanzen, wenn du das Wort Umzug hörst, und siehst im Geiste obendrein einen Haufen praktische Arbeit und organisatorischen Aufwand auf dich zukommen. Gesetzlich ist dein Arbeitnehmer nicht verpflichtet, dich finanziell bei einem Ortswechsel zu unterstützen. Du kannst aber auf jeden Fall versuchen, geschickt über diesen Punkt zu verhandeln. Wenn das Unternehmen stark interessiert an dir ist, wird man dir vor Ort beispiels2weise bei der Wohnungssuche behilflich sein.

Die häufigsten drei Gründe für einen Umzug aus beruflichem Grund sind die bereits erwähnte Versetzung, die Verkürzung der täglichen Arbeitswege sowie ein Ortswechsel, weil eine neue Stelle angetreten wird. Die ersten beiden Anlässe sprechen für sich, der dritte Grund wird nachfolgend von mehreren Seiten beleuchtet.

Umzüge haben auch soziale Konsequenzen

Oft scheint es keine zwei Meinungen zu geben: Der Job ist so attraktiv, dass die Entscheidung, ihn anzunehmen, spontan die richtige zu sein scheint. Das Gehalt liegt deutlich höher als die bisherigen Bezüge, die Karriereaussichten sind besser, und mehr Freiheiten und persönliche Entfaltungsmöglichkeiten sind offenbar ebenfalls gegeben. Wieso sollte also ein Ortswechsel ein Problem sein?

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Grundsätzlich sprechen alle Argumente dafür, wenn die Lage derartig eindeutig ist. Aber du bist ja nicht nur ein Arbeitnehmer, sondern zudem ein Privatmensch und ein soziales Wesen. Denke darüber nach, wie es dir ergehen könnte, wenn du dein vertrautes Umfeld entbehrst. Natürlich lassen sich Beziehungen und lockere Kontakte aufrecht erhalten. Dafür sind ja diverse Möglichkeiten wie E-Mail, Telefon, Briefe. Bist du ein sehr kontaktfreudiger Mensch, wirst du dennoch den persönlichen Umgang stark vermissen.

Gerade wenn dir Kontakte leicht fallen, eröffnet dir allerdings der Neuanfang in einer anderen Stadt viele Möglichkeiten. Du bekommst die Chance, neue Freunde zu finden und diese in deinen bestehenden Freundeskreis zu integrieren. Unter diesem Aspekt könnten auch deine beruflichen Netzwerke von einem Ortswechsel positiv beeinflusst werden.

Prüfe deine Perspektiven in dem neuen Job!

Neben einer spürbaren Gehaltsaufbesserung ist es vor allem wichtig, dass sich dir durch den Umzug vielversprechende Perspektiven bieten. Falls sich deine Bezahlung nur geringfügig verbessert, können eindeutig günstigere Karrierechancen ein starkes Pro für einen Neuanfang sein.

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Wie sicher ist der mögliche neue Job? Das ist die zentrale Frage aller Abwägungen, die du anstellst. Dabei geht es nicht um die Probezeit, die aus unterschiedlichen Gründen vorzeitig beendet werden kann, sondern eher um eine mittelfristige oder langfristige Planung. Folgende Punkte solltest du checken, um eine realistische Perspektive für sich zu entwickeln:

  • Handelt es sich bei dem Job um eine Stelle, die gerade aufgebaut wird, oder gibt es sie schon seit länger?
  • Wie häufig haben deine Vorgänger auf dieser Position gewechselt?
  • Warum haben sie gekündigt, oder weshalb wurden sie entlassen?
  • Kennst du Mitarbeiter deines neuen Unternehmens und deren einschlägige Erfahrungen?
  • Gibt es in der betreffenden Firma eine hohe Fluktuation in der Belegschaft?
  • Seit wann arbeitet dein künftiger Vorgesetzter in dem Unternehmen?
  • Welche Möglichkeiten für Beförderungen und Aufstieg stellt dir der neue Arbeitgeber in Aussicht?
  • Sind deine Karrierechancen tatsächlich größer als in deinem derzeitigen Job an deinem aktuellen Wohnort?
  • Kann dir die neue Firma wirklich realistisch die Möglichkeiten bieten, nach denen du suchst?

Je nach Qualifikation, Art der Arbeit und persönlicher Motivation lässt sich die Liste noch verlängern. Also ist es ratsam, dass du dir die Zeit nimmst, um deine eigenen Prioritäten aufzulisten, um zu einer Entscheidung für oder gegen den Ortswechsel zu gelangen.

Tipp: Mache dir auch schon einmal Gedanken über einen „Plan B“. Halte dich nicht etwa für feige oder für übertrieben sicherheitsbedürftig, wenn du das tust. Es ist vielmehr eine Frage der Vernunft. Was könnte passieren, wenn der Job bei deinem neuen Arbeitgeber sich als Flop erweist oder aber aus welchem Grund auch immer nicht so funktioniert, wie du es dir vorgestellt hast? Gibt es eine Alternative für dich? Kannst du diese Frage bejahen, und sind die Perspektiven wirklich attraktiv, dann solltest du den Umzug in Angriff nehmen.

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Ein neuer Wohnort, mit dem du erst einmal warm werden musst?

Manchmal ist das Gefälle recht hoch – z. B. wenn der Wechsel von Köln nach München, von Stuttgart nach Hamburg, von Dresden nach Düsseldorf oder von Bremen nach Berlin vollzogen wird. Das macht sich an ganz alltäglichen Unterschieden fest: Mundart (wie sagt man hier für Semmel oder Brötchen?), öffentliche Verkehrsmittel (huch, hier gibt’s ja noch Straßenbahnen!), lokale Kultur (wo spielt meine Lieblingsband?) etc. Es gibt möglicherweise andere gesetzliche Feiertage, keinen Fasching oder Karneval, dafür ungewohnte Großveranstaltungen, die die Stadt prägen.

Besonders wenn du ohne deinen Partner oder deine Familie umgezogen bist, fällt es nicht immer leicht, sich in der neuen Umgebung einzuleben und mit dem Single-Dasein klarzukommen. Da hilft es auch nicht viel, wenn das schicke Apartment vom Arbeitgeber gestellt wurde und er einen großzügigen Mietzuschuss gewährt. Du bist erst einmal allein.

Vielen Arbeitnehmern, die sich aus freien Stücken für einen Ortswechsel entschieden haben, ergeht es so: Erst ist die Neugierde riesengroß, danach folgt oft zunächst einmal eine leichte Enttäuschung. Vielleicht machst du die Erfahrung, dass die Menschen an deinem neuen Wohnort sich verschlossener geben, als du es von zu Hause gewohnt bist. Und es kann auch etwas damit zu tun haben, dass du aus einer überschaubaren Stadt in eine Metropole umgezogen bist – oder andersherum aus einer pulsierenden Großstadt in einer eher beschaulichen Universitätsstadt gelandet bist. Viele Varianten sind denkbar.

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Umziehen ist immer noch besser als pendeln

Diese Ansicht vertreten viele Beschäftigte, die es lange gewohnt waren, während der Arbeitswoche täglich oder zum Wochenende zwischen ihrem Wohn- und Arbeitsort zu pendeln. Zwar hat das Pendeln insgesamt zugenommen, denn „die Bevölkerung wird mobiler“, wie das IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) feststellt. Dennoch will die Mehrheit so nicht gern auf Dauer leben – und entschließt sich zu einem Umzug.

Schlüsselfaktoren für Arbeitnehmer, die sich zu einem Ortswechsel durchringen, sind Parks, Kneipen und Kinos, Sport- und Freizeitmöglichkeiten am neuen Wohnort. Westdeutsche Großstädte wie München, Köln oder Hamburg gewinnen an neuen Arbeitnehmern hinzu, während überwiegend ostdeutsche Städte Arbeitskräfte verlieren. Dabei kann der Wechsel von Nord nach Süd ebenso ein „Kulturschock“ sein wie der von Ost nach West – und umgekehrt.

Manchmal treffen es umzugswillige Arbeitnehmer einfach ungünstig – so wie ein junger Speditionskaufmann, der von Leipzig nach Hamburg zog und sich anfangs sehr unwohl fühlte, weil der Job nicht seinen Vorstellungen entsprach. Er wurde in einer Monteurs Wohnung untergebracht, wo ihm die Mitbewohner nicht so recht lagen. Später fand er eine eigene bezahlbare Wohnung und eine neue Arbeit. Es ging ihm besser, vor allem, als seine Freundin ebenfalls von Leipzig nach Hamburg umsiedelte. Aber beide tun sich weiterhin schwer an der Elbe, obwohl sie sich inzwischen mit einem anderen Paar angefreundet haben. Sie vermissen ihren Freundeskreis in Leipzig, und die „lauen Abende am Cospudener See“ kann ihnen die Alster nicht ersetzen.

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So geht es vielen Berufstätigen, die für den Job umziehen. Sie müssen intensiv daran arbeiten, am neuen Wohnort „auf dieselbe Lebensqualität zu kommen“, wie sie sie bisher gewohnt waren. Dazu gehören solche Dinge wie das Auskundschaften der Stadtviertel und ein passendes Schwimmbad oder einen geeigneten Sportverein zu finden, den Lieblingsitaliener oder den besten Pizza-Service zu entdecken und vieles mehr. Die ersten sechs Monate sind am schwersten, lautet übereinstimmend die Erfahrung.

Rückzug ist meistens der falsche Weg

Experten kennen die psychologischen Fallstricke nach Umzügen in eine unbekannte Stadt. Sie wissen um die Schwierigkeiten, sich nach einem ausgefüllten Arbeitstag auf den Weg zu machen, um die neue Umgebung zu erkunden und Kontakte zu suchen. Deshalb raten sie, sich zunächst innerhalb des neuen Kollegenkreises einer Gruppe anzuschließen, z. B. für sportliche, kulturelle oder weiterbildende Aktivitäten.

Wer dies innerhalb des ersten halben Jahres nicht schafft, gerät vor allem als Single leicht in die soziale Isolation und bekommt Heimweh. In größeren Städten werden öfter „Stammtische“ organisiert, zu denen sich Menschen einfinden und miteinander austauschen, die aus einer bestimmten Region stammen wie etwa „Bielefelder in Berlin“ o. ä. Es soll in München sogar einen Karnevalsverein geben – gegründet von einer zugezogenen Kölnerin.

Bildnachweis: Foto von RODNAE Productions von Pexels

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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