Der Begriff „Schlüsselqualifikationen“ wurde in den 1970er Jahren von Dieter Mertens im Rahmen der damaligen Bildungsexpansion und des Wirtschaftswachstums eingeführt.

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Mertens Forderung war es, dass sich berufliche Bildung stärker an den Erfordernissen des Arbeitsmarktes ausrichten müsse, weniger am Erwerb reinen Fach- und Faktenwissens. Als Schlüsselqualifikationen bezeichnete er daher solche Kenntnisse und Fähigkeiten, die keinen direkten Bezug zur konkreten Berufspraxis besitzen, sondern in verschiedenen (auch unvorhersehbaren) Situationen flexibel eingesetzt werden können.

Bedeutung von Schlüsselqualifikationen

Schlüsselqualifikationen sind sozusagen die „Schlüssel“, die es Personen ermöglichen, sich an die sich ständig verändernden beruflichen, wirtschaftlichen, technologischen und sozialen Anforderungen anpassen zu können. Als Stichpunkte können hier beispielsweise die Globalisierung der Wirtschaft, der vermehrte Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien, die zunehmende Komplexität von Arbeitsprozessen und die immer kürzer werdende Halbwertzeit des Wissens genannt werden. Gleichzeitig sollen Schlüsselqualifikationen Personen in die Lage versetzen, sich berufliches Wissen bei Bedarf schneller aneignen zu können.

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Ziel des Erwerbs von Schlüsselqualifikationen, die auch oft als „Schlüsselkompetenzen“ oder „Soft Skills“ bezeichnet werden, ist vor allem die Beschäftigungsfähigkeit einer Person („Employability“): Durch vielseitig einsetzbare Fähigkeiten sollen Berufstätige nicht nur mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, sondern auch unabhängiger vom Arbeitsmarkt werden: Sowohl rechtliche und tarifliche Arbeitsregelungen als auch die erworbenen Fachkenntnisse und -Kompetenzen in der Erstausbildung reichen heute kaum mehr aus, um Beschäftigungssicherheit zu gewährleisten. Ein breites Spektrum an berufsübergreifenden Qualifikationen ist deshalb notwendig, um persönliche Karriereziele zu erreichen und die eigenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt trotz widriger Umstände (z. B. hohe Arbeitslosigkeit) und veränderter Arbeitsbedingungen zu wahren bzw. zu verbessern. Über je mehr Schlüsselqualifikationen ein Arbeitnehmer verfügt, umso größer ist sein „Marktwert“ für Unternehmen.

Schlüsselqualifikationen nach Mertens (1974)

Mertens nennt vor allem vier Gruppen von Schlüsselqualifikationen, die dafür erforderlich sind:

• Basisqualifikationen sind „Qualifikationen höherer Ordnung“, die eine Person in die Lage versetzen sollen, ihre einzelnen Fähigkeiten miteinander verbinden zu können. Dazu gehören beispielsweise logisches, kritisches und analytisches Denken, Kreativität oder das Erkennen von Zusammenhängen.

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• Horizontalqualifikationen bezeichnen „Horizont erweiternde Qualifikationen“, die einer Person dazu dienen, auf Informationen zugreifen und diese möglichst effizient nutzen zu können. Dazu zählen vor allem Fähigkeiten, relevante Informationen suchen, identifizieren, verstehen und verarbeiten zu können.

• Breitenelemente sind dagegen allgemeine Kenntnisse und Fertigkeiten, die für wiederkehrende berufliche Tätigkeiten am Arbeitsplatz benötigt werden und universell in verschiedenen Situationen einsetzbar sind. Breitenelemente beinhalten beispielsweise Grundfähigkeiten wie Lesen und Schreiben, EDV- und Sprachkenntnisse, Wissen über Arbeitsschutzregelungen oder Arbeitstechniken.

„Vintagefaktoren“ sollen dabei helfen, Wissens- und Könnens Unterschiede zwischen den Generationen zu verringern. Zu diesen Faktoren zählt zum Beispiel Wissen, wie es im (Berufs-)Schulunterricht vermittelt wird (z. B. Geschichte, Sozial- und Verfassungskunde, Religionslehre, Wissen über fremde Kulturen, mathematisches und physikalisches Grundwissen).

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Das Konzept von Mertens ist allerdings sehr grob gefasst und einseitig auf Denkfähigkeiten und Allgemeinwissen bezogen. Persönliche Kompetenzen spielen dabei kaum eine Rolle.

Aktuell geforderte Schlüsselqualifikationen

Bei Bewerbungen oder Stellenbesetzungen sind aber neben Fachkompetenzen und Denkfähigkeiten meist auch persönliche Fähigkeiten wichtige Einstellungskriterien. Denn Unternehmen benötigen Mitarbeiter, die nicht nur über gute berufliche oder berufsübergreifende Qualifikationen besitzen, sondern in der Konkurrenz mit anderen Unternehmen den „Unterschied“ ausmachen. Ziel beruflicher Bildung muss deshalb die Vermittlung „beruflicher Handlungskompetenz“ und die „ganzheitliche“ Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden sein.

Als besonders bedeutsam für Beschäftigungsfähigkeit und beruflichen Erfolg werden in neueren Konzeptionen vor allem folgende Schlüsselqualifikationen angesehen:

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• Sach- und Methodenkompetenz beinhaltet Fähigkeiten, die dazu dienen, berufliche Tätigkeiten ausführen und Leistung erbringen zu können (z. B. Problemlöse- und Entscheidungsfähigkeit, Informationsmanagement, Moderations- und Präsentationstechniken). Die OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development) zählt dazu auch die Medienkompetenz, d.h. die Fähigkeit, Hilfsmittel und Medien adäquat einsetzen zu können (v. a. Informations- und Kommunikationstechnologien, Sprache und Rhetorik).

• Sozialkompetenz bezeichnet Fähigkeiten, die sich auf soziale Situationen beziehen und den Umgang mit Menschen aus verschiedenen Gruppen und Kulturen erleichtern (v. a. Beziehungs-, Kooperations-, Konflikt- und Verhandlungsfähigkeit). Voraussetzung für die Entwicklung sozialer Kompetenzen sind individuelle Einstellungen und Fähigkeiten wie beispielsweise Respekt, realistische Selbsteinschätzung, Empathie, Rollenflexibilität oder die Fähigkeit, mit widersprüchlichen Situationen umgehen zu können (Ambiguitätstoleranz).

• Selbstkompetenz oder „Ich-Kompetenz“ beinhaltet Fähigkeiten, die sich auf die Persönlichkeit und den Charakter einer Person beziehen (z. B. Einstellungen und Motivation, Wert- und Leistungsorientierungen, Charaktereigenschaften, Lernbereitschaft, Flexibilität, Belastbarkeit). Ebenso wichtig sind laut OECD Fähigkeiten zur eigenverantwortlichen Lebensgestaltung: Dazu gehören beispielsweise Kompetenzen zum Erkennen des eigenen Handelns in gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhängen, zum Realisieren von persönlichen Lebens- und Karrierezielen oder zur Wahrnehmung eigener Rechte und Bedürfnisse.

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Bildnachweis: Foto von Debby Hudson auf Unsplash

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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