Bürgergeld-Empfänger seien in der Bringschuld, so Carsten Linnemann (CDU). Der Politiker fordert eine Arbeitspflicht für alle.

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Arbeitslose, die gesundheitlich nicht beeinträchtigt und somit arbeitsfähig seien, sollten dazu verpflichtet werden, sich einen Job zu suchen – so CDU-Vizevorsitzender Carsten Linnemann. Alle Arbeitslosen, die grundsätzlich in der Lage seien, einer Arbeit nachzukommen und die Sozialleistungen beziehen, seien in unserem Sozialsystem eindeutig in einer Bringschuld. Damit entfacht der Politiker erneut eine Debatte um einen allgemeinen Arbeitszwang für Arbeitslose.

Es müsse „dringen etwas passieren“

Bürgergeld-Empfänger werden von Linnemann gezielt angesprochen. In dieser Angelegenheit müsse dringend etwas passieren, lässt der CDU-Politiker verlauten. Auch der Begriff „Bürgergeld“ hält der Politiker für irreführend und fordert eine Abschaffung. In Deutschland gäbe es genügend Arbeit, sodass nicht verschleiert werden solle, dass es sich nicht um Geld für jeden Bürger, sondern tatsächlich um eine Sozialleistung handle.

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Die Idee Linnemanns: Arbeitslose sollten nach etwa einem halben Jahr dazu verpflichtet werden, einen Job anzunehmen. Wer sich weigert, dem sollen 30 Prozent Leistungen gekürzt werden. Linnemann beruft sich hier auf das Bundesverfassungsgericht. Demnach sei es durchaus möglich, Bürgergeld-Empfängern ihre Leistungen zu kürzen, sofern eine solche Pflichtverletzung vorliegen würde.

Wirtschaftswissenschaftler: Es helfe nicht, Leute in „Jobs zu pressen“

Eine allgemeine Arbeitspflicht würde bedeutet, dass Arbeitslose mehr kommunale Jobs annehmen müssten, so Wirtschaftswissenschaftler Enzo Weber. Doch ein solches Modell sei bereits vor Jahren gescheitert. Grundsätzlich sei die Forderung außerdem nicht neu, weil Arbeitslose, die Bürgergeld empfangen, ohnehin verpflichtet seien, sich um eine Jobaufnahme zu kümmern, sagt Weber.

Zudem helfe es nicht, Langzeitarbeitslose in kommunale Jobs zu pressen, wenn solche Stellen erst „künstlich“ geschaffen werden müssten, heißt es weiter. Laut Weber komme es vor allem darauf an, sinnvolle und gute Arbeit anzubieten – und für solche Stellen bräuchte es qualifizierte Kräfte. In erster Linie käme es deshalb auch bei Bürgergeld-Empfängern darauf an, diese zu qualifizieren, während sie Leistungen beziehen, und nicht wahllos Jobs zu vermitteln.

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Bereits in der Vergangenheit hat der CDU-Politiker immer wieder für Diskussionen zu einer möglichen Arbeitspflicht gesorgt. Inge Hannemann, früher Politikerin und Ex-Mitarbeiterin des Jobcenters, zeigt sich empört. Die Menschen stünden mit einem solchen Konzept ohnehin immer wieder in den Ämtern Schlange, wenn die Devise laute, dass man irgendeinem Job nachgehen solle.

Linnemann: Der Staat werde wie eine Amazon-Plattform behandelt

Linnemann kritisiert die fehlende Eigenverantwortung, auch von Unternehmen, die glaubten, so der CDU-Vize, dass der Staat sich um alles kümmere und eine Art „Amazon-Plattform“ darstelle, bei der alles bestellt werden könne. Wenn zu wenig Menschen arbeiteten, und das auch nur in Teilzeit, sei es kritisch mit Gesundheits- und Rentensystem. Denn diese könnten nicht mehr finanziert werden, heißt es weiter.

Arbeitnehmer wollen weniger schuften – CDU hat andere Pläne

Neben dem Vorschlag, eine Arbeitspflicht für Arbeitslose einzuführen, plant Linnemann eine Anpassung des Steuertarifs. Demnach soll es möglich sein, etwa für Rentner, mehr zu arbeiten, ohne dem Staat für die Überstunden Steuern zu schulden. Mit diesen Plänen will die CDU längere Arbeitszeiten fördern.

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Doch viele Arbeitnehmer planen das genaue Gegenteil: Immer mehr Beschäftigte sehnen sich nach kürzeren Arbeitszeiten, mehr Flexibilität und mehr Freizeit. Vor allem junge Nachwuchstalente streben einen anderen Weg als den an, den bisherige Generationen gehen mussten.

Linnemann hält dagegen und betont, dass der Staat die Leistung von Beschäftigten belohnen solle, damit ein Anreiz geschaffen wird, mehr zu arbeiten. Zudem würden Erwerbstätige, so der Politiker, mehr als die üblichen 40 Stunden pro Arbeitswoche tätig sein wollen, doch lohnenswert sei dies für diejenigen wegen der hohen Besteuerung nicht. Als Folge käme es zum Beispiel zu Schwarzarbeit.

Die Schlussfolgerung des Politikers: Beschäftigte hätten mehr Geld auf dem Konto, Betriebe könnten ihr Personaldefizit durch Arbeitnehmer ausgleichen, die Mehrarbeit leistetet, und außerdem profitiere der Staat, weil schlussendlich weniger schwarzgearbeitet werden würde und die Wertschöpfung steige. Ob und wie realistisch die Pläne sind, bleibt abzuwarten.

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Bild: Akintevs/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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