Stell dir vor, du bist Personaler und erleichtert über die große Resonanz auf die neue Stellenanzeige. Der perfekte Bewerber scheint gefunden. Doch der Schein trügt: Scheinbewerbungen benachteiligen ehrliche Bewerber und verursachen bei Unternehmen immense Schäden.

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Der Wolf im Schafspelz: Was sind Scheinbewerbungen?

Scheinbewerbungen, auch als Fake-Bewerbungen bekannt, sind Bewerbungen, die nicht auf einer echten Absicht basieren, die ausgeschriebene Stelle anzutreten. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, dass etwa 15% der Bewerbungen in Deutschland als Scheinbewerbungen eingestuft werden können – das ist fast jede 6. Bewerbung. Die Motive dahinter variieren und haben weitreichende Folgen:

  1. Arbeitsagenturen und Sozialleistungen: Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, dass etwa 20% der Scheinbewerbungen von Personen stammen, die den Anforderungen der Arbeitsagentur gerecht werden wollen, um weiterhin Sozialleistungen zu beziehen.
  2. Marktforschung: Laut einer Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) geben 12% der Unternehmen an, dass sie von Konkurrenzunternehmen durch gefälschte Bewerbungen ausspioniert wurden.
  3. Identitätsdiebstahl: Cyberkriminelle nutzen Bewerbungsverfahren, um persönliche Daten zu stehlen. Laut einer Studie von Cybersecurity Ventures sind 60% der identitätsbezogenen Cyberangriffe auf gefälschte Bewerbungsverfahren zurückzuführen.

Täuschung mit Stil: Die Methoden der Scheinbewerber

Scheinbewerber sind nicht nur kreativ, sie sind auch äußerst geschickt. Ihre Strategien sind vielfältig und oft schwer zu durchschauen:

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  • Plagiierte Lebensläufe: Copy & Paste sind ihre besten Freunde. Eine Untersuchung des Branchenverbandes Bitkom zeigt, dass 25% der Lebensläufe in Deutschland mindestens teilweise plagiierte Inhalte enthalten.
  • Nicht existierende Referenzen: Ein Netzwerk aus imaginären Vorgesetzten und Kollegen, die nur auf dem Papier existieren. Rund 18% der Personalverantwortlichen berichten von Referenzen, die bei Nachprüfung nicht existierten.
  • Gefälschte Qualifikationen: Diplome und Zertifikate aus der Fantasiewelt. Eine Studie der Association of Certified Fraud Examiners (ACFE) zeigt, dass 30% der gefälschten Bewerbungsdokumente auf erfundene akademische Abschlüsse zurückzuführen sind.

Scheinbewerbungen erkennen: Zwischen den Zeilen lesen

Wie also kann man sicherstellen, dass der Bewerber echt ist und keine böse Überraschung wartet? Hier sind einige effektive Strategien:

  • Überprüfung der Referenzen: Rufe bei den angegebenen Referenzen an. Ein kurzer Anruf kann viele Lügen aufdecken. Laut einer Umfrage des Bundesverbandes der Personalmanager (BPM) entdecken 40% der Personalmanager Unstimmigkeiten bei Referenzanrufen.
  • Online-Präsenz: Schaue dir das LinkedIn-Profil des Bewerbers an. Gibt es Diskrepanzen zu den Angaben im Lebenslauf? Eine Studie von LinkedIn selbst zeigt, dass 35% der Profile Diskrepanzen zu eingereichten Lebensläufen aufweisen.
  • Persönliches Gespräch: Führe ein ausführliches Vorstellungsgespräch. Dabei fallen oft Widersprüche auf. Laut einer Erhebung von CareerBuilder decken 27% der Personaler durch tiefgehende Interviews falsche Angaben auf.

Natürlich, wer hat schon die Zeit und Muße für diese Detektivarbeit? Doch wer auf Nummer sicher gehen will, muss manchmal in den sauren Apfel beißen.

Scheinbewerbungen kosten mehr als nur Zeit

Scheinbewerbungen sind nicht nur lästig, sie verursachen Unternehmen massive Schäden:

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  • Zeitverschwendung: Jede gefälschte Bewerbung, die geprüft wird, ist verschwendete Zeit. Eine Studie der Harvard Business Review zeigt, dass Personaler im Durchschnitt 23 Minuten pro Bewerbung aufwenden – wertvolle Zeit, die bei Fake-Bewerbungen natürlich verloren geht.
  • Kosten: Der gesamte Bewerbungsprozess kostet Geld, von der Stellenausschreibung bis zum Vorstellungsgespräch. Laut einer Studie von Glassdoor geben Unternehmen bis zu 4000 Euro pro Bewerbungsprozess aus.
  • Vertrauensbruch: Das Vertrauen in das Bewerbungsverfahren wird untergraben. Eine Erhebung des Gallup-Instituts zeigt, dass 33% der HR-Manager das Vertrauen in Bewerbungsprozesse verlieren, wenn sie wiederholt auf Fake-Bewerbungen stoßen.

Was sagen Experten?

Der renommierte Psychologe Robert Feldman, bekannt für seine umfassenden Forschungen zum Thema Lügen (Lügner: Die Wahrheit über das Lügen), erklärt, dass Menschen häufig lügen, um kurzfristige Vorteile zu erlangen. Dieses Verhalten ist nicht abstrakt, sondern tief in der menschlichen Psyche verwurzelt und manifestiert sich in verschiedenen Lebensbereichen.

Auf die Arbeitswelt übertragen bedeutet das, dass Bewerber gefälschte Informationen in ihre Bewerbungen aufnehmen, um ihre Chancen auf eine Anstellung zu erhöhen. Dies kann in Form von erfundenen und übertriebenen Qualifikationen oder gefälschten Referenzen geschehen.

Der kurzfristige Vorteil für den Bewerber liegt auf der Hand: Er oder sie wird möglicherweise zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen oder erhält sogar ein konkretes Jobangebot, das ohne die Täuschung nicht zustande gekommen wäre.

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Doch Feldman warnt, dass dieses Vorgehen langfristig Nachteile hat – für Bewerber und Unternehmen zugleich. Firmen investieren erhebliche Ressourcen in den Rekrutierungsprozess – Zeit, Geld und Know-how. Ein neuer Mitarbeiter, der seine Qualifikationen gefälscht hat, verursacht nicht nur Kosten für einen erneuten Onboarding-Prozess, sondern auch indirekte Kosten durch Produktivitätsverluste und potenzielle Schäden am Unternehmensruf.

Eine Studie von Dr. Adrian Furnham zeigt zudem, dass etwa 20% der Bewerber ihre Lebensläufe fälschen. 

Liebe Bewerber: Wer falsche Angaben in seinen Bewerbungsunterlagen macht und erwischt wird, riskiert eine fristlose Kündigung, selbst nach der Probezeit. Mit der eigenen Unterschrift bestätigen Bewerber die Richtigkeit ihrer Angaben im Lebenslauf.

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Bewerber sollten stets ehrlich bleiben, und Unternehmen müssen sehr wachsam sein, um Scheinbewerbungen so gut es eben geht vorbeugen.

Bild: Unsplash+/Ahmet Kurt