Der Aufstieg von Fachexperten in den Chefsessel ist oft eine Ernüchterung. Denn es fehlt nicht selten die Führungskompetenz.

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Wenn ein Wechsel von Fach- zur Führungskraft stattfindet, birgt der Schritt Risiken. Schon in den ersten 18 Monaten sollen rund 40 Prozent an ihrer neuen Aufgabe kläglich scheitern – sagt das Wirtschaftsmagazin Forbes. Vor allem die Besetzung ohne konkretes Anforderungsprofil ist problematisch.

Dennoch passiert es: In der Annahme, dass Fachexperten sich auch im Chefsessel gut machen, täuscht Fachkompetenz über fehlende Führungskompetenz hinweg. Mitarbeiter werden befördert und finden sich plötzlich in einer Führungsrolle wieder. In einer Rolle, in der Führung vielleicht gerne, Verantwortung jedoch nicht immer übernommen wird. Es ist ein nur allzu bekanntes Szenario, eine schmerzliche Erfahrung für Unternehmen und für ihre Mitarbeiter.

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Probleme, die sich beim Wechsel von Fach- zur Führungskraft ergeben

Fachexperten, die auf Ihrem Gebiet wunderbar bewandert sind, sind nicht zwangsläufig in der Lage, auch zu führen. Immerhin: Auch Führungskräfte fallen nicht vom Himmel, sondern entwickeln sich stetig weiter. Dennoch ergeben sich einige spezielle Probleme, wenn Fachexperten in den Chefsessel aufsteigen und die erst noch bewältigt werden müssen:

1. Kein Fokus auf Mitarbeiterentwicklung

Statt sich (nur) auf die Lösung eigener fachlicher Probleme zu konzentrieren, liegt die Aufgabe von Führungskräften auch und vor allem darin, Mitarbeiter zu entwickeln. Der Fokus ist breiter: Es geht um den Erfolg des Unternehmens und darum, Ziele und Visionen zu definieren. Diese müssen im nächsten Schritt zudem vermittelt werden – eine Aufgabe, die ebenfalls nicht immer ganz einfach ist. Klare Ziele sind jedoch wichtig, um das volle Potenzial von Mitarbeitern zu entfalten.

2. Fehlende Soft Skills

Starke kommunikative Skills sind die Basis einer guten Führung. Auch wenn fachliches Wissen hier und da fehlt, ist es heute kein Beinbruch, von Experten und in der Praxis „on the job“ zu lernen. Ja, sogar von den eigenen Mitarbeitern. Fehlen aber grundsätzlich wichtige soziale Kompetenzen, wie etwa Eigeninitiative, Begeisterungsfähigkeit, Flexibilität und Einfühlungsvermögen, wird es ein holpriger Weg in einer Führungsposition. Denn ein ganzes Team zu leiten, kommt mit großer Verantwortung daher, die solche Kompetenzen unbedingt voraussetzt.

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3. Starke Konzentration auf das operative Geschäft

Sich auf das operative Tagesgeschäft zu konzentrieren und fachliche Probleme zu lösen, ist Aufgabe von Fachexperten. Diese Aufgaben loszulassen und an Mitarbeiter abzugeben, gehört zu den größten Herausforderungen. Nicht selten werden Probleme im operativen Geschäft, deren Verantwortung Mitarbeiter zu tragen haben, schlicht und ergreifend einfach zur „Chefsache“ erklärt; quasi an sich gerissen. Damit wird Mitarbeitern nicht nur Misstrauen signalisiert, sondern auch Verantwortung entzogen – keine gute Basis, um diese zu fördern.

4. Fehlende Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen

Sich vor wichtige Führungsaufgaben zu drücken, etwa große Entscheidungen zu treffen, kann in einem Autoritätskonflikt münden. Der Fachexperte, der plötzlich „Chef spielen soll“, wird nicht ernst genommen, weil er sich vor seiner Führungsverantwortung drückt. Ein Konflikt, der allzu häufig vorkommt – denn Entscheidungen zu treffen, bedeutet immer auch, Risiken einzugehen, die sich auf die Belegschaft, auf das Unternehmen und auf die eigene Position auswirken könnten. Doch eben diese Aufgabe, die viel Mut erfordert, macht Führung ebenso aus – eine Aufgabe, deren Umsetzung vielen nicht leicht von der Hand geht.

Sich über den Rollenwechsel bewusst werden

Delegation, Verantwortung, Fairness, Loslassen und Neugier auf das, was Mitarbeiter beschäftigt – das alles gehört zum Rollenwechsel dazu, wenn Fachexperten zur Führungskraft erklärt werden. Und es ist kein Ding der Unmöglichkeit, in diese Rolle hineinzuwachsen. Es ist möglich, Skills zu trainieren und sich darüber bewusst zu werden, dass sich der Arbeitsalltag nicht mehr ausschließlich um eigene Aufgaben, sondern um Aufgaben im ganzen Team dreht.

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Die schwierigste Herausforderung aber ist häufig, sich selbst zu reflektieren und sich Schwächen ehrlich einzugestehen, um sich stetig weiterzuentwickeln, weil bekanntermaßen kein Meister vom Himmel fällt – ein Eingeständnis, das zur guten Führung dazugehört.

Bild: shapecharge/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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