Um 3,4 Prozent soll der Mindestlohn 2024 ansteigen. „Absolut enttäuschend“, so der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).

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Es soll erneut zu einer Mindestlohnsteigerung kommen: Im Jahr 2024 wird es voraussichtlich eine Erhöhung von insgesamt 3,4 Prozent geben. Für Beschäftigte gibt es im kommenden Jahr somit 41 Cent mehr pro Stunde, sodass der neue Mindestlohn 12,41 Euro beträgt. Das habe die Mindestlohnkommission beschlossen, so Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Die Regierung werde den Vorschlag realisieren. Hierfür ist eine Verordnung notwendig.

Insgesamt soll der Mindestlohn in zwei Stufen angepasst werden: Zunächst kommt es ab Januar 2024 zu einer 41-Cent-Erhöhung. Der Mindestlohn im Jahr 2025 soll anschließend insgesamt 12,82 betragen.

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Gewerkschaften enttäuscht über magere Mindestlohnerhöhung: „Beschämend“

Sowohl Gewerkschaften als auch Arbeitnehmende hatten sich mehr erhofft. Zuvor hatte Bundesarbeitsminister Heil eine „deutliche Steigerung“ vorausgesagt, zu welcher es im Jahr 2024 kommen sollte. Denn der Mindestlohn werde und müsse steigen, so der Politiker. Einen eindeutigen Prozentsatz aber nannte Heil nicht.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte auf mindestens 13,50 Euro Mindestlohn gehofft und auch Beschäftigte haben sich mehr versprochen. Der DGB spricht deshalb davon, dass die Erhöhung „beschämend“ und „absolut enttäuschend“ sei. Dietmar Bartsch (Die Linke) prophezeit einen „herben Reallohnverlust“, der angesichts der doppelten Inflationshöhe entstehe, wenn es lediglich zu einer 3,4-prozentigen Erhöhung des Mindestlohns komme.

Geringe Erhöhung trifft Arbeitnehmer, die wenig verdienen

Vor allem Geringverdiener seien die Verlierer: Der DGB wirft Arbeitgebern vor, auf Kosten der „finanziell Schwächsten“ Einsparungen durchsetzen zu wollen. Sowohl Kommission als auch Arbeitgeber hätten sich einem Inflationsausgleich sowie dem „gesetzlich geforderten Mindestausgleich“ für Erwerbstätige verweigert.

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Christiane Schönefeld, Vorsitzende der Mindestlohnkommission, spricht von weit auseinanderliegenden Positionen zwischen Kommission und DGB, sodass die Diskussionen insgesamt bis in die frühen Morgenstunden angedauert haben sollen. Zum Entschluss über die Erhöhung soll es schließlich per Mehrheitsbescheid gekommen sein, bei der die Stimme Schönefelds ausschlaggebend gewesen sein soll.

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) arbeitet rund jeder fünfte Beschäftigte für einen Arbeitgeber, der mit Niedriglöhnen entlohnt. Im Jahr 2022 seien dies etwa 19 Prozent aller Beschäftigten gewesen.

Marcel Fratzscher (DIW Berlin) dazu: Menschen, die über ein niedrigeres Einkommen als der gesamte Durchschnitt verfügten, hätten auch eine „individuell deutlich höhere Inflation“ zu erleiden, sodass die Empfehlung der Mindestlohnkommission eine bittere Enttäuschung sei. Fratzscher verweist auf EU-Richtlinien, nach denen gelte, dass der Lohn von Menschen, die weniger verdienten, eigentlich bei 13,50 Euro liegen sollte, wenn dieser erhöht wird.

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Sozialverbände haben deutlich mehr gefordert

Mindestens 14 Euro sollten es werden, so die Forderung von Sozialverbänden, damit es überhaupt einen „armutsfesten Lohn“ geben könne. Nur so sei es möglich, dass ein Ausgleich der Inflation stattfinde. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) sprach von einer konkreten Mindestlohnanpassung, die 14,13 Euro betragen sollte. Entsprechend enttäuscht zeigten sich die Mitglieder über das Ende der Verhandlungen und die Empfehlung der Kommission, welche nun offiziell verordnet werden wird.

Um die EU-Richtlinie zum Mindestlohn umzusetzen, ist es wichtig, dass Arbeitnehmende mindestens 60 Prozent von dem verdienen, was eine Vollzeitkraft mit mittlerem Einkommen (Median) verdient. Umgerechnet, so der DGB, seien dies in etwa 14 Euro Mindestlohn.

Mindestlohnübersicht seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns

Das Mindestlohngesetz, welches vor allem Menschen, die in finanziell prekären Verhältnissen und im Niedriglohnsektor arbeiten, dienen soll (Mindestschutz), wurde erstmals 2015 eingeführt. Seither kam es zu folgenden jährlichen Steigerungen:

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  • 8,50 Euro im Jahr 2015 und 2016
  • 8,84 Euro im Jahr 2017 und 2018
  • 9,19 Euro im Jahr 2019
  • 9,35 Euro im Jahr 2020
  • 9,50 Euro im Jahr 2021 (bis 30. Juni)
  • 9,60 Euro im Jahr 2021 (bis 31. Dezember)
  • 9,82 Euro im Jahr 2022 (bis 30. Juni)
  • 10,45 Euro im Jahr 2022 (bis 30. September)
  • 12 Euro im Jahr 2022 seit dem 1. Oktober

Bild: Karl-Hendrik Tittel/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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